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Die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans im Willy-Brandt-Haus.

© dpa/Kay Nietfeld

Update

Vor dem Koalitionsausschuss: SPD-Führung will Corona-Zuschlag für Hartz IV-Bezieher durchsetzen

Die Pandemie treffe arme Menschen am härtesten, sagt SPD-Chefin Saskia Esken – und macht Druck auf die Union, etwas dagegen zu unternehmen.

Vor dem Koalitionsausschuss am kommenden Mittwoch erhöht die SPD den Druck auf die Union, Hartz-IV-Empfängern in der Coronakrise mehr staatliche Hilfe zukommen zu lassen. „Angesichts der offenkundigen Not von Erwachsenen und Kindern in Grundsicherung erwarten wir von unserem Koalitionspartner im Bund, dass er da mitgeht“, sagte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken dem Tagesspiegel.

Die Coronakrise treffe vor allem die Ärmeren. „Zu den Sorgen um die Gesundheit und erheblichen psychosozialen Belastungen kommen finanzielle Mehrausgaben, die aus dem schmalen Budget kaum geleistet werden können“, sagte Esken. Viele Hilfsangebote in sozialen Einrichtungen fielen weg oder seien nur eingeschränkt erreichbar, genauso die Mittagsverpflegung für Kita- und Schulkinder. Hinzu kämen gestiegene Ausgaben im Haushalt, etwa für Hygieneartikel. Zur Bewältigung dieser Lasten wolle die SPD einen Zuschuss auf den Weg bringen.

Mit dem Vorstoß greift Esken eine Forderung von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil auf. Der hatte vor knapp zwei Wochen bereits einen Corona-Zuschuss für Bedürftige gefordert. Zur Höhe einer möglichen Zuzahlung zu Hartz-IV hatte sich Heil mit Verweis auf bislang ausstehende Koalitionsgespräche nicht geäußert.

Göring-Eckardt: Pandemie ist eine Existenzkrise

Die Grünen verlangen für Erwachsene in der Grundsicherung einen Zuschlag von 100 Euro. Kinder sollen 60 Euro bekommen. Bundesweit beziehen rund vier Millionen Menschen Hartz IV. In Berlin lebt fast jedes dritte Kind von der Grundsicherung. „Die schon vor Corona kleingerechneten Hartz-IV-Sätze reichen hinten und vorne nicht, besonders jetzt in der Krise“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt dem Tagesspiegel. „Die Pandemie ist für viele Erwachsene und Kinder, die von Hartz IV leben, nicht nur ein Einschnitt, sondern eine Existenzkrise.“

Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen: Katrin Göring-Eckardt.
Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen: Katrin Göring-Eckardt.

© Kay Nietfeld/dpa

Solidarität mit Menschen in Not sei in der Pandemie zentral für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. „Die Bundesregierung muss ihren Widerstand gegen einen Krisenaufschlag in der Grundsicherung endlich aufgeben“, forderte Göring-Eckardt.

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Mit der Forderung nach einem 100-Euro-Zuschlag für Bedürftige liegen die Grünen auf einer Linie mit vielen Sozialverbänden, die seit Längerem eine deutliche Erhöhung der Grundsicherung fordern. Aktuell sind im Hartz-IV-Regelsatz für eine alleinstehende Person weniger als drei Euro im Monat für rezeptfreie medizinische Produkte vorgesehen, 17 Euro für die Gesundheitspflege.

Esken: Vereinfachter Zugang zur Grundsicherung soll beibehalten werden

Beim Koalitionsausschuss am Mittwoch wollen die Sozialdemokraten eine grundsätzliche Reform der Grundsicherung auf die Tagesordnung setzen. Die sei zwingend nötig, weil die gesetzlichen Regeln für Sanktionen bei Hartz IV verfassungsgemäß ausgestaltet werden müssten, sagte Esken.

Außerdem habe sich der in der Pandemie vereinfachte Zugang zur Grundsicherung bewährt und müsse beibehalten werden. „Wir wollen, dass künftig in den ersten zwei Jahren des Bezugs von Grundsicherung nicht erhebliches Vermögen und die Angemessenheit der Wohnung nicht überprüft werden“, sagte die SPD-Chefin.

Der Koalitionsausschuss wird in neuer Runde stattfinden. Erstmals nimmt an den Verhandlungen der neu gewählte CDU-Chef Armin Laschet teil.

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