zum Hauptinhalt

Politik: Rauchen verboten – aber … Immer mehr Länder genehmigen Ausnahmen

Es gibt in der Politik zwei Wege, heikle Themen zu bearbeiten: Entweder man entscheidet sich klar für eine Seite und erntet den Zorn derer, die anders denken – oder man schiebt die Sache vor sich her und hofft, die Aufregung werde sich irgendwann legen. Beide Modelle sind am Beispiel des Nichtraucherschutzes zu besichtigen.

Stand:

Es gibt in der Politik zwei Wege, heikle Themen zu bearbeiten: Entweder man entscheidet sich klar für eine Seite und erntet den Zorn derer, die anders denken – oder man schiebt die Sache vor sich her und hofft, die Aufregung werde sich irgendwann legen. Beide Modelle sind am Beispiel des Nichtraucherschutzes zu besichtigen.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff legte sich fest, kommt den Rauchern weit entgegen – und wird von Gesundheitspolitikern angefeindet. Sein sachsen-anhaltinischer Kollege Wolfgang Böhmer dagegen wartet ab. Er hat in seinem Gesetzentwurf die zentrale Frage der Gaststätten ausgeklammert. „Keiner weiß, wo es langgeht. Es ist nicht einmal klar, welches Ministerium federführend sein soll“, heißt es aus Magdeburg.

Quer durch Deutschland wird die politische Diskussion über den Nichtraucherschutz von Tag zu Tag verwirrender. Anfangs hatten 14 der 16 Länder eine klare Linie: Rauchverbot in allen Gaststätten, es sei denn, es gibt abgegrenzte Raucherräume. Niedersachsen und Nordrhein- Westfalen leisteten sich von Anfang an Sonderwege – vor allem kleine Lokale sollten das Recht bekommen, sich zum „Raucherlokal“ zu ernennen. Immer mehr Länder scheinen auf diese Linie einzuschwenken. Niedersachsen bleibt aber führend, weil Wulff nicht einmal Bußgelder gegen Verstöße vorsehen will.

Woran liegt es nun, dass eine stattliche Zahl von Ländern es nicht wagt, gegen das Rauchen vorzugehen? Dass es der Einfluss der vielzitierten Tabaklobby ist, wird bestritten. In vielen Staatskanzleien heißt es, ihr Gewicht werde überschätzt. Ist es die FDP, die „mehr Liberalität“ predigt? Für Niedersachsen und NRW scheint der Hinweis gelten zu können; in beiden Ländern regiert die FDP mit. Niedersachsens Wirtschaftsminister Walter Hirche gilt als energischer Gegner der „Verbotsgesellschaft“. Das Gegenbeispiel aber ist Baden-Württemberg. In der dortigen CDU/FDP-Regierung sind die führenden Freidemokraten überzeugte Raucher – konnten sich aber gegenüber der CDU nicht durchsetzen. Jetzt bleibt die Stuttgarter Landesregierung bei der harten Linie. Hessen, absolut von der CDU regiert, und Rheinland-Pfalz mit einer absoluten SPD-Mehrheit, sehen es ähnlich. Auch Bayern fährt, die harte Linie, klammert aber wie Thüringen und Sachsen Bierzelte aus.

Nordrhein-Westfalen wartet ab, ist aber eher auf der niedersächsischen Seite. Am eindeutigsten für Nichtraucherschutz plädieren die Bürgermeister von Hamburg und Berlin, Ole von Beust (CDU) und Klaus Wowereit (SPD). Armin Jäger, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, sagt: „Die Kneipen als gesellschaftliche Anlaufpunkte in den Dörfern drohen in den Ruin getrieben zu werden.“ Als Mahnung will er das „Beispiel Irland“ verstanden wissen: Dort seien nach Einführung des Rauchverbots die Umsätze in städtischen Pubs nicht zurückgegangen – wohl aber in ländlichen. Auch Schleswig-Holstein will nun Ausnahmen „für kleine Gaststätten und geschlossene Gesellschaften“ prüfen. Von da ist es kein weiter Weg mehr zum niedersächsischen Modell.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })