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War Verteidigungsminister und kämpfte als Kanzler für die Nachrüstung: Helmut Schmidt, der nach Ansicht von Wolfgang Ischinger mit der SPD von heute sehr unzufrieden wäre.

© DPA

SPD-Außen- und Sicherheitspolitik: "Helmut Schmidt dreht sich im Grabe um"

Deutschland soll seiner Verantwortung in der Welt gerecht werden, wird seit Jahren versprochen. Wichtige Sozialdemokraten aber setzen Akzente gegen den Regierungskurs.   

Von Hans Monath

Führende SPD-Politiker gehen auf Distanz zum sozialdemokratischen Regierungskurs in der Außen- und Sicherheitspolitik. Fraktionschef Rolf Mützenich griff in der Haushaltsdebatte am Mittwoch Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) an, kritisierte damit aber indirekt auch die SPD-Bundesminister. Es sei bedauerlich, dass die Ministerin „alleine auf militärische Stärke und Abschreckung“ setzen wolle, sagte Mützenich und fügte hinzu: „Bis hinein ins chinesische Meer“. Dies sei eine „vollkommen falsche Herangehensweise“.

Der Vorwurf trifft auch die SPD-Minister. Die Bundesregierung hatte mir ihrer Zustimmung in diesem Jahr Indo-Pazifik-Leitlinien verabschiedet, welche die Bedeutung dieser Region betonen und militärische deutsche Präsenz im Interesse offener Seewege ermöglichen. Die Verteidigungsministerin hatte daraufhin kürzlich angekündigt, im kommenden Jahr eine deutsche Fregatte in diesen Raum zu schicken.

Jahrelang wurde über Drohnen debattiert, dem SPD-Chef reicht das nicht

Mützenich kritisierte Kramp-Karrenbauers Eintreten für höhere Rüstungsausgaben. „Sie sollten nicht immer wieder das Zwei-Prozent-Ziel bedienen“, forderte er. Die Nato-Staaten hatten sich auf das Ziel verständigt, ihre Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts zu steigern, was Deutschland jedoch seit Jahren deutlich verfehlt. Auch die SPD-Minister Olaf Scholz (Finanzen) und Heiko Maas (Außen) befürworten höhere Ausgaben in Richtung dieses Ziels.

Chinesischer Flugzeugträger bei einer Übung. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich ist gegen eine militärische Präsenz Deutschlands im Indo-Pazifik -  und stellt sich damit gegen die eigene Bundesregierung.
Chinesischer Flugzeugträger bei einer Übung. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich ist gegen eine militärische Präsenz Deutschlands im Indo-Pazifik -  und stellt sich damit gegen die eigene Bundesregierung.

© AFP

Anfang der Woche hatte sich SPD-Parteichef Norbert Walter-Borjans gegen die Entscheidung von Fachpolitikern der Fraktion gestellt, den Einsatz bewaffneter Drohnen zum Schutz der Bundeswehr zuzulassen. Nach jahrelanger Debatte zwischen Union und SPD zum Thema hatte Fraktionsvize Gabriela Heinrich im Sommer erklärt, die SPD sei bereit, deren Einsatz unter strengen Bedingungen zuzustimmen. Walter-Borjans sagte dagegen der „Süddeutschen Zeitung“, die bisherige Debatte sei „nicht ausreichend“. Er fügte hinzu: „Die Grenze zwischen der Verteidigung von Leib und Leben unserer Soldaten und Töten per Joystick ist hauchdünn.“

SPD-Außen- und Sicherheitspolitiker zeigten sich bestürzt durch den überraschenden Vorstoß, der ihre jahrelangen Bemühungen um klare Regeln für Makulatur erklärt - und ihre Entscheidung für falsch.

Union und FDP warfen dem SPD-Chef daraufhin Verrat an den Soldaten vor. Bundeswehr-Generalinspekteur Eberhard Zorn erklärte, die bewaffneten Drohnen seien zum Schutz der eigenen Soldaten bei Auslandseinsätzen dringend notwendig. Der SPD-Verteidigungsexperte Fritz Felgentreu wandte sich auf Twitter gegen die Argumentation seines Parteichefs und deutete an, es gehe diesem um eine Verschiebung der Entscheidung ohne sachliche Notwendigkeit.

Die Vertreterin des linken Parteiflügels bedankt sich

Lob für Walter-Borjans kam dagegen vom äußersten linken Flügel der SPD. Die Sprecherin der Gruppe „Demokratische Linke 21“, Hilde Mattheis, bedankte sich ebenfalls auf Twitter beim Parteichef für seine Intervention. „Ein schnelles Durchdrücken des automatisierten Tötens im Bundestag kurz vor dem Fest der Liebe wird es mit der SPD nicht geben! Und danach auch nicht“, schrieb sie.

Unabhängige Experten für Außen- und Sicherheitspolitik kritisierten den Vorstoß des SPD-Chefs. Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, warnte auf Twitter, die SPD gefährde so eine gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik, und sprach vom „moralische(n) Verludern einer einstigen Volkspartei“ In Anspielung auf den früheren sozialdemokratischen Verteidigungsminister und Bundeskanzler fügte er hinzu: „Helmut Schmidt dreht sich im Grabe um.“ Der Schutz der Soldaten sei den Sozialdemokraten heute „egal“. Falls die SPD-Bundestagsfraktion sich nicht gegen den Parteichef stelle, werde die Angelegenheit zum „Trauerspiel“.

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