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Alexander Vindman (Mitte), führender Ukraine-Experte im Nationalen Sicherheitsrat, verlässt eine nicht-öffentliche Anhörung im US-Repräsentantenhaus.

© Patrick Semansky/AP/dpa

Update

Trumps Ukraine-Affäre im Kongress: Alexander Vindman belastet nicht nur den US-Präsidenten

Er war dabei, als Trump mit dem ukrainischen Präsidenten telefonierte. Vindmans Aussage war brisant. Nun soll Ex-Sicherheitsberater Bolton vorgeladen werden.

Bis in die Nacht sagte Alexander Vindman aus. Was der Ukraine-Experte im Nationalen Sicherheitsrat des Weißen Hauses am Dienstag hinter verschlossenen Türen zu sagen hatte, stieß im US-Kongress offenbar auf großes Interesse. Kein Wunder: Für die Demokraten im Repräsentantenhaus, die wegen der Ukraine-Affäre derzeit ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump prüfen, ist seine Aussage der Beleg dafür, dass der US-Präsident sein Amt missbraucht hat – mit dem Ziel, sich Material über seinen potenziellen Herausforderer bei der Wahl im kommenden Jahr zu beschaffen. Sie vermuten, dass dafür US-Militärhilfe als Druckmittel eingesetzt wurde.

Vindman war bei dem Telefonat am 25. Juli dabei, in dem Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden drängte. Laut seiner vorab an die Öffentlichkeit gelangten Eingangserklärung war der Irakkriegs-Veteran „besorgt“ über die Tatsache, dass eine ausländische Regierung gegen einen US-Bürger ermitteln solle. „Und ich war besorgt über die Auswirkungen auf die Unterstützung der US-Regierung für die Ukraine.“ Dies würde auch der nationalen Sicherheit der USA schaden, erklärte er. Darum habe er seine Sorgen dem Chefanwalt des Nationalen Sicherheitsrats mitgeteilt.

Zwei Mal hat er Bedenken angemeldet

Dies war nicht das erste Mal, dass Vindman Bedenken hinsichtlich der Ukraine-Politik der Regierung anmeldete. Zwei Wochen vor dem Telefonat hatte er nach eigenen Angaben an einem Treffen teilgenommen, in dem ein Vertreter des Nationalen Sicherheitsrats der Ukraine zu Ermittlungen mit Blick auf Biden und die US-Demokraten gedrängt wurde. Hintergrund seien – unbewiesene – Korruptionsvorwürfe gegen den ehemaligen Vizepräsidenten und dessen Sohn Hunter Biden gewesen, der im Aufsichtsrat des ukrainischen Gasunternehmens Burisma saß.

Auch ging es um eine in rechten Kreisen verbreitete Verschwörungstheorie, wonach die Ukraine bei der Präsidentschaftswahl 2016 die Demokraten unterstützt haben soll. Auch dafür gibt es keinen Beleg.

Wird von den Aussagen Vindmans belastet: US-Präsident Donald Trump.
Wird von den Aussagen Vindmans belastet: US-Präsident Donald Trump.

© REUTERS

Auf amerikanischer Seite nahmen an dem Treffen am 10. Juli der damalige Nationale Sicherheitsberater John Bolton teil, der Sondergesandte für die Ukraine, Kurt Volker, US-Botschafter bei der EU Gordon Sondland und Energieminister Rick Perry. Laut Vindman erinnerte die ukrainische Seite dabei an ein Versprechen Trumps, Selenskyj im Weißen Haus zu empfangen. Sondland habe daraufhin die Untersuchungen gegen die Bidens und in der Frage der angeblichen Einmischung der Ukraine in die Wahl 2016 als Vorbedingung genannt, worauf Bolton das Treffen abrupt beendet habe. Sondland habe das Thema später erneut aufgebracht.

Er bringt den Washingtoner EU-Botschafter in Bedrängnis

„Ich habe gegenüber Botschafter Sondland erklärt, dass seine Aussagen unangemessen waren, dass die Forderung, gegen Biden und seinen Sohn zu ermitteln, nichts mit der nationalen Sicherheit zu tun haben“, erklärte Vindman laut seinem Eingangsstatement. Auch hier habe er seine Bedenken mit dem Chefanwalt des Nationalen Sicherheitsrats, John Eisenberg, geteilt. Seine Vorgesetzte, Fiona Hill, habe ihm zugestimmt – was diese vor zwei Wochen in ihrer Anhörung bestätigte.

Auch Hill erzählte dem Anwalt demnach von ihren Bedenken – auf Drängen von Bolton. Vindman war der erste von den Abgeordneten befragte Zeuge, der an dem Telefonat zwischen Trump und Selenskyj teilnahm. Bekannt geworden war das Gespräch durch die Beschwerde eines anonymen Geheimdienstmitarbeiters.

Sondland, der Geschäftsmann aus Portland/Oregon, der Botschafter wurde, nachdem er Trump eine Million Dollar für die Amtseinführung spendete, hatte in seiner Anhörung am 17. Oktober im Repräsentantenhaus vehement bestritten, von Ermittlungen gegen die Bidens gewusst zu haben.

In seinem von ihm selbst veröffentlichten Eröffnungsstatement hatte er erklärt: „Ich kann mich an keine Diskussion mit einem Vertreter des Außenministeriums oder des Weißen Hauses über den ehemaligen Vizepräsidenten Biden oder dessen Sohn erinnern, genauso wenig erinnere ich mich an Bemühungen, Ermittlungen gegen die Bidens zu fordern.“

Vindmans Aussage widerspricht dem fundamental. Von demokratischer Seite wurde bereits der Vorwurf eines Meineids von Sondland erhoben. Erwogen wird, ihn ein zweites Mal vorzuladen.

Bolton soll aussagen

Mit Spannung wird in Washington auch darauf gewartet, wie sich der inzwischen geschasste Bolton verhalten wird. Erkenntnisse dazu könnte es schon kommende Woche geben: Das „Wall Street Journal“ meldete am Mittwoch, dass ihn das Repräsentantenhaus am 7. November anhören will.

Bolton soll in Bezug auf Trumps Ukraine-Telefonat von "einem krummen Ding" gesprochen haben, das Trumps persönlicher Anwalt Rudy Giuliani und der kommissarische Stabschef Mick Mulvaney "ausheckten". Bolton wurde im September von Trump entlassen. Beide hatten bei einer Reihe von außen- und sicherheitspolitischen Fragen höchst unterschiedliche Ansichten, etwa beim Umgang mit Nordkorea und dem Iran.

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