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Am Vorabend des Gipfels besuchte Kim Jong Un Singapurs Touristenzentrum Marina Bay.

© AFP/Nicholas Yeo

Stadtstaat Singapur: "Disneyland mit Todesstrafe"

Warum sich Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un und US-Präsident Donald Trump im kleinen Stadtstaat Singapur treffen.

Gut, dass es unter US-Amerikanern nicht den in Deutschland verbreiteten Aberglauben gibt, dass es Unglück bringt, wenn man seinen Geburtstag zu früh feiert. Sonst hätte US-Präsident Donald Trump am Montag sicherlich nicht so breit gelächelt, als ihm Singapurs Regierungschef Lee Hsien Loong nach dem Mittagessen eine mit Früchten und einer einzelnen Kerze verzierte Geburtstagstorte überreichen ließ. Trump feiert seinen 72. Geburtstag erst am Donnerstag – und Unglück wäre sicherlich das Letzte, was er vor seinem historischen Gipfeltreffen am Dienstag (3 Uhr MESZ) mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un gebrauchen konnte.

Eigentlich standen die Vorzeichen für das Treffen sogar sehr gut. Das Weiße Haus verkündete am Montag, dass die Verhandlungen der Unterhändler „schneller vorangeschritten sind als erwartet“. Daher werde US-Präsident Donald Trump Singapur am Dienstagabend bereits wieder verlassen. Gerüchteweise wollte sich Kim bereits mittags schon wieder verabschieden. Zuvor war ein zweistündiges Gespräch zwischen dem US-Präsidenten und Nordkoreas Diktator geplant, bei dem lediglich zwei Übersetzer zugegen sein sollten. Anschließend sollte ein bilaterales Arbeitsessen stattfinden. Die USA erhofften sich vom Gipfel eine Verpflichtung Nordkoreas zur „vollständigen, überprüfbaren und nicht rückgängig zu machenden Denuklearisierung“. Für Nordkorea ging es vor allem um die Legitimierung eines zweiten koreanischen Staates und den Abbau internationaler Wirtschaftssanktionen.

Der 34 Jahre alte nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un war wie Trump bereits am Sonntag auf dem Changi-Flughafen gelandet und wurde ebenfalls von Singapurs Regierungschef Lee Hsien Loong empfangen. Das verarmte Nordkorea leistet sich zwar ein teures Atomwaffenprogramm, für seine Anreise nach Singapur musste Kim Jong Un jedoch ein Flugzeug von „Air China“ in Anspruch nehmen. Die Reichweite seiner aus sowjetischer Zeit stammenden Regierungsmaschinen gilt als begrenzt. Und Kims Rechnung für das teure Luxushotel St. Regis übernimmt Singapur, wie dessen Außenminister Vivian Balakrishnan bestätigte. Für den Stadtstaat dürfte sich die Ausrichtung des halbtägigen Gipfels dennoch bezahlt machen, rund 3000 akkreditierte Journalisten werden Geschichten und Fotos aus Singapur in die ganze Welt schicken.

Beide Länder sind in Singapur durch Botschaften vertreten

Nordkorea und die USA hatten sich den asiatischen Kleinstaat aufgrund seiner Neutralität ausgesucht. Auch sind beide Länder durch Botschaften in der Stadt vertreten. Singapur zählt zu den wenigen Ländern, die einen guten Kontakt zu dem relativ abgeriegelten Nordkorea unterhalten. Es gibt Beobachter, die behaupten, die USA hätten sich auch für Singapur ausgesprochen, damit Kim Jong Un sehen kann, wo es stehen könnte, wenn es sich für wirtschaftliche Reformen öffnen würde. Die parlamentarische Republik zählt dem Pro-Kopf-Einkommen nach zu den reichsten Staaten der Welt. Singapur ist ein fortschrittlicher kapitalistischer Staat mit eingeschränkten Bürgerrechten. So sind zum Beispiel Presse- und Demonstrationsfreiheit begrenzt. Der Autor William Gibson beschrieb 1993 im Magazin „Wired“ die Stadt als „Disneyland mit Todesstrafe“. Tatsächlich kommt die künstlich aufgeschüttete Freizeitinsel Sentosa einem Disneyland schon sehr nahe.

In dem auf der Insel gelegenen Hotel „Capella“ wird das historische Treffen abgehalten. Das Hotel liegt relativ weit entfernt von den Wohngebieten Singapurs und lässt sich deshalb gut absichern. Die Insel ist zudem nur durch eine einzige Brücke mit dem Festland verbunden, die sich leicht für den Autoverkehr sperren lässt. Sentosa ist ein beliebter Ausflugsort für die Bewohner des dicht bewohnten Singapur und eine der größten Touristenattraktionen. Auf der Insel gibt es künstlich angelegte Strände mit Palmen, Kasinos und einige der besten Golfanlagen Asiens.

Die Gegend um das „Capella“-Hotel wiesen die Behörden für die Tage rund um den Gipfel als Sicherheitszone aus. In der Stadt ist ein massives Polizeiaufgebot im Einsatz, darunter auch Eliteeinheiten nepalesischer Gurkhas. Und sie verstehen offenbar nur wenig Spaß, wie ein Hongkonger Kim-Jong-Un-Doppelgänger erfahren musste. Sicherheitsbehörden befragten Howard X bei seiner Einreise zwei Stunden und entließen ihn mit der Auflage, sich vom Tagungsort weiträumig fernzuhalten. (mit AFP, dpa)

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