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Grundsteuer fällt überall an - in Metropolen wie auf dem Land.

© Jens Kalaene/ZB/dpa

Reform der Grundsteuer: Wer hat Angst vor Flexibilität?

Die Koalition verhakt sich sinnlos bei der Grundsteuer. Es geht um Öffnungsklauseln für die Länder. Macht sie einfach, sie schaden nicht. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Albert Funk

Es werden viele Teufel an die Wand gemalt in der Debatte um die Grundsteuerreform. Einer davon ist die Öffnungsklausel zugunsten der Länder. Deswegen verhakt sich jetzt die Koalition. Wenn eine solche Klausel ins Gesetz käme, dann wäre das, salopp gesagt, aber nur halb so wild. Dass die Sozialdemokraten sie nicht mögen, gehört zu deren Selbstverständnis – sie lieben es halt einheitlich, weil sie Einheitlichkeit gern mit Gerechtigkeit in eins setzen. Aber unterschiedliche Länderregelungen bei der Grundsteuer, wenn sie sich im Rahmen eines Bundesgesetzes bewegen, sind nicht der Untergang der Republik. Dass die SPD mit kaum mehr als der abgedroschenen Floskel vom „Flickenteppich“ argumentiert, zeigt schon, dass man kein wirklich zündendes Argument gegen Öffnungsklauseln hat. Den Einwand, dass die Rechts- und Wirtschaftseinheit in der Republik zerbräche, muss man nicht ernst nehmen. Öffnungsklauseln führen nicht zu unterschiedlichem Recht, sondern allenfalls zu einer gewissen Bandbreite bei der Anwendung einheitlichen Rechts. Man nennt das auch Flexibilität. Wo soll da der Schaden sein?

Nicht ins Gegenteil zu verkehren

Wenn freilich CSU und Teile der CDU suggerieren, mit Öffnungsklauseln könne man das im Unionslager ungeliebte Scholzsche Wertmodell bei der Grundsteuer in die favorisierte reine Flächensteuer verwandeln, dann irren sie. Oder sie argumentieren wider besseres Wissen. Es ist vielleicht möglich, die einzelnen Komponenten im Gesetz anders zu gewichten von Land zu Land (und in Bayern dann Fläche höher anzusetzen als Bodenrichtwert oder Nettomietenniveau). Aber das Wertmodell so zu kippen, das wird nicht gehen. Dann müsste die Union schon eine reine Länderzuständigkeit fordern. Oder aber anpeilen, den Grundgesetzkatalog der Gesetzgebungsmaterien zu erweitern, in denen ein echtes Abweichungsrecht gilt - womit eine Art Parallelgesetzgebung eines Landes möglich wäre. Bis auf das eine im Südosten aber haben alle Länder die Bundeszuständigkeit gefordert, weil sie gar kein Interesse an eigenen Regelungen haben, ob nun wegen Sorgen um die Rechtseinheit oder schlicht aus Unlust an Eigenständigkeit. Sonst müsste Bundesfinanzminister Olaf Scholz sich ja jetzt nicht abmühen und als Watschenmann dienen.

Flächenmodell hat keine Mehrheit

Was das Flächenmodell betrifft: Es hat seine Vorteile, auch was die Belastung von Mietern in städtischen Lagen mit hohen Bodenwerten und hohen Mieten betrifft. Aber warum hat es sich dann nicht durchgesetzt? Warum sind alle Kommunalverbände dagegen, die ja direkt betroffen sind? Die Grundsteuer fließt allein an die Kommunen, und in denen will man offenbar Debatten vermeiden, warum in den besseren Vierteln nicht mehr Grundsteuer bezahlt werden muss als in den etwas weniger guten. Kurzum: Die Koalition sollte sich zügig darauf verständigen, maßvolle und praktikable Öffnungsklauseln in das Gesetz zu schreiben. Es ist ja kein Muss, diese dann auch zu nutzen - außer in München natürlich. Aber möglicherweise merkt dann sogar der eine oder andere Ministerpräsident, Finanzminister oder Landtag außerhalb Bayerns, dass es mit Blick auf den eigenen Beritt vielleicht gar nicht so schlecht wäre, eigenständiger regeln zu können.

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