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Politik: Rentner sollen Pflegereform mitbezahlen

Unionspolitiker fordern Beitrag aller Generationen / Jusos: Moralisch verwerflich

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Berlin - Die Junge Union (JU) fordert, bei der Pflegereform auch ältere Arbeitnehmer und Rentner zur Kasse zu bitten. Mit der nötigen Umstellung auf Kapitaldeckung dürften nicht nur junge Menschen belastet werden, sagte JU-Bundesvorsitzender Philipp Mißfelder dem Tagesspiegel, „alle müssen einen Beitrag leisten“. Zustimmung erhielt er von Willi Zylajew, dem pflegepolitischen Sprecher der Unionsfraktion. Im Koalitionsvertrag sei eine kapitalgedeckte Demografiereserve vereinbart, sagte der CDU-Politiker. „Daran müssen sich nach meinem Empfinden dann auch alle beteiligen, die bisher schon für die Pflegeversicherung bezahlen. Alles andere wäre widersinnig.“ Allerdings müsse man per Überforderungsklausel verhindern, dass Geringverdiener und „kleine Rentner“ mit den Zusatzbeiträgen überfordert würden.

Über die Höhe der Zusatzpauschale gibt es noch Dissens in der Union. Einige Experten veranschlagen sechs Euro pro Monat, andere 13 Euro und mehr. In einem Arbeitspapier, das in der Fraktion kursiert, ist die Rede von sechs Euro, der Zusatzbeitrag müsste jährlich aber um einen Euro steigen. Die SPD lehnt Kopfpauschalen für die Pflegeversicherung ab.

„Alle Generationen müssen ein Interesse daran haben, dass die Pflegeversicherung in fünf oder zehn Jahren noch funktioniert“, sagte Mißfelder. Gleichzeitig kritisierte er die Koalitionsvereinbarung als unzureichend. „Im Grunde bräuchten wir einen Komplettumstieg auf die Kapitaldeckung“, sagte der JU-Chef. Es sei ein Fehler gewesen, bei der Einführung der Pflegeversicherung in den 90er Jahren noch auf Umlagefinanzierung zu setzen. Dadurch habe der damalige Sozialminister Norbert Blüm (CDU) suggeriert, dass nicht nur die Rente, sondern auch die Pflege sicher sei. „Beides war falsch.“

Heftige Kritik an den Vorschlägen kam aus der Senioren-Union. „Bloß weil die Jüngeren den Generationenvertrag nicht erfüllt haben, kann man doch nicht die Älteren, die ihr Leben lang gearbeitet und Kinder großgezogen haben, nochmals belasten“, sagte der Bundesvorsitzende Otto Wulff. Rentner hätten von 2003 bis 2009 einen Kaufkraftverlust von zwei Monatsrenten zu verkraften, zusätzliche Lasten könnten sie nicht mehr tragen. „Wenn mehr Rentner im Parlament säßen, würden solche Diskussionen nicht geführt.“

Auch der Juso-Vorsitzende Björn Böhning nannte es „moralisch verwerflich, wenn man diejenigen, die bereits pflegebedürftig sind, auch noch zur Finanzierung einer Kapitaldeckung heranzieht“. Auch aus diesem Grund wäre die steuerliche Finanzierung der geplanten Demografiereserve „der galantere Weg“, sagte Böhning dem Tagesspiegel. Eine zusätzliche „Steuersäule“ wäre „einfacher, nachhaltiger und solidarischer“. Zudem würde dies laut Böhning verhindern, dass private Versicherungskonzerne an der Vorsorge für Pflegebedürftigkeit mitverdienten.

Der Chef der Jungen Liberalen, Johannes Vogel, hingegen forderte, schnellstmöglich einen Beschluss zum Umbau der Pflegeversicherung zu fassen. „Die volle Kapitaldeckung muss das Ziel sein.“ Mit Blick auf die jetzigen Rentner müsse man bei der Finanzierung jedoch „sehr behutsam vorgehen“. Es sei klar, dass alle Generationen einbezogen werden, die Jüngeren aber den Großteil der Umstellung bezahlen müssten, sagte Vogel. „Dazu sind wir aber nur bereit, wenn die Politik wirklich ein zukunftsfähiges System schafft.“

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