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Bidzina Iwanischwili, Vorsitzende der Regierungspartei Georgian Dream, feiert das Wahlergebnis.

© imago images/ITAR-TASS/David Mdzinarishvili

Opposition spricht von Wahlfälschung: Regierungspartei bei Wahl in Georgien vorn

Der Republik im Südkaukasus drohen politisch unruhige Zeiten. Die Opposition will das Wahlergebnis wegen Fälschungen nicht anerkennen - und fordert Neuwahlen.

Nach der Parlamentswahl in der Schwarzmeer-Republik Georgien droht dem Land ein schwerer politischer Konflikt. Die Opposition erklärte am Sonntag, das Wahlergebnis wegen Fälschungen nicht anzuerkennen und forderte Neuwahlen.

Nach Angaben der Zentralen Wahlkommission lag die Regierungspartei Georgischer Traum nach Auszählung fast aller Wahllokale mit 48,1 Prozent der Stimmen vorn. Dahinter folgte demnach die größte Oppositionspartei Vereinte Nationale Bewegung mit nur 27,1 Prozent. Am Nachmittag kam es zu Protesten der Opposition.

Hunderte Menschen versammelten sich dabei vor dem Parlament in der Hauptstadt Tiflis. Die Polizei sicherte das Gebäude. Zunächst gab es keine Berichte über größere Zwischenfälle. Redner der Opposition sprachen georgischen Medien zufolge von Fälschungen bei der Wahl und beklagten: „Der Georgische Traum hat rote Linien überschritten.“

Schon kurz nach Schließung der Wahllokale am Samstagabend reklamierten beide politischen Lager den Wahlsieg für sich. Der Chef der Regierungspartei, der Multimilliardär Bidsina Iwanischwili, sagte georgischen Medien zufolge, seine Partei habe „die Wahlen zum dritten Mal in Folge gewonnen“. Der Georgische Traum war bereits aus den Abstimmungen in den Jahren 2012 und 2016 als Sieger hervorgegangen.

Dagegen sprach der in seiner Heimat per Haftbefehl gesuchte Ex-Präsident Michail Saakaschwili von einem Triumph der Opposition. Die Oppositionsparteien müssten „nun eine Regierung der nationalen Einheit bilden“. „Oder wir verlieren das Land.“ Eigene politische Ambitionen habe er nicht: „Mich interessiert kein einziges Amt, das Amt des Ministerpräsidenten Georgiens eingeschlossen.“

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Iwanischwili und Saakaschwili dominieren seit Jahrzehnten die Politik des in die EU und Nato strebenden Landes. Der in der Ukraine lebende Saakaschwili war von 2004 bis 2013 Präsident Georgiens gewesen. International bekannt wurde der 52-Jährige, als er 2008 Georgien in den August-Krieg gegen Russland führte. Nach seiner Abwahl wurde er zu mehrjährigen Haftstrafen wegen Amtsmissbrauchs verurteilt. Iwanischwili steht in der Kritik, Korruption zu begünstigen.

Opposition zu Bündnis zusammengeschlossen

„Jetzt ist nicht die Zeit, beiseitezutreten“, sagte Saakaschwili. Die Oppositionspolitikerin Chatia Dekanoidse sagte: „Wir werden diese Wahl nicht als legitim ansehen, bis Neuwahlen angesetzt werden.“ Das Misstrauen der Opposition wurde auch deshalb verstärkt, weil in der Nacht lange keine ersten offiziellen Ergebnisse vorlagen.

Mehrere Oppositionsparteien hatten sich vor der Abstimmung zu einem Bündnis zusammengeschlossen, um eine weitere Regierung unter dem Georgischen Traum zu verhindern. Mehr als 3,5 Millionen Menschen waren zu der Abstimmung aufgerufen. Die Wahlbeteiligung lag offiziellen Angaben zufolge bei 56,1 Prozent. Wegen der Corona-Pandemie gab es in Wahllokalen Hygiene-Auflagen.

OSZE: Viel zu tun

Die internationalen Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sahen keine gravierenden Verstöße. Es bleibe aber dennoch „viel zu tun, um eine solide Grundlage für demokratische Wahlen zu schaffen“, hieß es in einer Mitteilung. Die georgische Präsidentin Salome Surabischwili sprach von „friedlichen, fairen und demokratische Wahlen“.

48 Parteien und zwei Wahlblöcke waren angetreten. Den Ergebnissen zufolge erhielten der Georgische Traum und die Vereinte Nationale Bewegung die meisten Stimmen. Viele andere Parteien schafften die Ein-Prozent-Hürde, lagen aber lediglich etwa drei Prozent und weniger, darunter die Bewegung Lelo des Geschäftsmanns Mamuka Chasaradse, die auf fast 3,2 Prozent kam.

Abgestimmt wurde nach einem neuen Wahlsystem, das bei massiven Protesten gefordert worden war. 120 Abgeordnete wurden demnach per Verhältniswahlrecht gewählt. Die anderen wurden in den jeweiligen Wahlkreisen nach dem Prinzip der Mehrheitswahl bestimmt. Sollte die erforderliche Mehrheit hierbei nicht erreicht werden, gibt es in drei Wochen eine zweite Runde. Das alte Wahlsystem galt als kompliziert.

Die Regierungspartei Georgischer Traum strebt eine weitere Annäherung Georgiens an die EU an. Das Verhältnis zu Russland gilt als zerrüttet. Beide Länder pflegen keine diplomatischen Beziehungen. (dpa)

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