zum Hauptinhalt
Auf dem Bundesparteitag Anfang Februar, kurz nach einer migrationspolitischen Mehrheit mit der AfD im Bundestag, haben Aktivisten von CDU-Chef Friedrich Merz mehr Distanz zu den Rechtsextremen  gefordert.

© dpa/Kay Nietfeld

„Stärker in die Konfrontation gehen” : CDU warnt sich selbst vor der Öffnung zur AfD

Einzelne Christdemokraten fordern vor einer wichtigen Präsidiumsklausur am Wochenende, anders mit der sogenannten „Brandmauer“ zu den Rechtsextremen umzugehen. Die CDU-Spitze hält davon nichts.

Stand:

Eine fixe Tagesordnung gibt es nicht, wenn die Präsidiumsmitglieder der Christlich Demokratischen Union am Sonntag im Berliner Grunewald zusammenkommen. Bekannt ist nur, dass der Kölner Psychologe Stephan Grünewald den inhaltlichen Input für die bis Montag laufende Klausurtagung liefern und der Runde den AfD-Höhenflug erklären soll.

„Ignorieren geht nicht mehr“, hatte Parteichef Friedrich Merz kürzlich dem MDR zu den AfD-Umfragewerten gesagt. Er lehnt eine Zusammenarbeit weiter ab und will seine CDU verstärkt in die Auseinandersetzung schicken: „Was droht unserem Land, wenn die AfD stärker wird – oder möglicherweise sogar in einem Bundesland wie Sachsen-Anhalt den Ministerpräsidenten stellt? Das müssen wir den Bürgerinnen und Bürgern sagen.“

Die angekündigte Debatte hat freilich auch jene auf den Plan gerufen, die die sogenannte „Brandmauer“, wie der Unvereinbarkeitsbeschluss des Parteitags Ende 2018 auch genannt wird, durchlässiger gestalten wollen, weil die bisherige Herangehensweise die AfD größer statt kleiner gemacht hat.

Ehemalige Parteigrößen fordern ein Umdenken

„Die derzeitige Stigmatisierung hilft der AfD nur noch“, erklärte etwa der frühere Generalsekretär Peter Tauber im „Stern“. Ähnlich wie der frühere Vorsitzende der Grundwertekommission der Partei, Andreas Rödder, plädierte er für inhaltliche rote Linien statt der pauschalen Brandmauer. So würden parlamentarische Blockaden vermieden, indem die AfD inhaltlich unproblematischen Beschlüssen zustimmen könne, ohne dass gleich „die Nazikeule geschwungen wird“.

Wir schauen nicht darauf, ob die mit oder gegen uns stimmen, sondern folgen unserem Kurs und räumen die Probleme ab.

Der Brandenburger CDU-Chef Jan Redmann

Andreas Bühl, CDU-Fraktionschef im Thüringer Landtag, will die Mauer nach eigenem Bekunden nicht fallen sehen, aber einen entspannteren Umgang mit Abstimmungen, wie Merz sie Ende Januar als Oppositionsführer im Bundestag zur Migration herbeiführte: „Der parlamentarische Umgang mit der AfD ist gescheitert, wir geben ihr zu viel Macht“, schrieb Bühl am Freitag auf X: „Es muss den Parteien der Mitte egal sein, wenn die AfD ihren Vorhaben zustimmt.“

„Der Begriff Brandmauer wird von politisch linker Seite instrumentalisiert, um jede inhaltliche Position rechts der Mitte zu diskreditieren“, sagt dem Tagesspiegel der Brandenburger CDU-Chef Jan Redmann, der Bühl in diesem Punkt zustimmt: „Wir werten die AfD nicht durch unsinnige Debatten auf, wir schauen nicht darauf, ob die mit oder gegen uns stimmen, sondern folgen unserem Kurs und räumen die Probleme ab.“

Ich finde es fatal, dass wir über die Brandmauer diskutieren, statt über das Feuer, vor dem sie schützen soll.

Dennis Radtke, Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels

Es gibt aber auch jene, die solchen Lockerungsübungen mehr als kritisch gegenüberstehen. „Ich finde es fatal, dass wir über die Brandmauer diskutieren, statt über das Feuer, vor dem sie schützen soll“, sagt etwa Dennis Radtke, der Chef des Arbeitnehmerflügels CDA: „Wir müssen nicht unsere Haltung zur AfD verändern, sondern unsere Politik und unsere Kommunikation und Themensetzung. Es braucht keine andere Dosierung, sondern eine andere Medikation.“

Wirksamere Bekämpfung statt Öffnung

Ähnlich sieht das der Außenpolitiker Roderich Kiesewetter, für den eine Öffnung zur AfD die „Selbstzerstörung“ der CDU einleiten würde. Seine Partei müsse „endlich den Mut haben, unsere christdemokratischen Werte und Überzeugungen klar zu vertreten und uns nicht von Umfragen oder den extremen Rändern treiben lassen“.

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, der Bremer Thomas Röwekamp, plädiert ebenfalls für mehr christdemokratisches Selbstbewusstsein. „Wir müssen viel stärker als bisher in die inhaltliche Konfrontation mit der AfD gehen”, sagte er dem Tagesspiegel: „Die politische Rücksichtnahme auf die Stimmungslage im Osten vor den Landtagswahlen im vergangenen Jahr hat überhaupt nichts gebracht.“

Das dürfte dann auch eher das Ergebnis des Austauschs der CDU-Spitze sein als eine radikale Abkehr von der bisherigen Politik. „Es wird keinen Kurswechsel zu einer Öffnung gegenüber der AfD geben, sondern eine Strategiedebatte, wie wir sie wirksamer bekämpfen“, kündigt Bundesvize Andreas Jung ab: „Unser Gesellschaftsbild und Politikansatz als Volkspartei der Mitte ist mit den extremistischen Tendenzen der AfD völlig unvereinbar“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })