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Bei einem Selbstmordanschlag am syrisch-türkischen Grenzübergang Bab al Hawa sind nach Angaben der syrischen Opposition mindestens 16 Menschen gestorben und 20 verletzt worden.

© Reuters

Syrienkrise: Regierung in Ankara wird Waffenschmuggel vorgeworfen

Die türkische Opposition wirft Erdogan vor, Syriens Rebellen militärisch zu unterstützen – der wittert eine Justizverschwörung.

Die türkische Unterstützung für Rebellen in Syrien wird immer mehr zum Bestandteil der Auseinandersetzung zwischen der Erdogan-Regierung und der Justiz. Am Wochenende ließen Staatsanwälte im Grenzgebiet erneut verdächtige Lastwagen stoppen. Und ein weiteres Mal stellte sich heraus, dass es sich um Fahrzeuge des türkischen Geheimdienstes MIT handelte, die offenbar Waffen in Richtung Syrien transportierten.

Gegner von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan werfen der Regierung vor, trotz aller Dementis im großen Stil Waffen über die Grenze bringen zu lassen. „Der MIT betreibt routinemäßig Waffenschmuggel“, sagte Oppositionspolitiker Ertugrul Kürkcü. Im November hatte die Polizei einen Lkw mit 1200 Granathülsen auf dem Weg nach Syrien gestoppt; am Neujahrstag verhinderten MIT-Agenten, dass die Staatsanwälte an der Grenze einen anderen Lastwagen durchsuchten. Die Ladung sei ein „Staatsgeheimnis“, ließ der Dienst die Justiz wissen.

Auch nach der Aktion vom Wochenende schimpfte die Regierung auf die Justiz. Laut Medienberichten hatten die Trucks Waffen geladen, durften nach der Durchsuchung aber ihre Fahrt fortsetzen. Waffenexporte stehen im Widerspruch zur offiziellen türkischen Syrienpolitik, nach der Ankara die Gegner von Präsident Baschar al Assad zwar politisch unterstützt, aber nicht militärisch.

In der Türkei liegen Regierung und Justiz im Clinch, seit Istanbuler Staatsanwälte im Dezember Korruptionsvorwürfe gegen Erdogans Umfeld erhoben haben und der Ministerpräsident daraufhin massenweise Polizisten und Staatsanwälte versetzen ließ. Aus Sicht der Regierung ist die Durchsuchung der Laster an der syrischen Grenze eine weitere Facette einer Verschwörung in der Justiz gegen Erdogan. Die Regierung spricht von einem gesetzeswidrigen und schädlichen Vorgehen der Staatsanwälte. Yasin Aktay, ein führender Politiker der Regierungspartei AKP, warf den Ermittlern vor, die Türkei „in eine schwierige Lage“ zu bringen.

Dass die Waffenlieferungen jetzt zum Gegenstand eines öffentlichen Streits werden, könnte kritische Fragen der westlichen Partner an die Türkei auslösen und am Ende Al Qaida in Syrien nutzen, vermuten Beobachter: Während gemäßigtere Rebellengruppen vom Nachschub aus der Türkei abhängig sind, erhalten die Dschihadisten ihre militärische Ausrüstung aus dem Irak. Waffenlieferungen an syrische Rebellen würden wegen der öffentlichen Diskussion in der Türkei ab sofort schwieriger, sagte Veysel Ayhan, Direktor der Denkfabrik IMPR in Ankara. „Das könnte Al Qaida nützen.“

Oytun Orhan vom Politik-Institut „Orsam“ verwies darauf, dass die vom Westen unterstützte „Freie Syrische Armee“ sowie die nicht zu Al Qaida gehörende „Islamische Front“ ihre Waffen aus der Türkei erhielten. Die Freie Syrische Armee und die Islamische Front kämpfen seit Wochen gegen Al-Qaida-Gruppen. Am Montag explodierten beim Grenzübergang Bab al Hawa zwei Autobomben. Dabei sind nach Angaben der oppositionsnahen syrische Webseite „Zaman al Wasl“ 16 Menschen getötet und 20 verletzt worden.

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