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Bankenaufseher. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin am Mittwoch bei ihrer gemeinsamen Pressekonferenz.

© dpa

Steinbrück und Trittin geben gemeinsame Pressekonferenz: Rot-grüne Harmonie

Da haben sich zwei gefunden: Peer Steinbrück und Jürgen Trittin geben eine gemeinsame Pressekonferenz, sind sich schrecklich einig und verbreiten auch noch gute Laune. Der Wunsch-Koalitionspartner ist offenbar klar, auch wenn bis zur Wahl noch ziemlich viel Zeit ins Land geht.

Von Hans Monath

Wenn der Grünen-Politiker einen Punkt macht, nickt der Sozialdemokrat nachdrücklich und dreht mit Augenaufschlag seine Handflächen nach oben, um zu signalisieren: „Voilà, so ist es!“ Wenn der SPD-Politiker ein Argument entfaltet, nickt umgekehrt der Grüne, immer wieder. Fast eine Stunde lang präsentieren SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin am Mittwoch vor der Bundespressekonferenz ihre gemeinsamen Vorschläge zur Bankenregulierung.

Sie reden über ein sehr kompliziertes Thema, aber sie haben eine sehr einfache Botschaft. Die lautet: Wir können miteinander. Wir haben bessere Vorschläge gegen die Schuldenkrise als Bundeskanzlerin Angela Merkel. Und wir meinen es ernst mit unserem Anspruch, im Herbst 2013 die Regierung zu übernehmen. Wir wollen Rot-Grün.

Steinbrück und Trittin sind in zwei verschiedenen Parteien, aber sie haben manchen Charakterzug gemeinsam. Für ein bisschen klüger als den Rest der Welt halten sich die beiden Politiker ohnehin, erst recht aber, wenn es um die Schuldenkrise geht, um das historische Ringen um die Zukunft des Euro. Zwei Experten haben sich gefunden, die zumindest an diesem Tag sehr gut gut harmonieren.

In ihren Sätzen wimmelt es von Fachbegriffen wie etwa dem „makroökonomischen Ausgleichsmechanismus“, dem „Einlagensicherungsfonds“ oder der „Gläubigerbeteiligung“. Und trotzdem wird viel gelacht in der Bundespressekonferenz.

So viel Gleichklang, so viel Freundlichkeit war nicht immer zwischen SPD und Grünen und erst recht nicht zwischen Peer Steinbrück und den Vertretern der Ökopartei. Im Gegenteil: In seiner Zeit als nordrhein-westfälischer Ministerpräsident in den Jahren 2002 bis 2005 war das Verhältnis zerrüttet. Der impulsive SPD-Politiker geriet vor allem mit seiner Umweltministerin Bärbel Höhn ständig aneinander, wollte die Grünen schließlich aus der Regierung schmeißen und durch die FDP ersetzen. Nur eine Intervention des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder konnte ihn davon abbringen.

Und warum wollen die Kontrahenten von damals heute im Bund besser miteinander auskommen? Den „zeitlichen Kontext“ müsse man unbedingt berücksichtigen, bittet Steinbrück, das sei doch alles zehn Jahre her. Klar habe es Spannungen gegeben, auch manche Eskalation. „Erkennbar ist das heute anders“, meint der Ex-Finanzminister und verspricht, er wolle die Grünen in einer Koalition fair behandeln. Und auch Trittin will nicht mehr nach hinten schauen, sondern nur noch nach vorn. Und bringt noch ein Stichwort unter, das den Grünen außerordentlich wichtig ist: „Auf Augenhöhe“ werde man miteinander umgehen.

Trotz aller Entschlossenheit zu Rot- Grün will Steinbrück seinen Wunschpartner Trittin (noch) nicht zu einem fähigen Finanzminister erklären, bevor beide gemeinsam die Wahl gewonnen haben. „Wir wollen vielleicht den Bären erst mal erlegen, bevor wir das Fell verteilen“, mahnt er. Immerhin lobt er seinen möglichen Nachfolger in dem Ressort, das er selbst einmal leitete. Er kenne Trittin als einen „sehr kenntnisreichen, verlässlichen Partner“ – und das „nicht zuletzt“ beim Thema Schuldenkrise und Banken.

Beide gemeinsam werfen Merkel vor, die Krise nur als Folge öffentlicher Schulden in Europa zu sehen und die Belastung durch gefährliche Mechanismen des Finanzsektors zu unterschätzen. Zudem greife die Kanzlerin zum falschen Rezept, wenn sie nur mit Spardiktaten und nicht mit einem Wachstums- und Investitionsprogramm reagiere.

In dem gemeinsamen Antrag verlangen SPD und Grüne, die Haftung des Staates und damit der Steuerzahler für die Risiken der Banken zu beenden. Sie fordern eine europäische Abwicklungsbehörde, einen europäischen Schuldentilgungsfonds und einen Risikofonds, der von den Banken selbst finanziert werden und auf ein Volumen von 200 Milliarden Euro anwachsen soll. Die sich abzeichnende Einigung zwischen Deutschland und Frankreich bei der Bankenaufsicht greife zu kurz.

Was diplomatische Verwicklungen angeht, ist Steinbrück vorsichtiger geworden und ruft nicht mehr nach der Kavallerie. Zur Rückkehr von Silvio Berlusconi in die italienische Politik ist ihm nur noch ein vielsagender Blick und kein Wort zu entlocken. Er achte nun darauf, „wann ich ins Fettnäpfchen trete und will das heute mal vermeiden“, sagt er.

Auf die Frage eines Schweizer Journalisten, wie sich unter Rot-Grün die Beziehungen zum  Nachbarland entwickeln würden, gibt Steinbrück aber blitzschnell Auskunft: „Prima, prima, prima“, sagt er. Dann kann ja nichts mehr schief gehen.

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