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Politik: Schröder setzt sich unter Zeitdruck

Nach dem Scheitern des Bündnisses für Arbeit kündigt der Kanzler Reformen im Alleingang an

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Berlin. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) will nach dem Scheitern des Bündnisses für Arbeit die anstehenden Reformen auch ohne Zustimmung von Wirtschaft und Gewerkschaften durchsetzen. „Wir stehen unter Zeitdruck“, sagte Kanzleramtschef Steinmeier am Dienstag. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnte die Bundesregierung vorsorglich vor Eingriffen in die betriebliche Mitbestimmung. Wer dieses Thema antaste, mache sich die Gewerkschaften „zum Feind“, sagte DGB-Chef Sommer. Arbeitgeber und Arbeitnehmer schoben sich gegenseitig die Schuld für das Misslingen der Gespräche zu.

Von Cordula Eubel

und Antje Sirleschtov

Die Bundesregierung wolle am 14. März „den gordischen Knoten zerschlagen“, kündigte Steinmeier an. In der für diesen Tag geplanten Regierunsgerklärung werde der Kanzler die Reformagenda vorstellen. Schröder sei „nicht geneigt“, weiter auf den Rat der Interessengruppen zu hören.

Am späten Montagabend waren die Gespräche für eine Neuauflage des Bündnisses zwischen Kanzler, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden gescheitert. Am Tag danach attackierten Sommer und IG-Metall-Chef Zwickel die Arbeitgeber. Sie seien nicht zu einer einzigen konkreten Zusage bereit gewesen. „Die Basis für ein neues Bündnis für Arbeit war zu schmal“, sagte Sommer. Industrieverbands-Chef Rogowski und Arbeitgeberpräsident Hundt machten die Gewerkschaften und ihre starre Haltung verantwortlich. Handwerks-Präsident Philipp sieht die Schuld beim Bundeskanzler: Schröder habe durch seine fordernde Gesprächsführung dafür gesorgt, dass die Sache gescheitert sei. Ähnlich äußerte sich Verdi-Chef Bsirske. Das von der Regierung geplante Kreditprogramm für Städte und Gemeinden lehnte er ab, weil die Kommunen bereits so pleite seien, dass sie keine Kredite mehr aufnehmen dürften. Stattdessen forderte Bsirske ein Konjunkturprogramm mit einem Volumen von 20 Milliarden Euro. „Das bringt ein Prozent Wachstum und 500 000 Arbeitsplätze“, sagte Bsirske dem Tagesspiegel. Er bekundete die Bereitschaft zu weiteren Gesprächen: „Angesichts von 4,6 Millionen Arbeitslosen würde niemand dafür Verständnis haben, wenn wir jetzt nicht mehr miteinander reden.“

Hundt sagte, er erwarte von Schröder einen „großen Wurf“. Der Kanzler habe angekündigt, drastische Einschnitte würden zu „Heulen, Zähne- und Säbelklappern“ führen. Wie aus Regierungskreisen verlautete, plant das Bundeswirtschaftsministerium erhebliche Kürzungen bei der Arbeitslosenhilfe. Ein großer Teil der Langzeitarbeitslosen soll danach künftig nur noch Leistungen in Höhe der Sozialhilfe erhalten.

Kommunen, Handwerkern und Privathaushalten will die Bundesregierung mit billigen Krediten unter die Arme greifen. Nach Informationen des Tagesspiegels soll ein solches Programm 250 Millionen Euro kosten und Investitionen von zehn bis 15 Milliarden Euro auslösen. Ein milliardenschweres Konjunkturprogramm lehnt Rot-Grün ab, weil dafür die Neuverschuldung ausgeweitet werden müsste. Man wolle nicht riskieren, die Maastricht-Kriterien erneut zu verfehlen, hieß es in Regierungskreisen.

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