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Rassismus häufigstes Motiv: Deutlich mehr rechtsmotivierte Gewalt in Sachsen
In Sachsen ist die Zahl der rechtsmotivierten Gewalttaten im vergangenen Jahr um 32 Prozent gestiegen. Beratungsstellen sprechen von „organisierten neonazistischen Strukturen“.
Stand:
Opferberatungsstellen in Sachsen verzeichnen für 2024 einen deutlichen Anstieg rechtsmotivierter Gewalt. Die Zahl sei im vergangenen Jahr auf 328 Gewalttaten angestiegen, sagte die Projektleiterin der Opferberatung Support des Vereins RAA Sachsen, Andrea Hübler, am Dienstag in Dresden.
Sie bezifferte den Anstieg im Vergleich zum Vorjahr auf 32 Prozent. Der Statistik zufolge waren mindestens 446 Menschen von rechtsmotivierten und rassistischen Angriffen direkt betroffen.
Laut Hübler ist ein flächendeckender Anstieg zu verzeichnen. Allerdings gebe es nach wie vor Schwerpunktregionen in den Großstädten Chemnitz, Dresden und Leipzig sowie in den Landkreisen Görlitz, Bautzen, Leipzig und Zwickau. Bei den Angriffen handelte es sich laut RAA Sachsen überwiegend um Körperverletzungsdelikte und um Nötigungen oder Bedrohungen. 2023 waren 248 Angriffe und 380 Betroffene registriert worden.
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Das häufigste Tatmotiv sei weiterhin Rassismus, sagte Hübler. Eine deutliche Zunahme gab es bei Angriffen auf politische Gegnerinnen und Gegner. Antisemitisch motivierte Gewalttaten habe es in drei Fällen gegeben. Zwei Angriffe waren Hübler zufolge mutmaßlich sozialdarwinistisch motiviert. Es handele sich um versuchte Tötungen von Wohnungslosen, hieß es. In 44 Fällen blieb das konkrete Tatmotiv unklar.
Drastische Anstiege in Landkreisen Meißen und Mittelsachsen
Drastische Anstiege von Gewalttaten sind laut RAA-Statistik in den Landkreisen Meißen und Mittelsachsen zu verzeichnen. Ein Rückgang der Angriffszahlen sei in diesem Jahr in keinem Landkreis festzustellen, sagte Hübler. Das sächsische Innenministerium hatte für 2024 einen Anstieg von 75 auf 124 rechtsmotivierte Gewalttaten verzeichnet. Ein Grund für die deutliche Differenz zu den RAA-Zahlen sei unter anderem, dass nicht alle Fälle zur Anzeige kämen, die Betroffenen aber eine Beratung in Anspruch nähmen.
„In Sachsen sind wir wieder mit organisierten neonazistischen Strukturen konfrontiert“, sagte Hübler. Es gebe neue Jugend-Kameradschaften mit verschiedensten Bezeichnungen. Sie träten bei Demonstrationen und Mobilisierungen, aber auch im Alltag, selbstbewusst und aggressiv auf.
Auch rechtsmotivierte Bedrohungen hätten erneut zugenommen, hieß es. Betroffene sollen laut RAA Sachsen eingeschüchtert und verdrängt werden. Als Beispiel nannte Hübler unter anderem einen Fall in Meißen. Dort seien eine Molotowcocktail-Attrappe, eine Kerze mit Hakenkreuz und ein Zettel mit einer rassistischen Drohung gegen Muslime und Menschen aus der Ukraine vor einem Büro der Diakonie platziert worden.
Sachsens Demokratieministerin Petra Köpping (SPD) erklärte, fast jeden Tag gebe es rassistische Gewalt in Sachsen. Insbesondere die Angriffe auf Wahlkampfhelferinnen und Wahlkampfhelfer sowie politische Mandatsträgerinnen und Mandatsträger seien „ein gezielter Angriff auf das Herz der Demokratie“. Alarmieren müsse zudem die gewachsene Reorganisation rechtsextremistischer Strukturen, deren Gruppierungen vor allem junge Menschen gezielt rekrutierten.
Die Fachberatungsstelle Support für Betroffene rechter Gewalt des Vereins RAA Sachsen hat 2024 nach eigenen Angaben in 397 Fällen beratend und unterstützend zur Seite gestanden. (epd)
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