
© Reuters/Lisi Niesner
Trotz Schlappe bei Wahl: Wagenknecht will weiter Co-Chefin des BSW bleiben
Die 55-Jährige hatte ihre politische Zukunft an den Einzug in den Bundestag geknüpft. Nun werde sie die Partei vorerst weiter führen – obwohl das vergangene Jahr „die Hölle“ gewesen sei.
Stand:
Vor der Bundestagswahl hatte BSW-Chefin Sahra Wagenknecht ihren weiteren politischen Werdegang vom Einzug ihrer Partei ins Parlament abhängig gemacht. „Die Wahl ist natürlich auch die Entscheidung über meine politische Zukunft“, hatte Wagenknecht der Nachrichtenagentur dpa gesagt. „Wer nicht im Bundestag ist, ist in der deutschen Politik kein relevanter Faktor mehr.“
Nun machte die Gründerin des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) deutlich, dass sie vorerst weiter Parteichefin bleiben will. „Ich habe anderthalb Jahre meines Lebens in dieses Projekt investiert“, sagte sie dem „Spiegel“. „Da werde ich nicht zuschauen, dass es jetzt wegen 9500 angeblich fehlender Stimmen den Bach runtergeht.“ Aus der rein operativen Arbeit wolle sie sich künftig allerdings heraushalten, sagte Wagenknecht weiter. „Die reine Organisation müssen andere machen.“
Sie habe den notwendigen Einsatz unterschätzt, sagt Wagenknecht
Die heute 55-Jährige war Ende Oktober 2023 aus der Linkspartei ausgetreten. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) war dann im Januar 2024 gegründet worden. Wagenknecht führt die Partei gemeinsam mit Amira Mohamed Ali.
Bei der Bundestagswahl am 23. Februar hatte die Partei den Einzug in den Bundestag mit einem Gesamtstimmenanteil von 4,981 Prozent nur knapp verpasst.
Das BSW möchte das Wahlergebnis jedoch nicht akzeptieren. Die Partei kritisiert unter anderem, dass sich 230.000 Auslandsdeutsche für die Wahl registriert haben, mutmaßlich aber nur ein Bruchteil abstimmen konnte: In vielen Fällen kamen die Briefwahlunterlagen zu spät an. Das BSW vermutet zudem Unregelmäßigkeiten oder die Verwechslung mit anderen Parteien bei der Auszählung.
Eine komplette Neuauszählung der Stimmen lehnte das Bundesverfassungsgericht noch vor Feststellung des endgültigen Wahlergebnisses ab. Trotz der Ablehnung des Eilantrags kann die Partei weiter eine Wahlprüfungsbeschwerde einreichen. Aktuell liegt die Partei in Umfragen wie dem aktuellen Politbarometer von ZDF und Tagesspiegel deutlich unter fünf Prozent.
Rückblickend nannte sie das vergangene Jahr „die Hölle“. Ihr Leben habe zuletzt aus einer „ununterbrochenen Stressmühle“ bestanden. Daneben sei für nichts anderes mehr Zeit gewesen.
„Ich habe zum Beispiel im letzten Jahr kein einziges Buch zu Ende gelesen“, so Wagenknecht. Sie habe den Einsatz unterschätzt, „den eine neue Partei erfordert, in der noch kein Apparat vorhanden ist, in der im Grunde zunächst alles fehlt, was man braucht“.
Es sei anstrengenden gewesen, immer wieder Rivalitäten und Streit zwischen Menschen zu schlichten, bei denen es eigentlich um nichts gegangen sei. Sie habe lernen müssen, wie man verhindert, dass Unzufriedene „am nächsten Tag mit einem Riesenknall an die Presse gehen und sagen: Das BSW ist Mist“.
Tatsächlich habe sie gehofft, dass sie sich mehr aus der rein operativen Arbeit heraushalten könne, sagte sie. Sie habe es sich auch leichter vorgestellt, „nur die in die Partei zu holen, die ehrlich von unseren Zielen überzeugt sind, und Karrieristen draußen zu halten“. (lem)
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