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Prinz Harry und Meghan Markle verändern die Beziehung des Königshauses zur britischen Gesellschaft.

© dpa/Steve Parsons

Update

Royal Wedding in Windsor: Warum die königliche Hochzeit das Ende einer Ära war

Die einen royal, die anderen loyal – die Hochzeit von Prinz Harry und Meghan Markle in Windsor markierte den Beginn einer Ära und gleichzeitig ein Ende. Und der predigende Bischof riss mal eben alle Standesgrenzen ein.

Um 13.07 Uhr Greenwich Mean Time, als Harry und Meghan als Eheleute aus der St. George’s Chapel treten, ist in England nichts mehr, wie es war. Das englische Königshaus ist für immer verändert. Die britischen Flaggen-Wimpel flattern im „Wind of change“, der mit sechs Kilometern pro Stunde durch Windsor fächelt.

„Eine Frau mit Vergangenheit hat keine Zukunft“, schrieb Oscar Wilde. Das galt für das Königshaus umso mehr. Aber jetzt? Wird Meghan Markle, die geschiedene Schauspielerin aus den Vereinigten Staaten, für genau das Gegenteil gefeiert. Für ihre Eigenständigkeit und dafür, dass sie ein Leben vor dem Hofe hatte. Soeben hat der schwarze Bischof Michael Curry aus Chicago in seiner Predigt vor dem versammelten britischen Hochadel die Standesgrenzen eingerissen, bis die Betroffenen immer konsternierter aussahen. Der Palast erfährt eine schonende Modernisierung? Nein, es ist eine Revolution.

Das Bemerkenswerteste an dieser Braut war, was sie alles nicht dabei hatte, als sie zu ihrer Hochzeit alleine in der Tür der Kirche erschien: keinen Vater, der sie zum Altar führte, keine Trauzeugin, keine Brautjungfer. Sogar ihr Geld hat sie selbst verdient. Diese Frau kann alleine stehen!

Alles ist Silhouette und Skulptur, nichts Dekor

Sie tut dies im denkbar schlichtesten Kleid. Alles ist Silhouette und Skulptur, nichts Dekor. Das ist Inhalt statt Verpackung. Die Braut ist ganz Schlüsselbein.

Harry mit knallroten Backen, dahinter die Queen limettengrün im Eichengestühl. Die Brautmutter Doria Ragland weint quasi von Anfang an durch. Oh, it smells like Queen spirit. Orgelsausen.

Als der Bischof von Chicago also mal eben die Standesgrenzen für obsolet erklärt, ist es 12.35 Uhr Greenwich Time. 35 Minuten hat er dafür gebraucht.

Der amerikanische, schwarze Bischof redet über die „befreiende Macht der Liebe.“ Er ruft den Royals zu: „Es liegt Macht in der Liebe.“ Hatte es vorher im Palast nicht jahrhundertelang geheißen: Für die Macht muss man die Liebe opfern?

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Der bekannt politische Michael Curry, ein Trump-Gegner und gern provozierend, singt hier ein Loblied auf die Liebe. Liebe sei also Macht. Die wahre Macht nämlich. „Liebt eure Nachbarn! Und wenn du schon dabei bist: Lieb’ dich selber.“ Das Veränderungspotenzial der Liebe, „das ist richtige Macht. Die Macht, die Welt zu verändern.“

Dann erwähnt er die Sklaven aus Amerika, die vor 100 Jahren mitten in der Gefangenschaft auf den Baumwollfeldern mit ihren Gospels diesen „Balsam zur Heilung“ entdeckt haben. Man kann es ja selbst tun! Die Macht sich selbst nehmen! Das wussten die Sklaven damals schon! Martin Luther King habe gesagt, mit der Kraft der Liebe könne man aus der alten Welt eine neue schaffen. Michael Curry kommt in Fahrt. Er wirkt jetzt wie ein Guerilla-Prediger. Darf man an diesem Ort für die Abschaffung der alten Welt werben?

Die Queen muss sichtlich schlucken. Hat sie erwartet, in ihrer privaten Schlosskapelle St. George’s auf Schloss Windsor plötzlich von der Selbstermächtigung der schwarzen Sklaven zu hören? Ein Abkömmling schwarzer Sklaven heiratet soeben ihren Enkel.

„Wenn ihr es nicht glaubt, überlegt euch kurz, wie es sein könnte: Stellt euch eine Welt vor, in der die Liebe der Weg ist: für Nachbarn, Familien, die Wirtschaft. Wenn Liebe der Weg ist,  dann werden wir unsere Schwerter und Schilder ablegen und sagen: nie mehr Krieg.“

Im Eichengestühl wird gelächelt. Die Clooneys lächeln, Serena Williams lächelt. Elton John guckt durch die rosa Brille. David Beckham lächelt noch milde, wie man über etwas Schönes, aber doch ganz und gar Utopisches, Märchenhaftes lächelt. „Wenn Liebe der Weg ist, gehen wir ganz anders miteinander um. Dann sind wir alle Brüder und Schwestern!“, ruft Curry.

Alle Brüder und Schwestern! So weit kommt es noch. Das ist eine Absage an die Klassengesellschaft. Wenn nur die Liebe zählt, dann kann man nämlich die Stammbäume vergessen. Dann ist nicht die Herkunft der Weg zur Macht, dann sind es nicht die Institutionen, dann wären wir ja alle gleich! Man kann das auch als eine Ohrfeige für die Queen auffassen. Für die ganze Idee des Adels. In der Tat sehen alle Mitglieder der königlichen Familie immer dunkler durchblutet aus.

Wird Meghan Markle die Michelle Obama des Königshauses?

Jetzt kann Meghan nicht aufhören zu lächeln. „Alles was ich habe, teile ich mit dir“, sagt Harry zu ihr. „All that I am I give to you“, verspricht sie ihm.

Hinter ihnen in der Kirche sind so viele Schwarze, dass es ein mächtiges Statement wird: die Künstler, ein komplett schwarzer Gospel-Chor, der junge Star-Cellist, der Chicagoer Bischof mit seiner feurigen Predigt, die er partout nicht ohne die Sklaven von den Baumwollfeldern halten wollte, im Publikum Oprah Winfrey. Dafür, dass die Royals unpolitisch sein sollen, ist das eine kräftige Aussage. Wer solche Freunde hat, wer so heiratet, braucht keine Demonstration gegen Rassismus mehr anmelden. Das Brautpaar lächelt sich zu. Der schwarze Chor singt „Stand by me“. Und jetzt swingen sie da hinten auch noch. Wird Meghan Markle die Michelle Obama des Königshauses?

Kate, das Gegenmodell der perfekten Anpassung, die sonst unablässig strahlt, sieht ernsthaft getroffen aus. Vielleicht ist Anpassung doch nicht die einzige Lösung?

Als um 12.40 Uhr der Bischof von Canterbury die Hände von Harry und Meghan mit seiner Stola umwickelt, ist der einst schillerndste Junggeselle Englands verheiratet. Aber wie es jetzt aussieht, könnten damit die revolutionären Zeiten für den Palast erst beginnen.

Ihr Finger umschlossen von dem neuen Ehering, die beiden umringt von 600 Gästen in der Kirche, den Kirchenmauern, darum ein Ring aus exakt 2640 geladenen „Commoners“, Normalos, die so gewöhnlich sind, dass das Außergewöhnlichste an ihnen ihre Einladung zu dieser Hochzeit ist. Katzenminzen, Flieder, die Kastanien haben ihre weißen Kerzen aufgesteckt. Wer solche Bäume hat, braucht keine Sonnenschirme. Nun, da die Übertragungskabel der Welt über den Mauern mit den Kletterhortensien und Wisterien hängen und aus dem Schloss übertragen, scheint die Begeisterung völlig unironisch, ungebrochen.

Alles wegen Diana, sagten die Schuhverkäuferinnen in den Tagen vor der Trauung gegenüber dem Schloss. Sie hatte ja damit angefangen, Gefühle und Persönlichkeit in das Königshaus zu bringen. „Alle lieben Harry, oder?“ Es sind schließlich ihre Söhne, die Prinzen der Herzen. Und diese Hochzeit ist das letzte große Ding. Jedenfalls wohl für die nächsten zwanzig Jahre und für alle, die das Drama mit Diana erlebt haben, das mit dieser Hochzeit irgendwie zu einem glücklichen Ende gekommen zu sein scheint. Die zwei Brüder, die als Kinder hinter dem Sarg von Diana hergehen mussten, sind erwachsen geworden. 

Und deshalb beginnt jetzt nicht nur eine Ehe, es geht auch eine Ära zu Ende.

Eine Ehe beginnt, eine Ära endet

Und so sind die einen bemerkenswert royal und die anderen loyal. Alle gönnen es Harry. Es scheint keine Kritiker des Hofes mehr zu geben. Cool Britannia, das Land der Sex Pistols und des Punk, was ist aus dir geworden? Selbst die größten Republikaner können sich ihre Bewunderung für die Queen nicht verkneifen. Wie ist das passiert?

Man könnte sagen, sie haben es klug gemacht: Sie haben mit Prinz Harry, dem Mann der Ausfälle, das Rebellische einfach in die Familie integriert. Die Hochzeit ist formal traditionell, aber inhaltlich eine Revolution.

Man hat der Schauspielerin Meghan Markle hoch angerechnet, dass sie für diese Ehe ihre 1,9 Millionen Instagram-Follower aufgegeben hat, sowie 350 000 Twitter-Follower und 800 000 Facebook-Likes – aber was sind 1,9 Millionen Follower gegen drei Milliarden Fernsehzuschauer weltweit?

Man sagte auch, sie habe die Schauspielerei für ihren Harry an den Nagel gehängt – aber das stimmt natürlich nicht so ganz. Sie hat nur ihre Rolle in einer amerikanischen Anwaltsserie für die Rolle ihres Lebens eingetauscht: eine Hauptrolle in einer europäischen Adels-Serie, die Staffeln ungezählt. Es ist das Set mit der eindeutig besseren Ausstattung.

Es hieß schon lange, die neue Generation stehe für eine Modernisierung des Hofes. In Wahrheit ist es eine 180-Grad-Wende. Harry und Meghan werden jetzt nämlich genau dafür gelobt, wofür Charles und Camilla, die zuletzt vor 13 Jahren eben hier in Windsor ihre verdruckste Hochzeit feierten, kritisiert wurden. Charles und Camilla, ätzte man damals, benähmen sich nicht wie Royals. Harry und Meghan, jubelt man heute, benehmen sich nicht wie Royals! Charles heiratete kleinlaut seine „Geschiedene“. Harry feiert seine eigenständige Frau, die eine Vergangenheit hat.

Und statt internationaler Staatsgäste haben sie einfach ihre engsten Freunde eingeladen: Serena Williams. Oprah Winfrey, die Clooneys, die Schauspielkollegen vom Set ihrer Serie „Suits“.

Es ist die erste royale Hochzeit an einem Samstag – wenn auch Normalsterbliche frei haben. Bei William und Kate gab es noch einen Feiertag fürs Volk, jetzt gibt es wenigstens 40 Pfund Rabatt für den, der zum Beispiel drei Paar Schuhe bei „hotters“ kauft. „So bürgerlich!“ jubelt Windsor.

Wer will schon eine Meghan ohne Makel sein?

Wurde Kate Middleton noch dafür ausgelacht, dass das Geld ihrer Familie kein altes Geld, sondern „nur“ mit einem Unternehmen für Partyartikel selbst verdient war, wird Meghan Markle für ihre selbst verdiente Solvenz bewundert. Und hat sie nicht auch Probleme, die alle verstehen? Eine verkrachte Familie und missgünstige Geschwister. Der Halbbruder, der eine Cannabis-Plantage betreibt, wollte zur Feier des Tages die neue Marke „Markle Sparkle“ auflegen. Sie sind Patchwork, einander nicht grün: Sind sie nicht genau so wie wir? Wer will schon eine Meghan ohne Makel sein?

Die Queen wollte von ihrem Volk vor allem Respekt. Meghan Markle steht für eine neue Ära.
Die Queen wollte von ihrem Volk vor allem Respekt. Meghan Markle steht für eine neue Ära.

© AFP/Jonathan Brady

Die Queen kommt aus dem Zeitalter der Pflicht, sie wollte von ihrem Volk vor allem Respekt. Der entsteht durch Abstand, durch Aura aus einer Ferne. Die heutige Generation will gemocht werden, sie will Sympathie und „likes“. Sympathie entsteht durch Nähe. Oder wenigstens den Eindruck von Nahbarkeit.

Prinz Charles wurde jahrelang für seinen Bio-Flitz belächelt. Jetzt bekommt er eine Schwiegertochter, die sich einen „Foodie“ nennt und der man den Heiratsantrag bei der Zubereitung eines Brathähnchens machte.

Die vierstöckige Hochzeitstorte von Queen Elizabeth hieß „700.000-Meilen-Torte“, weil sie stolz darauf war, dass die Zutaten aus dem ganzen Commonwealth kamen. Harry und Meghan sind brutal regional. Und brutal saisonal mit Holunder-Zitronen-Torte. Für das Essen bestellten sie alle Früchte und Gemüse, die um diese Jahreszeit auf den königlichen Ländereien gewachsen sind.

Um das zu haben, muss der normale Mensch an normalen Tagen allerdings nur in den Windsor Farm Shop gehen: Den Long Walk, an die andere Seite des Windsor Park entlang, außen um den Park. Es wäre die ideale Entfernung für ein Pferd, aber nun gut, man kann es auch laufen. Links hinter der Mauer verströmt ein königlicher Misthaufen sein intensives Aroma. Der Shop, so abseits, wird weniger von Fans und Touristen, sondern von Anwohnern frequentiert, die ihre Land-

Rover auf dem knirschenden Kies-Parkplatz zum Stehen bringen und ihre Einkaufswagen mit royalem Lebensstil füllen. Da sind sie schon. Königliche Kürbisse für 2,25 Pfund das Kilo. Grüner Spargel, Zwiebeln, Salat und Radieschen. Eier von Hühnern, die in Windsor frei laufen, sechs Stück für 1,99 Pfund. Frisches Brot. Die Anwohner kaufen an der opulenten Fleischtheke Wild von den Schlössern Windsor, Sandringham und Balmoral zu ganz normalen Preisen. Die verschiedenen Jagdzeiten sind angeschlagen. Das hier hat mit Kühlschrankmagneten nichts mehr zu tun. Wer hier einkauft, will nicht Fan sein, sondern einen Lebensstil teilen.

Also verleiben sie es sich ein, das Fleisch von den Sussex-Rindern, die man im Windsor Park weiden sehen kann, die ihrerseits das Gras der Ländereien wiedergekäut haben.

Aber heute hat der Farm Shop geschlossen und im Schloss Windsor steigen die beiden, die mit dem heutigen Tag Herzog und Herzogin von Sussex sind, in ihre offene Kutsche. Meghan faltet fünf Meter Schleier ein. Alles war ja bislang so vorbildlich schwarz und weiß gemischt, nur die Pferde vor der Kutsche haben sie vergessen: Die sind alle weiß!

Die Hochzeit ist ein Riesengeschäft

Als die Kutsche mit den vier Schimmeln an der Ecke High Street, Castle Street anlangt, passiert genau das, was sich Maria Scott, Terry Hutt und John Loughrie ausgerechnet haben, als sie am vergangenen Sonntag an genau dieser Straßenecke ihr Lager aufgeschlagen haben: Die Kutsche muss hier verlangsamen, denn irgendwie müssen sie jetzt an Königin Victoria vorbeikommen, die hier als Skulptur mitten auf der Kreuzung steht. Für diesen Moment haben sie seit Sonntag auf der Straße geschlafen.

„Warum sind Sie hier?“ Die drei verdrehen die Augen. Sieht man doch! Die Sticker auf Johns Mütze! „Man kennt mich als Diana-Superfan“, sagt John mit einer schnellen, hohen Stimme und rattert die Gelegenheiten herunter, bei denen er Königliche getroffen hat. Als der Termin der Hochzeit bekanntgegeben wurde, kaufte sich Maria Scott sogleich ein Frühbucher-Spar-Ticket von Newcastle nach Windsor hin und zurück für 29 Pfund. Sorgfältigste Planung, sagt Maria, verlange dieses Leben als Unterstützer der königlichen Familie. Wöchentlich legen sie etwas Geld beiseite, zur Zeit für die Taufe von Louis, dem dritten Kind von William und Kate.

„Jetzt lass’ mich reden“, sagt Terry, 83 Jahre alt, und liefert dann endlich eine Antwort, wie sie Engländer lieben, weil sie direkt aus dem Krieg kommt: Aus dem „Blitz“ in London. Da wurde seine Familie ausgebombt, in der Holloway Road. Und wer kam vorbei und erkundigte sich nach dem Wohlergehen der Untertanen? Die Queen! Im Prinzip ist alles, was er seitdem macht, eine Rückgabe dieser Geste.

Das grüne Windsor mit seiner Lage an der Themse, mit seinen guten Schulen und der 40-Minuten-Pendlerzeit ist für London so etwas wie Bad Homburg für Frankfurt. Über den 27 000 Einwohnern thront das Lieblingsschloss der Königsfamilie. Das Internat Eton liegt zehn Gehminuten vom Schloss entfernt, da sind William und Harry zur Schule gegangen. Das Volk bildet eine Art Spülsaum, der ganzjährig an den Mauern von Windsor leckt.

Dauerhaft bilden die Andenkenläden mit ihrem Zerrbild der königlichen Familie ein Sammelsurium aus Kühlschrankmagneten, Tassen, Pappmasken und Geschirrtüchern um die steinerne Burg. Das mischt sich mit Einheimischen und Touristen. Sieht nicht der ganze Tower von Windsor Castle in seiner Tortenhaftigkeit nach Hochzeit aus?

Windsor jubelt heute. Die Freude ist echt. So echt wie jeder Kontoauszug. Tatsächlich ist die Hochzeit für die Stadt vor allem ein Riesengeschäft. Die Pub- und Hotelbesitzer haben sich mit ihren Hotdogs und mobilen Straßenverkäufern den mehr als 100 000 Gästen in den Weg geworfen und die Hotelpreise vervierfacht.

Sogar die Obdachlosen haben davon profitiert, nachdem zuerst Empörung darüber entstand, dass sie aus optischen Gründen für die Hochzeit von den Straßen sollten: Eine Tassen- und Kühlschrankmagnetensammlung wurde aufgelegt, deren Erlös für warme Mahlzeiten und Schlafplätze sorgt.

Bis jetzt propagierten die Windsors die unpolitische Zurückgezogenheit

Die Krone, sagte man immer, dürfe nicht politisch sein. Nur wenn sie über der Politik stehe, könne sie nämlich ein zerstrittenes Volk einen. Deshalb propagieren die Windsors den völlig unpolitischen Rückzug in die Familie!

Sie vermitteln, normalerweise, dass sogar Kinderkriegen und Glücklichwerden eine abendfüllende, sogar vornehme Aufgabe sein kann. Kate und William gelingt das gut. Wurde ihnen früher ihre politische Bedeutungslosigkeit vorgeworfen, liegt heute ihre Bedeutung für die gebeutelte Nation eben darin. Sie zehren nun von diesem Paradox: Ihre gesellschaftliche Bedeutung speist sich aus ihrer politischen Bedeutungslosigkeit. Vor allem seit der Entscheidung, aus der EU auszutreten.

Bis gestern war das das Übereinkommen. Bis zu dieser Demonstration gegen Rassismus.

Das alles konnte Ray Payne noch nicht wissen, als er am vergangenen Mittwoch im Pub „Prince Harry“ saß mit einer Flasche Wein vor sich. Weil er mit seinem weltweiten Elektronik-Logistik-Geschäft so viel verdient hat, dass er sich zur Ruhe setzen konnte und jetzt halt mittags in einem hellblauen Pullover und mit weißem Pferdeschwänzchen Interviews geben kann. Ein Problem gebe es mit Meghan, sagt er bedeutungsvoll: Sie hat ja schwarzes Blut in ihren Adern. Man stelle sich vor, sie bekommt Kinder, die dunkler sind als sie! Payne schaut, als sei das das dunkle Ende der Monarchie. Man müsse sich nur ihre Mutter anschauen. Es passiert nicht so oft, dass das Königshaus weltanschaulich weiter ist als die Untertanen.

Irgendwo auf der Welt wird auch Trevor Engelson vor dem Bildschirm gesessen haben, Meghans Ex-Mann, mit dem sie zwei Jahre verheiratet war. Und all die Fans der amerikanischen Anwaltsserie „Suits“, die sich vorkommen müssen, als hätten sie sich im Kanal geirrt. Auch ihr Vater Thomas Markle, mit beschädigtem Herzen womöglich in einem Krankenhauszimmer auf der anderen Seite des Atlantiks, er wird Prinz Charles die Meter zum Altar entlangschreiten gesehen haben, die zu gehen ihm selbst gut gestanden hätte. Es ist der Vater, der das Mädchen Meghan – beim Ausfüllen eines Schulformulars, bei dem sie ihre Rasse ankreuzen sollte – geraten hatte, einfach ihr eigenes Kästchen zu machen. Man kann sagen, das ist geschehen.

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