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Politik: So bleibt’s

Auch Stoiber stimmt der Regelung für geduldete Ausländer zu – nur Niedersachsen murrt

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Berlin - Endlich sind sich alle einig. Fast alle. Nur ein letzter Rufer mag nach mehr als einem Jahr höchst streitbarer Verhandlungen immer noch nicht einfach Ja sagen: Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hat die in der Nacht zum Dienstag von der großen Koalition erzielte Einigung zum Bleiberecht für langjährig geduldete Ausländer kritisiert. Die Lösung sei unbefriedigend, sagte Wulff.

Niedersachsen wählt im kommenden Januar. Auf diesen Umstand weist nicht etwa ein Sozialdemokrat hin, der sich über Wulffs fortbestehende Trotzhaltung ärgert. Ein Parteifreund Wulffs ist es, der unter der Hand grummelt: „Die wollen einfach keine Einigung. Die wollen das Thema im Wahlkampf halten.“ „Die“, das sind Bayern, Hessen und Niedersachsen, unionsgeführte Länder mit Landtagswahlen im Jahr 2008. Und auf „die“ sind einige Unionspolitiker, die Ende 2006 mit der SPD längst einen Kompromiss zum Bleiberecht ausgehandelt hatten, nicht besonders gut zu sprechen. Ihnen sei es zu verdanken, dass bis dato noch kein Gesetzentwurf vorliege – und damit auch alle anderen Veränderungen beim Zuwanderungs- und Aufenthaltsrecht, über die ja parallel verhandelt wurde, stockten.

Montagnacht wurde nun – auch ohne Wulffs Ja – nach erneuter dreieinhalbstündiger Sitzung eine Vereinbarung erzielt, die auch der CSU-Chef und noch amtierende bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber mitträgt: Der Kompromiss, der zwischen CDU und SPD bereits in der vergangenen Woche im Koalitionsausschuss konsensual war, aber von Stoiber blockiert wurde, bleibt. Er ist allerdings an einer Stelle verändert: Die Sozialleistungen für bisher nur geduldete Ausländer sollen jetzt nicht steigen. Für diejenigen, die ihren Lebensunterhalt nicht mit eigener Arbeit finanzieren, gilt der um etwa 30 Prozent reduzierte Sozialhilfesatz. Die Länder können außerdem die Sozialleistung als Sachleistung gewähren und die Menschen in Gruppenunterkünften unterbringen. Außerdem wird es Abstriche, etwa beim Elterngeld, geben.

Die Formel soll nun noch vor Ostern ins Bundeskabinett. Welchen Einfluss die Länder auf einen entsprechenden Gesetzentwurf noch nehmen können, ist offenbar noch nicht zu Ende geprüft. Insbesondere am Widerstand der Länder waren die schon im vergangenen Jahr letztgültig scheinenden Kompromisse zum Thema gescheitert. Lediglich die Konferenz der Innenminister hatte sich im November auf eine deutlich restriktivere Regelung geeinigt, die aber keinen neuen Aufenthaltsstatus für die Geduldeten vorsah.

Jetzt wird ein neuer Status erfunden: Das Aufenthaltsrecht auf Probe. Wer in Deutschland seit sechs Jahren (mit Kindern) oder acht Jahren (alleinstehend) integriert lebt, weder straffällig geworden ist noch als Extremist gilt, erhält das Aufenthaltsrecht für zwei Jahre – wenn er entweder in der verbleibenden Zeit bis Ende 2009 überwiegend gearbeitet hat oder wenigstens die letzten neun Monate 2009 in Lohn und Brot stand.

Im ausländerpolitischen Paket mitvereinbart wurden ein Mindestalter von 18 Jahren und einfache Deutschkenntnisse für den Ehegattennachzug, Sanktionen für Integrationsverweigerer und als sicherheitspolitisches Element neue Ausweisungstatbestände (etwa für Väter, die ihre Töchter in eine Zwangsehe drängen) und strengere Einladerbestimmungen.

Stoiber zeigte sich „sehr zufrieden“ mit dem Kompromiss. „Es gilt der Grundsatz: Keine höheren Sozialleistungen für Ausländerinnen und Ausländer ohne Arbeit.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte die Einigung. Damit seien „sehr hilfreiche Regelungen gefunden worden“. Der schleswig-holsteinische Innenminister Ralf Stegner (SPD) sagte, der Kompromiss diene vor allem „zur Gesichtswahrung der bayerischen Position“.

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