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Wladimir Putin.

© Foto: IMAGO/Gavriil Grigorov

Putin unter Druck: Politologe hält nukleare Eskalation für „zunehmend wahrscheinlich“

Der russische Präsident befinde sich in einer „Eskalationsspirale“, sagt Politologe Gerhard Mangott. Ein diplomatischer Ausweg aus dem Krieg sei kaum mehr möglich.

Der russische Präsident Wladimir Putin verschärft seinen Ton im Ukraine-Krieg angesichts der ukrainischen Fortschritte immer weiter. Das könnte letztendlich zu der schon lange befürchteten nuklearen Eskalation führen, meint Politologe Gerhard Mangott.

In einem Interview mit dem Deutschlandfunk erklärt Mangott, Putin sei „nicht mehr völlig frei in seinen Entscheidungen“. Die Elite im Kreml habe ihn in den letzten Wochen derart unter Druck gesetzt, dass er nun demonstrieren müsse, „dass Russland fähig ist, der Ukraine herbe Schäden zuzufügen“, so Mangott.

Gerhard Mangott ist Politikwissenschaftler mit Forschungsschwerpunkt im postsowjetischen Raum. Er lehrt und forscht an der Universität Innsbruck.

Durch frühere Aussagen, es werde im Falle weiterer ukrainischer Angriffe härtere Antworten geben, habe der russische Präsident sich selbst „in eine eigene Eskalationsspirale“ gebracht, so Mangott gegenüber dem Deutschlandfunk. Nun sei er gewissermaßen im Zugzwang.

Diese Umstände könnten Mangott zufolge schließlich dazu führen, dass Putin sich doch noch für eine nukleare Eskalation entscheidet. Für den Präsidenten hänge an einem Sieg über die Ukraine eben auch sein eigenes Amt, sodass die nukleare Eskalation „zunehmend wahrscheinlich“ wird.

Zusätzlich rechnet der Politologe mit weiteren Angriffen durch Kurzstreckenraketen und Marschflugkörper, etwa auf die ukrainische Infrastruktur, beispielsweise auf Wasser- oder Elektrizitätswerke. Auch weitere Angriffe auf Orte jenseits der Frontlinie, wie am Dienstag auf Kiew, seien demnach möglich.

Waffenlieferungen kommen „relativ spät“

Angesichts dieser Angriffe auf die Zivilbevölkerung bezeichnet Mangott die von Deutschland und den USA angekündigten Lieferungen von Flugabwehrsystemen als „relativ spät“. Angriffe auf die ukrainische zivile Infrastruktur seien seit Kriegsbeginn immer wieder leicht möglich, weil eben genau solche Waffen fehlten.

Für den weiteren Verlauf des Ukraine-Kriegs skizziert Gerhard Mangott entsprechend zwei Handlungsoptionen für den Westen: die ukrainischen Kriegsziele dezimieren, um eine Eskalation zu vermeiden oder die Waffenlieferungen an die Ukraine verstärken, um sich nicht einschüchtern zu lassen.

Da es aber „keine Bereitschaft zu Verhandlungen gibt, weil beide Seiten noch immer der Ansicht sind, sie können militärisch auf dem Schlachtfeld Erfolge erringen“, plädiert der Politologe für die zweite Möglichkeit.

Auch in Bezug auf den russischen Präsidenten sieht Mangott keine „gesichtswahrende Lösung“. Putin werde an der Führung der zuletzt annektierten Regionen in der Ukraine festhalten. Ein diplomatischer Ausweg werde dementsprechend kaum möglich sein.

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