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Gemeinsame Sache. CSU-Chef Markus Söder (links) und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz.

© dpa/Karl-Josef Hildenbrand

CSU-Chef als Pro-Europäer: Markus Söder will bloß keinen Stress mit der CDU

Der bayrische Ministerpräsident unterstützt das Spitzenkandidaten-Prinzip auf europäischer Ebene – und stellt sich damit gegen einen Parteikollegen. Dahinter steckt auch Taktik.

CSU-Chef Markus Söder hat klar Position bezogen – gegen den Landesgruppenchef der Christsozialen, Alexander Dobrindt. Anders als Dobrindt befürwortete der bayerische Ministerpräsident das Spitzenkandidaten-Prinzip für die Europawahl 2024.

Wenn sie wolle, sei die amtierende EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen eine „geborene Spitzenkandidatin“, sagte Söder bei einem Parteitag der Europäischen Volkspartei (EVP) in München.

Dobrindt hatte dagegen erklärt, dass das Spitzenkandidaten-Konzept nicht zum Erfolg führe, „sondern zu Irritationen wie beim letzten Mal, als Manfred Weber (CSU) Spitzenkandidat war und Ursula von der Leyen (CDU) Kommissionspräsidentin geworden ist“.

Söder wiederum stellte sich mit seiner Festlegung zugunsten des Spitzenkandidaten-Prinzips auf die Seite seines innerparteilichen Rivalen Weber, der Vorsitzender der EVP ist und zugleich als CSU-Vize fungiert. Die Positionierung des CSU-Chefs wurde in Brüssel, wo die Vorbereitungen für den Europawahlkampf bereits laufen, positiv aufgenommen.

Ist Söder damit nun ein glühender Pro-Europäer? Fest steht, dass Bayerns Ministerpräsident schon bei der letzten Europawahl das Spitzenkandidaten-Prinzip unterstützte. 2019 war Weber der Frontmann der EVP gewesen, scheiterte aber letztlich am Widerstand des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und wegen der fehlenden Unterstützung im EU-Parlament.

Das Spitzenkandidaten-Modell gilt bei seinen Befürwortern als eine Möglichkeit, den Kommissionspräsidenten oder die -präsidentin demokratisch zu legitimieren.

Allerdings gibt es auch Äußerungen von Söder aus der Vergangenheit, in denen er sich weniger freundlich über die EU äußerte. Im Juni 2015, noch vor Beginn der damaligen Flüchtlingskrise, forderte er als seinerzeitiger bayerischer Finanzminister eine „Auszeit“ Deutschlands vom Schengen-Abkommen, das den kontrollfreien Grenzübertritt zwischen den zugehörigen Mitgliedstaaten garantiert.

Bei Markus Söder eine Prognose abzugeben, was er heute in einem Jahr inhaltlich vertreten wird, ist nicht einfach.

Dennis Radtke, CDU-Europaabgeordneter

Die Freizügigkeit hatte Söders CSU früher auch schon einmal aufs Korn genommen, als die Christsozialen unter dem Motto „Wer betrügt, der fliegt“ bei einer Klausur in Kreuth 2014 einen schärferen Kurs gegen Armutsmigranten aus anderen EU-Staaten beschlossen. Und schließlich ist da noch die Pkw-Maut für Ausländer – jener gescheiterte Vorstoß der Bundesregierung unter der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU), der auf die Initiative der CSU zurückgegangen war.

2019 stellte sich Söder hinter den damaligen unter Druck geratenen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) mit den Worten: „Er kann nun wirklich nichts dafür, dass der Europäische Gerichtshof anders entschieden hat als alle anderen europäischen Institutionen.“ Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof die Pkw-Maut gekippt.

In der aktuellen Diskussion um das Spitzenkandidaten-Prinzip geht es allerdings nicht nur um die CSU allein. Für Söder ist die Lage vor allem deshalb kompliziert, weil sich CDU-Chef Friedrich Merz stark für eine zweite Amtszeit von Ursula von der Leyen einsetzt. Über ein zweites Mandat könnte dann bei der Europawahl in einem Jahr entschieden werden.

„Söder will keinen Stress haben mit der CDU“, sagt ein Christsozialer, der die beteiligten Akteure gut kennt. „Wenn das Spitzenkandidaten-Prinzip diesmal zum Erfolg führt, dann kann sich das auch Söder anschließend an die Fahne heften.“

„Bei Markus Söder eine Prognose abzugeben, was er heute in einem Jahr inhaltlich vertreten wird, ist nicht einfach“, sagt der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke. „Wir werden als Union nur erfolgreich sein im Europawahlkampf, wenn wir uns geschlossen und pro-europäisch präsentieren“, lautet seine Überzeugung.

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