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Ukraine-Invasion Tag 244: 28 Personen in einer kleinen Zelle – eine Ukrainerin spricht über die russische Gefangenschaft
Bundespräsident Steinmeier in der Ukraine, USA erwägen Lieferung älterer Hawk-Systeme. Der Überblick am Abend.
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108 Ukrainerinnen hatte Russland Anfang vergangener Woche im Rahmen eines Gefangenenaustauschs freigelassen. Eine von ihnen ist die 25-jährige Alina Panina. Im Gespräch mit dem britischen „Guardian“ (Quelle hier) hat sie nun von ihrer Zeit in Mariupol, ihrer Gefangennahme und der Zeit im Lager in Oleniwka im Gebiet Donezk erzählt. Jenem Ort, an dem im Juli bei einem Anschlag über 50 Menschen getötet und mehr als 70 verletzt worden waren.
Panina berichtet, dass sie zu Beginn der russischen Invasion der Ukraine im Hafen von Mariupol mit ihren beiden Hunden gearbeitet habe – sie habe die Ladungen von Schiffen auf Schmuggelware überprüft. Dann schloss sie sich den Soldaten im kleineren Stahlwerk der Stadt an. Sie berichtet, wie die russischen Truppen immer näher kamen, bis sie und ihre Mitstreiter sich in einen Bunker zurückziehen mussten, aus dem sie sich kaum noch heraus getrauten. Bis zur Kapitulation am 17. Mai.
„Es war beängstigend, denn wir kamen ohne Waffen oder Panzerwaffen heraus“, erinnert sie sich an den Moment. Schließlich wurde sie nach Oleniwka gebracht, ihre Hunde nahm man ihr weg. Ihre Zelle sei sechs mal vier Meter groß gewesen mit vier nackten Holzbetten. Zunächst seien sie sieben Frauen gewesen, innerhalb einer Woche hätten sich dann 28 Personen eine Zelle geteilt. Die einzige Abwechslung sei ein 15-minütiger Spaziergang am Tag gewesen. Kontakt mit den Männern sei ihnen nicht erlaubt gewesen. „Wir durften nicht mit ihnen sprechen. Sie schienen zu verkümmern, sie wurden immer dünner und dünner“, sagte sie der Zeitung.
Und schließlich, nach fünf Monaten, wurde sie freigelassen, auch wenn ihr zuvor nichts davon gesagt worden war. Sie erinnert sich, wie andere Frauen vor Freude zu weinen begannen – und sie erinnert sich an die russischen Soldaten, die gegen sie ausgetauscht wurden. „Ich schaute sie direkt an, aber sie schauten mir nicht in die Augen, sagt Panina. Sie schauten zu Boden.“
Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick
- Ein Luftalarm während seines Besuchs im ukrainischen Korjukiwka hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für anderthalb Stunden in einen Luftschutzkeller gezwungen. „Unser Besuch begann mit einem Luftalarm und wir haben die ersten anderthalb Stunden im Luftschutzkeller verbracht“, sagte Steinmeier. Mehr dazu erfahren Sie hier.
- Im Ukraine-Krieg verliert Russland nach britischer Einschätzung besonders viele Kampfhubschrauber. Seit Beginn der Invasion gebe es mindestens 23 bestätigte Verluste des Kampfhubschraubers Ka-52 (Nato-Code: Hokum-B), teilte das Verteidigungsministerium unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. Mehr dazu hier.
- Die Gefährdungslage im Cyberraum ist so hoch wie nie zuvor. Von Juni 2021 bis Mai 2022 hat sich die Situation laut Lagebericht des Bundesamtes für Informationssicherheit weiter zugespitzt. Einer der Hauptgründe dafür ist der Ukraine-Krieg, der auch in Deutschland die Cyberlage verändert hat. Mehr dazu lesen Sie hier.
- Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich dafür ausgesprochen, schon vor Ende des Krieges einen „Marshallplan“ für den Wiederaufbau der Ukraine aufzustellen. Dies sei „eine Generationenaufgabe, mit der man jetzt beginnen müsse“, sagte er bei einer internationalen Wiederaufbaukonferenz in Berlin. Mehr dazu hier.
- Die Katastrophenschutzbehörden in vielen Landkreisen und Städten sind nach Recherchen des ARD-Politikmagazins „Report Mainz“ bisher nicht für einen längeren Stromausfall gewappnet. Eine Vielzahl hat weder einen Notfallplan noch Notbrunnen. Mehr dazu erfahren Sie hier.
- Der Finanzier der Söldnergruppe „Wagner”, Jewgeni Prigoschin, soll parallel zur russischen Armee eine militärische Struktur aufbauen, die Putins Macht untergraben könnte. Zu dem Schluss kommen Analysten des Institute for the Study of War (ISW). Mehr dazu in unserem Newsblog.
- Die USA erwägen Regierungskreisen zufolge die Lieferung älterer Hawk-Luftabwehrsysteme aus Lagerbeständen an die Ukraine wegen der massiven russischen Raketen- und Drohnenangriffe. Das Hawk-System basiert auf Technik aus Zeiten des Vietnam-Kriegs, wurde aber mehrfach aufgerüstet.
- Die russische Besatzungsmacht im Süden der Ukraine stellt wie in Cherson auch im Gebiet Saporischschja eine paramilitärische Heimatwehr auf. Deren Einheiten sollten Straßen, Brücken, Bahngleise, Fabriken und Infrastrukturobjekte bewachen, sagte Verwaltungschef Jewgeni Balizki am Dienstag.
- Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal hat die militärische Unterstützung Deutschlands gelobt, gleichzeitig aber um weitere Waffen gebeten - auch Panzer. Bei der Wiederaufbaukonferenz in Berlin würdigte er vor allem das Flugabwehrsystem Iris-T, das eine ganze Großstadt schützen kann.
- Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat der Ukraine weiterhin die volle Unterstützung ihres Landes zugesichert. In ihrer Regierungserklärung nach der Amtsübernahme sagte die rechte Politikerin, Italien stehe als Teil der Atlantik-Allianz weiter zuverlässig an der Seite Kiews.
- Wegen der Schäden am Stromnetz durch russischen Beschuss ist in allen ukrainischen Regionen erneut stundenweise der Strom abgeschaltet worden. Der Energieversorger Ukrenerho begründete die Beschränkungen damit, dass die Belastung der Netze verringert und die Energiesysteme stabilisiert werden sollten.
- Nach russischen Vorwürfen, die Ukraine plane den Einsatz einer „schmutzigen“ Bombe, hat Kiew selbst eine Kontrolle durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) angefordert. Experten der Organisation würden in den nächsten Tagen zwei ukrainische Atomanlagen untersuchen, die von Russland erwähnt worden seien, kündigte IAEA-Chef Rafael Grossi an.
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