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Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas (l.) beim Treffen mit Kanzler Olaf Scholz.

© AFP/Jens Schlüter

Holocaust-Aussage im Kanzleramt: Scholz hätte reagieren müssen, stattdessen gab er Abbas auch noch die Hand

Palästinenser-Chef Abbas wirft Israel im Kanzleramt einen „Holocaust“ vor. Dass Scholz nicht direkt und scharf darauf reagiert, ist unfassbar. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Also: Der Kanzler hat Besuch. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ist da. Seit 17 Jahren PLO-Chef, Oberhaupt über weite Teile des Gebiets im Nahen Osten. Der 87-Jährige provoziert auf der Pressekonferenz einen Eklat. Doch der bleibt aus - weOil Olaf Scholz, der neben Abbas steht, schweigt.

In der Pressekonferenz sagt Abbas, zum Olympia-Attentat von München vor 50 Jahren gefragt: Seit 1947 bis zum heutigen Tag habe Israel „50 Massaker in 50 palästinischen Dörfern und Städten, 50 Massaker, 50 Holocausts“ verübt. Das ist antisemitisch, ist Kleinreden des Holocaust, eine Relativierung des systematischen Massenmordes der Nazis an mehr als sechs Millionen Juden. Und bleibt unwidersprochen.

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Wie das? Ein solcher Satz im Kanzleramt, bisher dort noch nie gehört – und der Kanzler schweigt?

Regierungssprecher Steffen Hebestreit schließt die Pressekonferenz, bedankt sich für die Anwesenheit, wünscht einen guten Heimweg – und Scholz folgt. Legt missmutig blickend seinen Kopfhörer ab. Gibt Abbas die Hand, geht. Ohne ein weiteres Wort.

Sehen Sie hier die Pressekonferenz im Video:

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Scholz' Distanzierung zur Holocaust-Aussage kommt zu spät

Die Distanzierung kommt später, auf Anfrage von „Bild“. Vorher nicht. So lange steht die Holocaust-Relativierung im Raum.

Eine Regierungssprecherin teilt dann zu dem Vorfall mit: „Bevor der Kanzler diesem ungeheuerlichen Satz widersprechen konnte, hatte der Regierungssprecher die Pressekonferenz schon – wie üblich nach dem letzten Frage/Antwort-Block abmoderiert – was Scholz sichtlich verärgerte. Daraufhin teilte der Regierungssprecher den noch anwesenden Journalisten, denen die Verärgerung des Kanzlers nicht entgangen war, mit, wie empört der Kanzler über die Aussage war und auch darüber, dass er keine Gelegenheit hatte, ein weiteres Mal offen zu widersprechen.“

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Ein Affront – gegenüber dem Regierungssprecher. Der soll es jetzt gewesen sein? Ja, später erklärt der Kanzler: „Gerade für uns Deutsche ist jegliche Relativierung des Holocaust unerträglich und inakzeptabel.“ Zu spät. Abbas ist schon weg. Diese Worte hat er nicht gehört, nicht als er Gast im Kanzleramt war.

„Die ekelhafteste Rede, die je im Bundeskanzleramt zu hören war“

Scholz und Abbas – der Kanzler hätte in diesem Moment reagieren müssen. Stattdessen weiter im Programm. Automatisch gibt er Abbas auch noch die Hand! Seine Reaktion: nur zeitverzögert, nicht besonnen.

Was Abbas hätte hören sollen: Einen von Israel verübten Völkermord an den Palästinensern gibt es nicht. Dass deren greiser Präsident bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und Israelis in Dörfern und Städten mit dem systematischen Mord an Millionen Juden gleichsetzt, ist unhaltbar, unfassbar. Welche eine Provokation. In Berlin.

Der Vorfall wird lange nachwirken. Denn es ist, wie der Christdemokrat Armin Laschet sagt, der als Kanzlerkandidat gegen Scholz angetreten war: „Der PLO-Führer hätte Sympathien gewonnen, wenn er sich für den Terroranschlag auf israelische Sportler bei den Olympischen Spielen 1972 in München entschuldigt hätte. Israel stattdessen ,50 Holocausts‘ vorzuwerfen, ist die ekelhafteste Rede, die je im Bundeskanzleramt zu hören war.“

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