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Sergei Surovikin bei einem Treffen mit Wladimir Putin und russischen Top-Militärs im November 2021 (Archivbild).

© Foto: imago/TASS/Mikhail Metzel

„Schwierig... schwierig... schwierig“: Putins Ukraine-Befehlshaber hat schlechte Nachrichten aus Cherson

General Surowikin hält die Lage in Cherson für „ziemlich schwierig“. Deshalb sollen Zivilisten die Region verlassen. Laut Kiew will Russland damit die Einwohner verängstigen.

| Update:

Im von Moskau annektierten Gebiet Cherson haben ukrainische Streitkräfte Angaben der russischen Besatzer zufolge mit Gegenangriffen begonnen.

Die Ukrainer seien in Richtung der Orte Nowa Kamjanka und Beryslaw in die Offensive gegangen, schrieb der Vizechef der Chersoner Besatzungsverwaltung, Kirill Stremoussow, am Mittwoch auf seinem Telegram-Kanal. Bislang seien aber alle Angriffe abgewehrt worden.

Stremoussow hatte darüber hinaus mitgeteilt, die ukrainische Armee habe Zehntausende Soldaten an der Front zusammengezogen. Zivilisten wurden zur Flucht aufgerufen. Zugleich betonte der von Moskau eingesetzte Gebietschef Wladimir Saldo: „Niemand wird Cherson aufgeben, und die Armee weiß, was zu tun ist.“

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Evakuierung oder Zwangsumsiedlung?

Saldo kündigte die Evakuierung von Zivilisten vom rechten Dnjepr-Ufer in Cherson an. Der Gebietschef sprach von „etwa 50.000 bis 60.000“ Menschen, die auf das linke Ufer oder nach Russland gebracht werden sollten. Dies werde etwa sechs Tage in Anspruch nehmen.

Es stünden schon Boote bereit, sagte Saldo. Der Agentur Tass zufolge wurden die Bewohner des Gebiets bereits per SMS von den Plänen informiert. Ob es sich bei der Evakuierung nicht um eine Zwangsumsiedlung von Ukrainern handelt, ist unklar.

Die Brücke über den Dnjepr-Fluss.
Die Brücke über den Dnjepr-Fluss.

© Foto: IMAGO/ITAR-TASS

Auch die pro-russische Verwaltung zieht sich nach eigenen Angaben vollständig aus der Stadt Cherson zurück. Saldo sagte dem russischen Sender Rossija 24: „Ab heute werden alle Regierungsstrukturen der Stadt, die zivile und militärische Verwaltung, alle Ministerien, an das linke Flussufer verlegt“.

Die russische Armee werde aber in der Stadt gegen die vorrückenden ukrainischen Truppen kämpfen „bis zum Tod“.

Putins neuer Armeegeneral: Lage in Cherson sei „schwierig“

„An diesem Frontabschnitt ist die Lage schwierig“, gab der neue Oberbefehlshaber der russischen Truppen in der Ukraine, Sergej Surowikin, am Dienstagabend im Fernsehen zu.

Es war ein ungewöhnlicher Auftritt des Armeegenerals, der sogar nahezulegen schien, dass Russland einen Rückzug aus der Stadt erwägen könnte. Surowikin sagte, dass „schwierige Entscheidungen“ notwendig sein könnten, um gleich danach noch einmal zu betonen, dass die Lage „wirklich schwierig“ sei.

Grund sei die schon vor Wochen erfolgte Zerstörung von zwei Brückenübergängen über den Fluss Dnjepr. Dadurch sind die Nachschubrouten der russischen Truppen erheblich gestört.

„Unsere zukünftigen Pläne und Aktionen in Bezug auf die Stadt Cherson werden von der sich entwickelnden militärisch-taktischen Situation abhängen“, sagte er in einer im Fernsehen übertragenen Erklärung. „Ich wiederhole - heute ist es bereits ziemlich schwierig.“

Der Fernsehauftritt Surowikins war der erste dieser Art in fast acht Monaten Krieg. Bisher gab kein General Auskunft über den Krieg, Negativnachrichten gab es schon gar nicht.

Ich wiederhole – heute ist es bereits ziemlich schwierig.

Sergej Surowikin, russischer Befehlshaber in der Ukraine

„Wir und die Ukrainer sind ein Volk, und wir wollen nur, dass die Ukraine ein von der Nato und vom Westen unabhängiger, mit Russland befreundeter Staat ist“, sagte der russische General weiter im Fernsehen. Nach acht Monaten Krieg mit Zehntausenden Opfern ein zynischer Satz.

Ukraine wirft Russland „Propagandashow“ vor

Die Ukraine wirft Russland dagegen vor, mit Evakuierungen und Warnungen eine „Propagandashow“ zu veranstalten. Präsidialamtschef Andrij Jermak sprach von Falschnachrichten, mit denen Russland die Einwohner verängstigen wolle.

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„Die Russen versuchen, die Einwohner von Cherson mit Falschnachrichten über den Beschuss der Stadt durch unsere Armee einzuschüchtern und veranstalten außerdem eine Propagandashow mit Evakuierungen“, schrieb er bei Telegram. „Propaganda wird nicht funktionieren.“

Eine ziemlich primitive Taktik, wenn man bedenkt, dass die ukrainischen Streitkräfte nicht auf ukrainische Städte schießen, das tun ausschließlich russische Terroristen.

Andrij Jermak, Präsidialamtschef Ukraine

Neuesten Berichten zufolge treiben ukrainische Streitkräfte ihre Offensive gegen Russland in der südlichen Region Cherson voran. In der Region seien 43 russische Soldaten getötet und sechs Panzer sowie andere Ausrüstung zerstört worden, teilte das ukrainische Militär mit. 

Währenddessen konzentrieren sich die russischen Streitkräfte in der Ostukraine dem ukrainischen Militär zufolge bei ihrem Vorstoß vor allem auf die Städte Bachmut und Awdijiwka. So sollen die die russischen Truppen in der Region Donezk mindestens zehn Städte mit Panzern und Artillerie beschossen haben.

Oberbefehlshaber Surovikin wird auch „General Armageddon“ genannt

Nach mehreren Rückschlägen für die russische Armee hatte Putin Anfang Oktober Surowikin zum Oberbefehlshaber über alle Truppen in der Ukraine ernannt. Der 56-Jährige, der lange die russischen Luftstreitkräfte führte, ist bekannt für sein besonders brutales Vorgehen. Er trägt deshalb den Spitznamen „General Armageddon“.

Im Ukraine-Krieg hat Surowikin bislang die Truppengruppe Süd angeführt, die die Stadt Sjewjerodonezk in der Region Luhansk erobert hat.

Seine Ernennung freute vor allem die russischen Hardliner, die Putin zuletzt wegen ausbleibender Kriegserfolge immer offener kritisierten und eine Ausweitung des Krieges bis zum Einsatz von Nuklearwaffen fordern.

So nannte der einflussreiche Chef der Söldnergruppe Wagner Jewgeni Prigoschin Surowikin „legendär“, er sei ein Vorbild, dem alle Russen nacheifern sollten.

Russische Generäle wollten Rückzug aus Cherson schon im September

Schon Ende September wollten die russischen Generäle sich laut Berichten aus der Region Cherson zurückziehen, in der die Ukraine seit dem Sommer eine Offensive durchführt. Putin soll der Armeeführung damals den Rückzug verboten haben.

Für den Kremlherrscher heikel: Russland hatte auch das Gebiet Cherson kürzlich annektiert. Sollte jetzt ein Teil verloren gehen, wäre das eine schwere Niederlage für Moskau.

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Tatsächlich hat der Kreml aber bis heute nicht die genauen Grenzen der am 30. September annektierten Gebiete bekannt gegeben. Wann das geschehen soll, ist bislang noch unklar.

Die Stadt Cherson fiel im März als einzige ukrainische Gebietshauptstadt in russische Hand. Präsident Putin verkündete im Oktober den Anschluss des Gebietes an Russland. Seit einigen Wochen rückt die ukrainische Armee wieder vor. Die russischen Soldaten auf dem rechten Ufer des Dnjepr sind weitgehend abgeschnitten. (dpa, AFP, Tsp.)

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