zum Hauptinhalt
Abgewählt und freigesprochen: Donald Trump.

© Carlos Barria/Reuters

Das letzte Wort hat der Wähler: Trump ist freigesprochen – die Republikaner haben dennoch verloren

Die Republikanische Partei war zu feige, Trump für schuldig zu erklären. Dafür könnte sie nun abgestraft werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Juliane Schäuble

Es ist vorbei. Und es ist entschieden. Fünf Tage Verhandlung, der zweite Impeachment-Prozess gegen Donald Trump – aber vor allem die Frage, ob den ehemaligen US-Präsidenten Schuld an dem Anschlag auf die amerikanische Demokratie am 6. Januar trifft. Die eindeutige Antwort darauf lautet: Ja, er ist für die Gewalt verantwortlich, er hat sein Amt missbraucht.

Das hat die Mehrheit des Senats so entschieden, mit immerhin sieben Stimmen aus seiner eigenen Partei. Auch wenn es nicht dafür gereicht hat, ihn zu verurteilen und für alle Zeiten davon abzuhalten, wieder für ein politisches Amt zu kandidieren.

Die demokratischen Ankläger aus dem Repräsentantenhaus haben dabei ein wahres Meisterstück abgeliefert. Ihre Anklage ist ein verständliches, emotionales und überzeugendes Stück Zeitgeschichte, das darlegt, wie es zum Sturm auf das Kapitol kommen konnte.

Sie haben dargelegt, wie groß die Gefahr für die Demokratie war, welchem Trauma ihre Vertreter an dem Mittwoch vor fünf Wochen ausgesetzt waren. Und sie haben Trumps Verteidigung vorgeführt, die sich nur mit Strategien aus der Propaganda-Kiste etwa von Fox News zu helfen wusste. Ein ernsthafter Versuch, die Öffentlichkeit jenseits der Hardcore-Anhänger von Trump von dessen Unschuld zu überzeugen, war auch nicht im Ansatz zu erkennen.

Die Meisterleistung der Anklage

Der Freispruch erfolgte eben nicht auf Grundlage einer plausiblen Verteidigung und nach bestem Wissen und Gewissen. Sondern weil sich 43 Republikaner auf ein verfahrenstechnisches Argument zurückzogen, das da lautete: Dieser Prozess sei überflüssig, weil Trump ja gar nicht mehr im Amt ist. Das ist ein Freispruch zweiter Klasse.

[Jeden Donnerstag die wichtigsten Entwicklungen aus Amerika direkt ins Postfach – mit dem Newsletter „Washington Weekly“ unserer USA-Korrespondentin Juliane Schäuble. Hier geht es zur kostenlosen Anmeldung]

Wie wenig dieser bedeutet, zeigte Mitch McConnell, der oberste republikanische Pirouettendreher im Senat. Nachdem er Trump nicht verurteilen wollte, stellte sich der Minderheitsführer vor seine Senatskollegen und hielt eine solch scharfe Rede, als ob er sich nachträglich um die Mitgliedschaft im Anklageteam habe bewerben wollen.

Mut sieht anders aus

Trumps Verhalten sei „schändlich“ gewesen, erklärte McConnell. Er habe ein Impeachment verdient, weil er seine Anhänger wochenlang mit Lügen zu seiner angeblich gestohlenen Wahl aufgehetzt und den Angriff auf das Kapitol „orchestriert“ habe. Nur verurteilen könne ihn der Senat dafür nicht mehr, das müssten andere tun. Mut sieht anders aus.

Die Aufarbeitung des Kapitols-Sturms geht weiter.
Die Aufarbeitung des Kapitols-Sturms geht weiter.

© Erin Scott/REUTERS

Selten wurde so klar wie an diesem Wochenende, dass ein Impeachment-Verfahren ein zutiefst politischer Prozess ist. Das zeigte allein die Tatsache, dass die republikanischen Senatoren, die in dem Verfahren die Rolle einer Jury einnahmen, obwohl selbst Opfer des Angriffs, sich ganz offen mit der Verteidigung abgesprochen haben.

[Wenn Sie die Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Die Hürden für eine Verurteilung sind von den Verfassungsvätern bewusst hoch gewählt, weil eine Amtsenthebung durch den Kongress den Wählerwillen nachträglich revidiert. Das mag frustrieren, und nach diesem Prozess, dessen Ausgang nie ernsthaft in Zweifel stand, kann man daran zweifeln, dass jemals ein aktiver oder ehemaliger Präsident tatsächlich verurteilt wird.

Das letzte Wort hat der Wähler

Aber am Ende treffen so oder so wieder die Wähler die Entscheidung. Die Menschen haben das letzte Wort. Sie können eine Republikanische Partei dafür abstrafen, dass sie zu feige war, das Richtige zu tun.

Bis dahin hat nun die neue Regierung die Möglichkeit, zu zeigen, warum es richtig war, Trump aus dem Amt zu wählen. Joe Biden hat sich nach allem, was bekannt ist, nicht in das für ihn angesichts seiner ehrgeizigen politischen Vorhaben eher störende Impeachment-Verfahren eingemischt, auch nicht, als es für kurze Zeit so aussah, als ob es sich endlos in die Länge ziehen könnte.

Nach dessen Ende kann Biden nun regieren und alles daran setzen, sein wichtigstes Wahlversprechen einzulösen: die Amerikaner wieder stärker zusammenzuführen, die gespaltene Nation zu heilen. Das ist und bleibt die beste Prävention um zu verhindern, dass ein gefährlicher Populist wie Donald Trump wieder an die Macht kommt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false