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Diskussionsgegenstand: AfD-Vorsitzende Alice Weidel (m.) und Tino Chrupalla (l.) unter anderem mit Parteikollege Björn Höcke (r.) während der Wahlparty zur Bundestagswahl.

© dpa/Sören Stache

Umgang mit AfDlern in Behörden und bei Waffen: Thüringens Innenminister kritisiert den Bund

Wie umgehen mit Beamten und Waffenbesitzern, die gleichzeitig Mitglied in der AfD sind? Das wird Thema bei der Innenministerkonferenz ab Mittwoch sein. Doch die Antwort darauf gestaltet sich schwierig.

Stand:

Bislang findet sich das Thema nicht auf der öffentlichen Tagesordnung, dennoch dürfte es die Innenminister der Länder beschäftigen, wenn sie ab Mittwoch in Bremen zur Innenministerkonferenz (IMK) zusammenkommen.

Wie will man damit umgehen, sollte die Einstufung des Verfassungsschutzes der AfD als gesichert rechtsextremistisch gerichtlich bestätigt werden? Welche Konsequenzen soll dies etwa für Beamte und Waffenbesitzer haben?

Nachdem der Verfassungsschutz die Partei im Mai auf Bundesebene als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft hatte, beriet die IMK im Juni über den möglichen weiteren Umgang mit AfD-Mitgliedern. Das Ergebnis war die Einberufung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe.

Darin sollten Spitzenbeamte aus den Landesministerien und vom Bund zumindest gemeinsame Rahmenbedingungen zu Dienst und Dienstrecht, Waffenbesitz und Sicherheitsüberprüfungen erarbeiten – für den Fall, dass die Hochstufung der AfD bestätigt wird. Die Partei wehrt sich derzeit juristisch gegen die Bewertung. Die Behörden haben bis zur Entscheidung eine Stillhaltezusage abgegeben, tun also so, als gäbe es die Einstufung noch nicht.

Die Zeit drängt

Doch konkrete Ergebnisse wurden noch nicht publik. Dabei drängt die Zeit, denn es ist unklar, wann das Verwaltungsgericht Köln final über die Einstufung entscheidet.

Gleichzeitig ist der Umgang mit AfD-Mitgliedern etwa im öffentlichen Dienst höchst brisant. Nicht nur, weil die Einstufung potenziell tausende Staatsdiener betreffen könnte. Die AfD liegt gleichzeitig in bundesweiten Umfragen in etwa gleichauf mit der Union bei rund 27 Prozent.

In Sachsen-Anhalt gehen aktuelle Befragungen gar von bis zu 39 Prozent aus, in Mecklenburg-Vorpommern von 38. In beiden Ländern wird im kommenden Jahr ein neuer Landtag gewählt.

Allerdings scheint sich die Arbeit in der eingesetzten Gruppe zumindest herausfordernd zu gestalten. Fraglich ist etwa, welche weiteren Merkmale im Einzelfall zusätzlich zu einer Mitgliedschaft hinzukommen müssen, um tätig zu werden.

Es darf keine Waffen in den Händen von Extremisten geben, da gibt es keinen Interpretationsspielraum.

Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) zu waffenrechtlichen Konsequenzen bei einer Einstufung der AfD

Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) kritisierte vor der IMK im Tagesspiegel mit Blick auf die Arbeitsgruppe: „Da hätte mehr gemacht werden können. Das Ergebnis ist nicht zufriedenstellend.“ Beim Dienstrecht fordert der Minister einen „klaren Rahmen“, wie er sagt: „Natürlich geht es um Einzelfallprüfungen, aber man kann gleichzeitig etwa Fallgruppen definieren und bestimmte Abstufungen festlegen.“

Es gibt erste Ergebnisse

Auch beim Waffenbesitz fordert Maier ein koordiniertes Handeln: „Beim Waffenrecht braucht es eine Gesetzesänderung. Gerichte in unterschiedlichen Ländern kommen zu unterschiedlichen Auslegungen“, sagte er. „Aber es darf keine Waffen in den Händen von Extremisten geben, da gibt es keinen Interpretationsspielraum.“

„Das Ergebnis ist nicht zufriedenstellend“: Thüringens Innenminister Georg Maier kritisiert Innenminister Dobrindt und die Union.

© dpa/Martin Schutt

In diesem Zusammenhang kritisierte Maier auch Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU): „Bei beiden Themen merkt man der Union und dem Bundesinnenministerium Zurückhaltung an“, sagt Maier. „Ich finde das sehr bedauerlich.“

Das von Maier angesprochene Innenministerium äußert sich auf Tagesspiegel-Anfrage zurückhaltend und antwortete auf die Frage nach Zeitplan und Ergebnissen lediglich, die Arbeitsgruppe habe „erfolgreich ihre Arbeit aufgenommen“.

Unklar ist auch, welche Auswirkungen eine gerichtlich bestätigte Einstufung der AfD tatsächlich hätte. Rechtsexperten verweisen darauf, dass es sich bei Konsequenzen für Beamte, die Mitglieder einer als gesichert rechtsextremistisch geführten Partei sind, weiterhin um Einzelfallentscheidungen handeln würde. „Das Grundgesetz kennt das Etikett ,gesichert rechtsextremistisch‘ gar nicht“, sagt etwa der Staats- und Verwaltungsrechtler Christian Pestalozza von der FU Berlin. „Das heißt, eine Einstufung der AfD hätte auf dieser Ebene keine Konsequenzen.“

Vielmehr würde anhand der dokumentierten Aussagen und Verhaltensweisen eine Anhörung der betreffenden Person stattfinden, auf deren Grundlage die Entscheidung individuell getroffen werde. Ob diese Person in der Partei aktiv oder passiv agiere, spiele dabei keine Rolle, sagt Pestalozza. Und fügt hinzu: „Man kann eine nicht verbotene Partei und ihre Mitglieder nicht so behandeln, als sei sie schon verboten“.

Schon heute prüfen einige Länder Bewerber auf Beamtenpositionen intensiver als zuvor, etwa durch eine Regelabfrage beim Verfassungsschutz. In Hamburg gilt das nicht für alle Anwärter auf den Staatsdienst, sondern speziell für Polizisten, in Mecklenburg-Vorpommern für Mitarbeiter der Justiz. Andere Länder planen, ihre Überprüfungen auszubauen.

In Brandenburg gibt es seit September 2024 sogar einen sogenannten „Verfassungstreue-Check“ für alle Beamtenanwärter. Damit mache man es „Verfassungsfeinden deutlich schwerer, als Lehrer unsere Kinder zu unterrichten, als Polizisten zu arbeiten oder als Richter oder Staatsanwälte über Schuld und Unschuld zu urteilen“, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) bei der Einführung.

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