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Karel Schwarzenberg: Schlossherr ohne Schloss

Wie Tschechiens Außenminister Schwarzenberg seine Kollegen mit der eigenen Familiengeschichte in Berührung brachte.

Für zwei Tage hat Karel Schwarzenberg eine Rolle gespielt, die ihm zwar durch Geburt, aber nicht durch sein Schicksal zugedacht war: Am Wochenende empfing der tschechische Außenminister seine europäischen Amtskollegen auf Schloss Hluboká an der Moldau. Wenn die Geschichte Europas im vergangenen Jahrhundert nicht diese krummen Wege voll tiefer Brüche gegangen wäre, dann hätte Karel Schwarzenberg, vor 71 Jahren als Karl Johannes Nepomuk Josef Friedrich Antonius Wratilaw Mena von Schwarzenberg geboren, seine Besucher als legitimer fürstlicher Hausherr auf seinem Stammsitz Frauenberg begrüßen können. Das neugotische Bauwerk in der Nähe des südböhmischen Budweis war nämlich seit 1661 im Besitz der Hauptlinie der Schwarzenbergs.

Im 20. Jahrhundert wurde die fürstliche Familie jedoch Opfer von Politik und Verfolgung, Raub und Enteignung. Nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch Hitlers Wehrmacht musste Karels Onkel, Fürst Adolph zu Schwarzenberg, ein entschiedener Gegner der Nazis, vor der Gestapo nach Italien und dann in die USA fliehen. 1940 wurde das ganze Vermögen der fürstlichen Familie vom deutschen Besatzungsregime konfisziert, der Adoptivsohn des Fürsten, Prinz Heinrich zu Schwarzenberg, von der Gestapo verhaftet und im Konzentrationslager Buchenwald interniert. Er überlebte das KZ. Doch als er nach der Befreiung in seine Heimat zurück wollte, verweigerte ihm die neue Regierung in Prag die Rückkehr. Dem Fürsten ging es nicht besser. Dass beide Schwarzenbergs prominente Gegner der Nazis gewesen waren, nützte ihnen wenig. Noch vor der gewaltsamen Machtübernahme der Kommunisten erließ die Prager Regierung das „Lex Schwarzenberg“, ein Sondergesetz, das die Fürstenfamilie ein zweites Mal enteignete – der Besitz ging direkt aus den Händen des Nazi-Protektorats Böhmen und Mähren in die Hände des „Landes Böhmen“. Fürst Adolph zu Schwarzenberg starb 1950 im Exil. Da auch dessen Adoptivsohn Heinrich ohne männliche Erben blieb, adoptierte er Karl Johannes Nepomuk, der aus einer Nebenlinie des Hauses Schwarzenberg stammt. Testamentarisch wurde Karl zum Universalerben der Fürstenfamilie. Der in Wien lebende Erbe wurde im Vermächtnis dazu verpflichtet, sich für die Rückgabe des Familienbesitzes einzusetzen.

Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus 1989 schlug die Stunde der Opfer von Verfolgung und Enteignung. Der fürstliche Erbe kehrte ins Land seiner Väter zurück. Karel Schwarzenberg, der im Exil unter großem Einsatz die tschechischen Dissidenten unterstützt hatte, besaß das Vertrauen von Präsident Vaclav Havel und wurde dessen Berater und Kabinettschef. Der Spätheimkehrer fürstlichen Geblüts bekam nach den Regeln des neuen Restitutionsgesetzes zwar Wälder und Felder und auch ein Schlösschen zurück. Er verzichtete aber darauf, die Rückgabe des Stammsitzes Frauenberg zu fordern, der mehr als drei Jahrhunderte im Besitz der Familie war.

Dieser Verzicht lässt sich durchaus verstehen: Renovierung und Erhalt des Anwesens sind nämlich eine millionenschwere Bürde. Der Staat hat das Schloss inzwischen zwar restauriert, so dass es in alter Pracht strahlt. Aber innen war es, so berichten Diplomaten aus dem Tross der Minister, am Wochenende ziemlich ungemütlich. Das alte Gemäuer lässt sich nämlich allenfalls auf 16 Grad erwärmen – trotz Heizung aus dem 20. Jahrhundert.

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