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Walentina Busina trauert am Tatort um ihren am Donnerstag ermordeten Sohn, den russlandfreundlichen Journalisten Oles Busina.

© Imago

Drei Morde in fünf Tagen: Ukrainische Nationalisten bekennen sich zu Anschlägen

Ukrainische Nationalisten bekennen sich zu Morden an prorussischen Journalisten und Politikern. Die Gruppe droht weiteren "antiukranischen" Personen und setzt ihnen ein Ultimatum, das Land zu verlassen.

„Vier Kugeln für Oles“ titelt „Vesti“, die größte russischsprachige Gratis-Tageszeitung der Ukraine. Oles Busina wurde am Donnerstagmittag vor seinem Wohnhaus in einer Kiewer Schlafstadt vor den Augen mehrerer Anwohner regelrecht hingerichtet. Mit dem Tod des Autoren und russlandfreundlichen Journalisten starben innerhalb von fünf Tagen drei Menschen. Zunächst rätselten die Verantwortlichen in der Ukraine über die Täter und ihre Motive, seit Freitag herrscht Klarheit: Eine nationalistische Gruppe namens Ukrainische Aufständische Armee (UPA) bekannte sich zu diesen und anderen Morden.

Die nationalistische Gruppe drohte in E-Mails an die Opposition und den Politologen Wladimir Fessenko, weitere „antiukrainische“ Personen zu töten. Sie setzten diesen ein Ultimatum von 72 Stunden, das Land zu verlassen. „Die Zeit des Volkszorns ist gekommen“, schrieb die UPA. Der Beamte Anton Geraschtschenko vom Innenministerium in Kiew nannte die Absender Psychopathen.

Ole Busina, Vater einer Tochter, hatte die „Anti-Maidan“-Bewegung unterstützt. Im Winter 2013/2014 hatte eine Gruppe innerhalb der damaligen Regierungspartei „Partei der Regionen“ versucht, gegen die proeuropäischen Maidan-Demonstrationen, die zum Sturz des verhassten Präsidenten Viktor Janukowitsch führten, mit landesweiten, teilweise gewaltsamen Gegenprotesten anzugehen. Busina lieferte damals fast täglich eine Kolumne, die Millionen Leser fand. Am Mittwoch war bereits Oleg Kalaschnikow im Treppenhaus seiner Wohnung mit zehn Treffern in Kopf und Oberkörper erschossen worden. Er saß für die ehemalige Janukowitsch-Partei im Parlament und gilt als einer der Organisatoren der Anti-Maidan-Bewegung. Am Montag fanden Passanten die Leiche des Journalisten Sergej Suchobok. Er hat zuletzt als freier Mitarbeiter mehrerer Magazine aus den besetzten Gebieten im Donbass berichtet. Seine Leiche wurde derart entstellt, dass die Bestattungsfeier am Freitag mit geschlossenem Sarg stattfand. Bei orthodoxen Christen ist es eigentlich üblich, dass der Sarg während der Trauerfeier geöffnet bleibt.

Präsident Petro Poroschenko sprach angesichts der Morde von „Provokationen“, deren Ziel die Destabilisierung der Ukraine sei. Allerdings äußerte er sich, bevor sich die UPA zu den Morden bekannt hatte. Zwischenzeitlich wurde auch vermutet, die Aktionen trügen die Handschrift russischer Spezialdienste. Ein Sprecher des russischen Außenministeriums hatte die Vorwürfe empört zurückgewiesen.

In Kiew geht die Angst um, wer der nächste sein wird. Die beiden Politiker der „Partei der Regionen“, Olena Bondarenko und Nikolai Leschtschenko, haben ebenfalls Morddrohungen bekommen. Innenminister Arsen Awakow hat schon vor dem Ultimatum der UPA Polizeischutz für Bondarenko angeordnet.

Seit Anfang des Jahres wird die Ukraine von einer Serie von Morden und rätselhaften Todesfällen erschüttert. Bisher hatte es vor allem prominente Politiker getroffen. Nun auch prominente Journalisten. (mit dpa)

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