Politik: Toiletten könnten 5000 Kinder retten – täglich
Experten warnen vor der weltweiten Wasserkrise. Der Klimawandel wird das Problem noch verstärken
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Am heutigen Donnerstag ist Weltwassertag. Bis zum Abend werden rund 5000 Kinder sterben, weil sie kein sauberes Wasser und keine Toilette haben. Ein vermeidbarer Tod, meint das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP). Uschi Eid, die amtierende Vorsitzende des Beirats des UN-Generalsekretärs für Wasser und Sanitärversorgung, sagte dem Tagesspiegel: „Es ist ein Tabuthema, keine Toilette zu haben.“ In den Slums laufe das Abwasser aus den Haushalten einfach nur in Rinnsale, in denen Kinder spielen und sich Durchfallerkrankungen und damit oft den Tod holen.
„Zwei von fünf Menschen in der Welt müssen ihre Notdurft in der Öffentlichkeit verrichten“, berichtet sie. „In den großen Slums gibt es viel zu wenige Toiletten. Für Frauen wird die fehlende Privatsphäre zu einem großen Problem, vor allem nachts. Dann wird der Toilettengang zum Sicherheitsrisiko. Die Gefahr, vergewaltigt zu werden, ist hoch.“ Eid, die für die Grünen im Bundestag sitzt und bis zum Regierungswechsel Staatssekretärin im Entwicklungsministerium war, wirbt bei Regierungen dafür, nicht nur die „saubere Seite“, die Trinkwasserversorgung zu sehen, sondern auch die „schmutzige“. Weltweit haben rund 1,1 Milliarden Menschen kein sauberes Trinkwasser, mehr als doppelt so viele haben keine Toiletten. „Wir wünschen uns, dass Regierungen, die Geld für die Wasserversorgung zur Verfügung stellen, davon die Hälfte für die schmutzige Seite ausgeben.“
Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) wies darauf hin, dass sich der weltweite Wassermangel durch den Klimawandel noch verschärft. Gemeinsam mit der Unicef-Vorsitzenden Heide Simonis warb er für einfache Methoden, die Wasserversorgung der Armen zu verbessern. Unicef hat 1977 eine Handpumpe auf den Markt gebracht, die robust und mit 180 Dollar unschlagbar billig ist. Ein ganzer Brunnen kostet nach Angaben von Simonis etwa 6000 Dollar. Inzwischen sind weltweit Millionen dieser Pumpen installiert, „und wir hoffen, dass noch Millionen dazu kommen“, sagte sie in Berlin.
Das UNDP warnte in Genf, dass bis 2025 rund 60 Prozent aller Menschen unter „Wasserstress“ leiden werden. Einer der Gründe ist der Klimawandel. Vor allem heute schon trockene Gebiete werden unter dem Mangel leiden. Schon heute ist das rasante Bevölkerungswachstum ein Hauptgrund dafür, dass der „Wasserstress“ zunimmt. Die Landwirtschaft konsumiert nach Angaben der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO mehr als 70 Prozent des weltweiten Süßwassers.
Der wirtschaftliche Schaden durch die Wassernot lässt sich nur abschätzen. Nach UNDP-Angaben fiel etwa das Bruttoinlandsprodukt Kenias durch die Dürre zwischen 1998 und 2000 um mehr als 16 Prozent. Allerdings: „Die gesamten volkswirtschaftlichen Schäden sind wahrscheinlich noch wesentlich größer, weil bei den Verlusten die Folgen von Unterernährung, niedrigen Investitionen in die Landwirtschaft und Investitionsverlusten in die Industrie nicht mitgerechnet werden.“
In China droht der Wassernot sogar den wirtschaftlichen Höhenflug auszubremsen. Bereits in drei Jahren würden 550 der 600 bevölkerungsreichsten Städte Chinas nicht mehr genügend Wasser haben, warnt Feng Zhaokui von der chinesischen Akademie der Wissenschaften. Es sei zu befürchten, dass die Behörden das Wasser für den Alltagsgebrauch, in der Landwirtschaft und in der Industrie rationieren müssten. Das führe zwangsläufig zu Produktionsausfällen.
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