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Schärfere Klimaziele beschlossen: Die Hamburger fordern Schwarz-Rot unter Friedrich Merz heraus
Die Bürger wollen doch mehr Klimaschutz, das zeigt der „Zukunftsentscheid“ in Hamburg. Mehr als in Berlin gedacht. Außerdem soll es schneller gehen. Besser, Schwarz-Rot geht noch einmal in sich.

Stand:
In Hamburg verschärfen sie die Klimaziele, in Berlin verschärft die Koalition nur den Ton, untereinander und gegen diese lange vereinbarten Ziele. Ob das gut geht? Gut fürs Klima im Großen und Ganzen ist es jedenfalls nicht.
Das Signal von Hamburg dagegen – klimaneutral schon 2040 statt 2045 – ist stark. Der Zukunftsentscheid weist weit über die Hansestadt hinaus. Die Bürger, so sie ausreichend aufgeklärt sind über Ziele und Folgen, wollen Klimaschutz. Außerdem wollen sie höhere Geschwindigkeit auf diesem Weg, und zwar höher als in Berlin gedacht.
Auf Bundesebene hat die Klimapolitik nicht mehr die Priorität, die sie zu Zeiten der Ampel hatte. Obwohl die SPD in der Bundesregierung noch dabei ist.
Im Senat in Hamburg sitzt sie aber auch, führt ihn sogar. Da müssen sie es schaffen, vor an mit Sozialdemokraten, in Wirtschaft, Verwaltung, Stadt und Land. Die größte politische Herausforderung.
Eine Stadt als Vorbild fürs ganze Land
Denn Hamburg trägt Verantwortung: als Vorbild. Selbst wenn es eine Stadt ist, die nicht mal eben 50 Kilometer landeinwärts ziehen kann, sondern direkt am Wasser liegt. Sie spürt die Klimaerwärmung mit als erste in diesem Land.
Eine andere Klimapolitik ist möglich. Denn die Folgen, exemplarisch: Für 2040 hatte Hamburg bisher noch einen Ausstoß von 1,8 Millionen Tonnen CO₂ vorgesehen, davon 600.000 Tonnen aus dem Verkehr, 214.000 aus der Industrie. Ein Gutachten sagt: Der Straßenverkehr muss bis dahin vollständig elektrifiziert sein, inklusive Lkw. Keine Verbrenner mehr!
Was dafür alles nötig ist: Geduld. Mut. Durchsetzungswillen. Und neue Technologien. Hamburg setzt darauf.
Stephan-Andreas Casdorff
Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) muss ausgebaut werden, dass fast keine Fahrten mit Pkw mehr unternommen werden. Und wenn höchstens mit Tempo 30. Ohne Verbrenner!
Und weiter: Alle Heizkessel für Öl und Erdgas müssen ersetzt, alte Wohnungen aufgemöbelt werden. Das Erdgasnetz dürfte stillgelegt werden. In der Industrie werden Erdgas und Mineralöl ersetzt werden durch E-Fuels und Wasserstoff.
Was dafür alles nötig ist: Geduld. Mut. Durchsetzungswillen. Und neue Technologien. Hamburg setzt darauf.
Die Klimaneutralität soll gekippt werden
Und bundesweit? Rütteln Koalitionäre an den Klima-Zielen. Debattieren sie über das Verbrenner-Verbot für die Auto-Industrie. Wollen immer mehr konservative Landeschefs mehr Zugeständnisse an die Wirtschaft machen.
In dieser Phalanx wird auf eine „industriepolitische Offensive zur Stärkung von zukunftsträchtigen Schlüsseltechnologien wie saubere Verbrenner, E-Fuels, Batteriezellen, Wasserstoff und laserbasierte Kernfusion“ gesetzt. So sagt es Boris Rhein, Hessens Ministerpräsident, in „Bild“. Aber das Ziel ist ein anderes: die Klimaneutralität in Deutschland bis 2045 mit null Treibhausgas-Emissionen zu kippen.
Die Konservativen fallen im Anspruch zurück
100 Prozent CO₂-Reduzierung – was Hamburg sich vornimmt, ist für die Konservativen unter den Länderchefs kein Ansporn. Im Gegenteil, sie fallen zurück.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder plädiert immerhin noch für einen neuen Ansatz: „Wir müssen uns eher einen anderen Weg überlegen.“ Der CSU-Chef will die CO₂-Belastung über CCS – Abscheidung und Speicherung von CO₂ – vermeiden. Um doch etwas fürs Klima zu tun und, wie er es sieht, zugleich die Industrie zu schützen. Was aber dauern kann.
Dabei wissen alle, wie wichtig Planungssicherheit ist. Die Debatte über Verbrennerverbote ist in diesem Sinne exemplarisch. Die Emissionsziele im Verkehr werden ja bereits jetzt verfehlt; Milliarden an Strafen der EU könnten folgen. Und das Datum in diesem Fall – 2035 – ist ein gemeinschaftlicher Plan.
Genauso wenig, wie das Datum 2045 willkürlich gewählt war. Und 2040 von den Hamburgern. Denn die Hamburger fordern Schwarz-Rot unter Friedrich Merz heraus, sich noch einmal neu zu orientieren. Am besten an den Sozialdemokraten. Besser fürs Klima wäre es.
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