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Rechte junge Männer: Die AfD versucht, sich als Partei der Soldaten zu profilieren
Die Bundeswehr muss dringend ihre Truppenstärke erhöhen. Sie muss aber aufpassen, dass sie nicht die Falschen anlockt.

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Die Bundeswehr muss gestärkt, die Truppe modernisiert und vergrößert werden. Das bestreitet kaum noch jemand. Wladimir Putins Krieg gegen die Ukraine hat diese Einsicht befördert und beschleunigt. Deutschland müsse kriegstauglich werden – um friedenstüchtig zu bleiben, hat Verteidigungsminister Boris Pistorius gesagt.
Nun wird um Bewerber geworben, mit Fernsehspots, in den sozialen Netzwerken. Das soll frisch und verführerisch wirken. Im Fokus steht besonders eine gesellschaftliche Gruppe: die jungen Männer. Doch wer sind sie, diese jungen Männer? Und zieht es womöglich bestimmte junge Männer stärker zum Dienst an der Waffe als andere?
Junge Männer treibt es nach rechts
Bei der letzten Bundestagswahl haben junge Menschen vor allem auf Linke und AfD gesetzt. Bei den 18- bis 24-Jährigen kam die Linke auf 26 Prozent, die AfD auf 21 Prozent.
Die Gründe für diesen Hang zur politischen Polarisierung sind vielfältig. Die Jugend tendiere nun mal zum Protest, heißt es, sie sei weniger an klassische Parteien gebunden als die ältere Generation. Außerdem hätten sowohl Linke als auch AfD sehr erfolgreiche Social-Media-Kampagnen geführt.
Nun kommt’s: Junge Frauen treibt es nach links, junge Männer nach rechts. Die 18- bis 24-jährigen Frauen wählten zu 35 Prozent die Linke, ihr Pendant, die jungen Männer, machten mit 27 Prozent die AfD zur stärksten Partei. Das nennt man den modernen Gender-Gap: Die Geschlechterunterschiede verlaufen entlang der politischen Links-rechts-Achse.
Disziplin, Hierarchie und Gehorsam
Man kann davon ausgehen, dass junge Männer mit rechten Einstellungen eher zur Bundeswehr gehen als junge Männer ohne rechte Einstellungen. Das wurde zu Zeiten der Wehrpflicht nachgewiesen. Laut der sogenannten Selektionshypothese würden Werte wie Disziplin, Hierarchie und Gehorsam als im hohen Maße kompatibel mit einer rechten Ideologie angesehen. Das gilt insbesondere für Grundwehrdienstleistende.
Die AfD versteht sich als Partei der Soldaten. Sie versucht seit langem, der Union die Rolle als deren Fürsprecher streitig zu machen. Viele Mandatsträger sind ehemalige Berufs- oder Zeitsoldaten. Früh hat die Partei die Wiedereinführung der Wehrpflicht und deutlich höhere Verteidigungsausgaben gefordert.
Daraus folgt nicht, dass die Bundeswehr jetzt automatisch rechts wird. Aber es besteht die Gefahr, zumal die Truppe möglichst schnell aufgestockt werden soll. Bereits während des Auswahlverfahrens werden Bewerber für den Dienst in den Streitkräften auf ihre Verfassungstreue überprüft. Erfüllt der Kandidat seine gesellschaftliche Vorbildfunktion?
Erinnerungen an den KSK-Skandal von 2020
Laut Soldatengesetz sind diese „den Werten und Normen des Grundgesetzes in besonderer Weise verpflichtet“. Sie müssen die freiheitlich-demokratische Grundordnung anerkennen und „durch ihr gesamtes Verhalten für ihre Erhaltung eintreten“. Ein Engagement für verfassungsfeindliche Parteien oder Positionen ist damit nicht vereinbar.
Wer jetzt nicht wachsam ist, riskiert, dass sich Ereignisse wie im Mai 2020 wiederholen, als diverse rechtsextremistische Vorfälle beim „Kommando-Spezialkräfte“ (KSK) bekannt wurden. Unter anderem hatte ein KSK-Soldat in seinem Garten Zehntausende Schuss Munition und etliche Kilogramm Sprengstoff gehortet.
Das sind die jüngsten Daten: Im vergangenen Jahr hat die Bundeswehr deutlich mehr Soldaten aufgrund rechtsextremistischer Vorfälle entlassen als im Jahr zuvor. Die Steigerung beträgt rund 30 Prozent. Im Jahresbericht des Verteidigungsministeriums heißt es: „Als Spiegelbild der Gesellschaft sieht sich auch die Bundeswehr einer wachsenden Gefahr extremistischer Verhaltensweisen gegenüber.“
Die Bundeswehr braucht junge Männer – und zwar dringend. Der Preis für eine zügige Aufstockung der Truppenstärke darf jedoch nicht im Durchwinken möglicherweise rechter Kandidaten bestehen. Das wäre fatal.
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