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„Stich ins Fleisch der SPD“: Weil hält Wagenknecht-Partei für echte Gefahr
Niedersachsens Ministerpräsident fordert die Sozialdemokraten auf, sich ernsthaft mit dem BSW auseinanderzusetzen. Mit Blick auf Umfragen sagt er, die SPD müsse wieder schärfer Profil zeigen.
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Am Jahresanfang wurde das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) gegründet. In Umfragen erzielt die Partei der aus Linken ausgetretenen Wagenknecht gute Werte – bundesweit, auch vor allem auch im Osten, wo im September drei Landtagswahlen anstehen.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sieht im Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eine ernstzunehmende Gefahr für die SPD und fordert seine Partei auf, sich damit auseinanderzusetzen. „Das BSW ist schon ein Stich ins Fleisch der SPD“, sagte der SPD-Politiker dem „Stern“. „Darauf müssen wir reagieren.“
Wagenknecht sei gerade die Projektionsfläche für viele Menschen, die sich von der Politik nicht vertreten fühlten. „Das ist durchaus ein eindeutiger Wink mit dem Zaunpfahl an die SPD“, mahnte Weil. Der Ministerpräsident hat aber Zweifel, ob die neue Partei nachhaltig Erfolg hat. „Sahra Wagenknecht irrlichtert herum“, sagte er. Er habe noch keinen programmatischen Kern von ihr identifizieren können. „Und sie grenzt sich nicht wirklich ab gegen fremdenfeindliche Strömungen“, fügte Weil hinzu.
Dass die AfD vor der SPD liegt, ist für mich nicht gut zu ertragen.
Stephan Weil, Niedersachsens Ministerpräsident
Auf die Frage, ob er Koalitionen von SPD und BSW für denkbar halte, antwortete der Sozialdemokrat, in Niedersachsen wüsste er gar nicht, mit wem ich darüber reden sollte. Das BSW sei hier kaum in Erscheinung getreten. Auf Bundesebene sehe er „riesige Diskrepanzen, etwa in der Außenpolitik“ und besonders in der Frage der Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg.

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Die schlechten Umfragewerte der SPD begründete Weil damit, dass die SPD die größte Regierungspartei sei, die öffentliche Präsentation der Koalition werde daher sehr stark mit den Sozialdemokraten verbunden. „Zwar wissen die Leute, dass die Ampel eine Dreierkonstellation ist. Aber an den größten Partner werden auch die größten Erwartungen geknüpft.“
Mit Blick auf die Abwanderung von Wählern sagte Weil: „Unter den Bedingungen der aktuellen Koalition ist kein ‚SPD pur‘ in Arbeitnehmerfragen möglich, obwohl sich das viele sicher wünschen würden. Ein Ziel der SPD muss daher sein, auch und gerade hier wieder deutlich schärfer Profil zu zeigen.“
Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa bezeichnete Weil die Europawahl, bei der die SPD auf 13,9 Prozent abrutschte, als eine schwere Niederlage für seine Partei. „Dass die AfD vor der SPD liegt, ist für mich nicht gut zu ertragen“, sagte er. Gerade bei jungen Menschen und bei Arbeitern, einer Kerngruppe der SPD, habe seine Partei wirklich schlecht abgeschnitten.
„Daraus werden wir unsere Schlussfolgerungen ziehen müssen. Ich finde, man darf nach diesem Ergebnis nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, sagte der niedersächsische SPD-Landeschef.
Weil fordert von SPD mehr Fokus auf soziale Fragen
„Es ist deutlich zu sehen, dass die soziale Frage in Deutschland einen größeren Stellenwert einnehmen muss, als sie das bislang tut. Das muss der Kern unserer Politik sein.“ Die SPD brauche daher eine stärkere Konzentration auf Themen, die die Menschen für sich selbst als wichtig ansehen.
„Die SPD ist immer dann stark, wenn die Leute den Eindruck haben, die befassen sich mit unseren Problemen und nicht mit irgendwelchen anderen Dingen. Und natürlich werden von der SPD auch konkrete Fortschritte erwartet, zum Beispiel beim Mindestlohn“, sagte der Ministerpräsident.
Den Eindruck, dass Bundeskanzler Olaf Scholz in der SPD an Rückhalt verliere, wies Weil in dem Gespräch zurück. „Olaf Scholz ist die Nummer eins in der SPD. Ich glaube, dass ich mir darin auch mit einer sehr großen Mehrheit der SPD-Mitglieder einig bin“, sagte der Ministerpräsident.
„Jetzt haben wir mit der Einigung zum Bundeshaushalt die Chance, auch in der Ampel-Koalition neu zu beginnen. Aber wenn sich die Ampelkoalition weiter so viel streitet wie bisher, dann wird auch der Bundeskanzler alleine relativ wenig bewegen können. Wir sind ja keine Monarchie.“ (lem)
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