Politik: Störfall für die Diplomatie
Washington/Berlin - In amerikanischen und deutschen Regierungskreisen wird die Zuspitzung des Streits um die 15 britischen Seeleute, die der Iran wegen angeblicher Verletzung seiner Hoheitsgewässer festgenommen hat, als unwillkommener „Störfall in einer Ära der Diplomatie“ betrachtet. Es hängt nun vom Verhalten Teherans, aber auch vom Vorgehen der Briten ab, wie sehr die Affäre die Gespräche über eine Befriedung Iraks und Irans Atomprogramm beeinträchtigt.
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Washington/Berlin - In amerikanischen und deutschen Regierungskreisen wird die Zuspitzung des Streits um die 15 britischen Seeleute, die der Iran wegen angeblicher Verletzung seiner Hoheitsgewässer festgenommen hat, als unwillkommener „Störfall in einer Ära der Diplomatie“ betrachtet. Es hängt nun vom Verhalten Teherans, aber auch vom Vorgehen der Briten ab, wie sehr die Affäre die Gespräche über eine Befriedung Iraks und Irans Atomprogramm beeinträchtigt. Beide haben die Möglichkeit, den Konflikt zu lösen oder zu eskalieren. Großbritannien könnte den Fall etwa beim informellen EU-Außenministertreffen am Wochenende in Bremen zum Thema machen und Solidarität einfordern.
Formal gesehen ist der Streit derzeit ein bilateraler Konsularfall. London protestiert gegen die Behandlung seiner Staatsbürger und hat am späten Nachmittag angekündigt, die Beziehungen zum Iran auf Eis zu legen. Deutschland und die USA haben ihre Solidarität mit den Briten erklärt. Berlin hat den iranischen Botschafter einbestellt, ansonsten aber wurden noch keine härteren Protestmaßnahmen ergriffen. Amerikaner und Briten wollen offenbar keinen Crashkurs, möchten „die Iraner nicht auf einen Baum treiben, von dem sie nicht mehr herunterkommen“, sagt ein Insider. Sie hoffen im Gegenteil auf eine Annäherung. Noch für diesen Monat ist ein Außenministertreffen der Irakanrainer mit Condoleezza Rice geplant, an dem auch ihr iranischer Kollege Manuschehr Mottaki teilnehmen soll.
Für beide Optionen, stille Diplomatie oder politische Eskalation, gibt es Präzedenzfälle. Deutschland hat jüngst den Fall des Hochseeanglers Donald Klein als bilaterales Konsularproblem behandelt. Frankreich verhielt sich im Fall von Stéphanè Lerbier, der mit Klein verhaftet worden war, ähnlich. Die beiden waren in iranisches Hoheitsgebiet geraten und wurden zu je 18 Monaten Haft verurteilt. Es wurde keine internationale Protestfront aufgebaut. Das andere Extrem gab es in der „Mykonos“-Affäre 1992, der Ermordung iranischer Oppositioneller in einem Berliner Lokal. Damals verließen alle EU-Botschafter aus Protest Teheran. Zwischen diesen beiden Polen gibt es vielfältige Abstufungen.
Auch dem Iran stehen zwei Wege offen. Im besten Fall beharrt Teheran auf der behaupteten Verletzung seiner Hoheitsgewässer, lässt die Briten aber nach wenigen Wochen unter Auflagen frei. So endete ein ähnlicher Fall 2004. Der Westen würde es dagegen als Eskalation betrachten, wenn der Iran die Seeleute formal anklagt.
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