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GroKo-Streit um Kampfflugzeuge: Tornado macht die Bundeswehr indirekt zur Miniatur-Atomstreitkraft

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer will Ersatz für die Tornado-Kampfflugzeuge der Bundeswehr bestellen. Der SPD bremst - weil es dabei auch um Atomwaffen geht.

Von
  • Robert Birnbaum
  • Hans Monath

Es ist eine der heikelsten Entscheidungen, die Annegret Kramp-Karrenbauer unerledigt auf dem Schreibtisch vorfand, als die CDU-Chefin das Verteidigungsministerium übernahm: Was folgt auf den Tornado? 40 Jahre hat die Bundeswehr den Kampfjet im Einsatz, zuletzt in der Luftaufklärung im Kampf gegen den „Islamischen Staat“. Dass die Ablösung der betagten Maschinen bald fällig ist, bezweifelt im Grunde niemand. Ersatzteile werden knapp und teurer, manche einzeln angefertigt.

Doch es geht nicht nur um Ersatz für ein Flugzeug. Eine spezielle Aufgabe der Maschinen sorgt für Zoff in der Koalition: Der „Tornado“ macht die Bundeswehr indirekt zur Miniatur-Atomstreitkraft. Geht es nach Kramp-Karrenbauer, setzt der Nachfolger diese Rolle fort. In der SPD wären manche sie aber gerne los - auch Fraktionschef Rolf Mützenich.

Die „nukleare Teilhabe“, wie der Streitpunkt amtlich heißt, beruht auf einem Geschäft auf Gegenseitigkeit aus dem Kalten Krieg: Die USA lagern bis heute rund 20 Atombomben in Büchel in der Eifel, die die Bundeswehr-Tornados im Ernstfall in ihr Ziel fliegen - dafür bekommt Deutschland einen Sitz in der Nuklearen Planungsgruppe der Nato und kann über die Atomstrategie des Bündnisses mitreden.

Als Nachfolger der 93 Tornados kommen US-Jets vom Typ Boeing F-18 oder Eurofighter in Frage. Die F-18 sind Favoriten für die Atom-Rolle. Denn die USA behalten sich vor, die Maschinen zu zertifizieren, was bei US-Typen schneller gehen und Airbus das mulmige Gefühl erspart dürfte, dass danach die Amerikaner jede Schraube im Eurofighter kennen.

Die zweite Reihe der SPD-Fraktion schimpft auf die Ministerin

Ernsthaft in Frage gestellt haben die Sozialdemokraten die nukleare Teilhabe selbst zu Zeiten ihrer Kanzler nie. Doch seit sich die Tornado-Entscheidung abzeichnet, setzt die SPD-Fraktion auf Verzögerungstaktik. Nichts „überstürzt“ entscheiden, erst sei „sorgfältige Erörterung“ nötig, gab Fraktionsvize Gabriela Heinrich kürzlich zu Protokoll.

Im Prinzip ist ja auch noch Zeit; die Tornado-Ablösung ist für 2025 geplant. Aber Kramp-Karrenbauer fand die Zeit reif. Sie sprach vorige Woche am Rand des Kabinetts mit Außenminister Heiko Maas und Vizekanzler Olaf Scholz und stellte ihren Plan vor, eine Doppellösung aus F-18 und Eurofightern. Die SPD-Minister, heißt es von deren Seite, hätten sich vorbehalten, erst mit der eigenen Partei und der eigenen Fraktion zu sprechen, also vor allem mit Mützenich.

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Als keine Rückmeldung kam, griff Kramp-Karrenbauer am Sonntag selbst zum Hörer und kontaktierte den Fraktionschef. Der wusste da längst aus den Medien, dass sie ihrem US-Kollegen Mark Esper die Absicht angekündigt hatte, demnächst als Teil-Ersatz für die Tornados 45 F-18 zu ordern.

Derweil schimpft die zweite Reihe der SPD-Fraktion auf die Ministerin. Er hoffe, dass Kramp-Karrenbauer ihre Entscheidung mit den Fraktionschefs abgesprochen habe, ätzte Haushälter Johannes Kahrs und erinnerte daran, dass die SPD die Ministerin schon einmal hatte auflaufen lassen: „Nicht dass es so endet wie mit ihrer Ansage, Bataillone in eine Sicherheitszone zwischen der Türkei und Syrien zu entsenden.“

Auch die Opposition verbreitet nun den Verdacht, die Ministerin wolle den Bundestag übergehen. In der Union wird das als Nebelwerferei gewertet. Die CDU-Frau kenne das Haushaltsrecht des Parlaments; außerdem könne sie es gar nicht ignorieren.Am Mittwoch tagt der Verteidigungsausschuss. Kramp-Karrenbauer hat ihr Kommen zugesagt. 

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