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Das Azovstal-Stahlwerk in Mariupol.

© Stringer/AFP

Selenskyj lobt „übermenschliche Stärke“ seiner Truppen: Azovstal unter schwerem Beschuss, Russland lehnt Abzug ab – was in der Nacht geschah

Den letzten ukrainischen Verteidigern in Azovstal droht ein schweres Schicksal. Und die Regierung in Kiew erhält neue Milliarden-Hilfen aus den USA.

Die im Stahlwerk von Mariupol eingeschlossenen ukrainischen Soldaten dürfen das Gelände nach dem Willen der russischen Belagerer nicht verlassen. Das russische Militär habe jeden Vorschlag zum unbehinderten Abzug der belagerten Kämpfer aus dem Werk Azovstal abgelehnt, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj nach Angaben der „Ukrajinska Prawda“.

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Der Staatschef lobte unterdessen die „übermenschliche Stärke“ der ukrainischen Truppen nach Erfolgen bei Charkiw, warnte aber zugleich davor, deswegen „übermäßige Emotionen“ aufkommen zu lassen.

„Die Verteidiger Mariupols bleiben dort, sie setzen den Widerstand auf dem Gelände von Azovstal fort“, sagte Selenskyj. Kiew bemühe weiterhin alle zur Verfügung stehenden diplomatischen Möglichkeiten, um die Rettung der Soldaten zu ermöglichen. Russland besteht auf der Kapitulation der Azovstal-Verteidiger.

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Selenskyj hatte zuvor erklärt, dass die Ukraine gegenwärtig nicht über die schweren Waffen verfüge, die für einen erfolgreichen Vorstoß zur Befreiung von Mariupol nötig wären.

Der ukrainische Präsident Selenskyj während einer Videobotschaft am Dienstag.
Der ukrainische Präsident Selenskyj während einer Videobotschaft am Dienstag.

© Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa

Am Dienstag berichteten die Verteidiger über schweren Beschuss durch russische Truppen. Die ganze Nacht lang sei das Gelände aus der Luft angegriffen worden, sagte der Vizekommandeur des Asow-Regiments, Swjatoslaw Palamar, der „Ukrajinska Prawda“. Es gebe viele Schwerverletzte. Sie müssten dringend in Sicherheit gebracht werden.

Zuletzt wurden von dem Gelände unter Vermittlung der UN und des Roten Kreuzes mehrere hundert Zivilisten evakuiert. Entgegen jüngster Berichte über die vollständige Evakuierung aller Zivilisten aus dem Mariupoler Werk erklärte der regionale Verwaltungschef Pawlo Kyrylenko am Montagabend, es seien doch noch 100 Menschen dort, die keine Kämpfer seien.

Selenskyj lobt „übermenschliche Stärke“ ukrainischer Truppen

Der ukrainische Staatspräsident lobte zudem Mut und Opferbereitschaft der Truppen seines Landes im Kampf gegen die russische Armee. „Ich bin all unseren Beschützern dankbar, die sich verteidigen und wirklich übermenschliche Stärke zeigen, um die Armee der Eindringlinge zu vertreiben“, sagte Selenskyj am Dienstagabend in seiner täglichen Videoansprache. Und das im Kampf gegen die „einst zweitstärkste Armee der Welt“.

Trotz weiterer Erfolge an verschiedenen Fronten wollte Selenskyj keine Euphorie und „übermäßige Emotionen“ aufkommen lassen. „Es ist nicht notwendig, eine Atmosphäre spezifischen moralischen Drucks zu schaffen, wenn bestimmte Siege wöchentlich und sogar täglich erwartet werden“, warnte er.

Der ukrainische Präsident bezog sich dabei auf Erfolgsmeldungen seines Generalstabs, der am Dienstag über Geländegewinne in der Umgebung der ostukrainischen Großstadt Charkiw berichtete. Die Besatzer würden „nach und nach“ aus der Region vertrieben.

Nach Darstellung des ukrainischen Militärs wurden mehrere Ortschaften zurückerobert. Die Angaben konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

[Aktuelle Entwicklungen im Ukraine-Krieg können Sie hier in unserem Newsblog verfolgen.]

„Die Streitkräfte der Ukraine tun alles, um unser Land und unser Volk zu befreien“, sagte Selenskyj. „Alle unsere Städte werden befreit - Cherson, Melitopol, Berdjansk, Mariupol und alle anderen.“

US-Repräsentantenhaus verabschiedet Milliarden-Hilfspaket

Das Repräsentantenhaus in Washington hat ein von US-Präsident Joe Biden beantragtes Hilfspaket für die Ukraine um Milliarden Dollar aufgestockt und mit großer Mehrheit verabschiedet.

In der Parlamentskammer stimmten am Dienstagabend (Ortszeit) 368 Abgeordnete sowohl von Bidens Demokraten als auch der oppositionellen Republikaner für den Gesetzesentwurf. Die 57 Gegenstimmen kamen aus den Reihen der Republikaner. Das Paket umfasst ein Volumen von fast 40 Milliarden Dollar (38 Milliarden Euro). Der Senat muss noch zustimmen.

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Biden hatte den Kongress um 33 Milliarden Dollar gebeten. In dem nun aufgestockten Paket entfällt rund die Hälfte der Gesamtsumme auf den Verteidigungsbereich.

Die US-Regierung hatte zuvor schon mehrere große Pakete zur Unterstützung der Ukraine auf den Weg gebracht. Seit Kriegsbeginn Ende Februar sagten die USA der ehemaligen Sowjetrepublik allein Waffen und Munition im Wert von mehr als 3,7 Milliarden US-Dollar (rund 3,5 Milliarden Euro) zu oder lieferten auch schon.

Amnesty-Generalsekretärin spricht von Putin-Hass gegen Ukrainer

In der russischen Führung um Präsident Wladimir Putin herrscht nach Ansicht der Generalsekretärin der Menschenrechtsorganisation Amnesty International ein „Hass“ gegen alle Ukrainer.

„Es gibt Aussagen, Kommentare und Auftritte Putins und anderer russischer Führer, die zeigen, wie sie das Volk der Ukrainer ignorieren und hassen, in denen sie reden, als ob die Ukraine nicht existiert“, sagte Agnès Callamard am Dienstag im ukrainischen Fernsehen. „Und genau diese Aussagen werden wir als Teil der Beweisführung nutzen, wenn wir die Frage des Völkermords erörtern.“

Es gebe zwar keine Beweise dafür, dass die Militärführung von den Soldaten Folter oder Mord verlange. „Aber wir haben Beweise dafür, dass die Führung diese Verbrechen nicht stoppt. Also wiederholen sie sich immer und immer wieder“, sagte die Amnesty-Generalsekretärin laut der Agentur Unian.

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Die Aufgabe von Amnesty in diesem Krieg sei, der Welt Informationen über Ausmaß und Art der von russischen Truppen begangenen Verbrechen in der Ukraine zu beschaffen.

Callamard hatte in den vergangenen Tagen mit einer Delegation die Vororte von Kiew besucht, in denen Dutzende von Zivilisten Opfer russischer Gewalt wurden.

Mehrere Opfer bei Beschuss von Saporischschja

Bei neuen russischen Angriffen in der Umgebung der südostukrainischen Stadt Saporischschja sind am Dienstagabend mindestens ein Mensch getötet und acht weitere verletzt worden.

[Der Ukraine-Krieg und Berlin - immer wieder Thema in den bezirklichen Newslettern vom Tagesspiegel, kostenlos bestellen unter leute.tagesspiegel.de]

Nach Angaben der Regionalverwaltung seien vor allem Wohngebäude in Orechowo getroffen worden, berichtete die „Ukrajinska Prawda“. Wegen der Intensität des Beschusses sei vorübergehend die Zustellung humanitärer Hilfe in den Ort unterbrochen worden. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Das wird heute wichtig

Ukrainische Soldaten werden ab diesem Mittwoch in Deutschland an der Panzerhaubitze 2000 ausgebildet. Die künftigen Besatzungen des Waffensystems und technische Fachleute sollen in die Ausbildung an der Artillerieschule der Bundeswehr in Idar-Oberstein eingewiesen werden, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen in Berlin erfuhr.

Bundesligist Borussia Mönchengladbach empfängt die ukrainische Fußball-Nationalmannschaft am Abend zu einem besonderen Benefizspiel. (dpa)

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