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Flüchtlinge protestieren gegen die israelische Flüchtlingspolitik. Israel hat sich nach eigenen Angaben mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk auf eine Umsiedlung von mindestens 16 250 afrikanischen Flüchtlingen geeinigt.

© dpa/Tsafrir Abayov

Update

Umsiedlung tausender Flüchtlinge: Netanjahu will Übereinkunft mit dem UNHCR „überdenken“

Am Montagnachmittag verkündete der israelische Regierungschef, tausende Einwanderer in Länder wie Deutschland umsiedeln zu wollen. Kurze Zeit später ruderte er zurück - vorerst.

Kurz nach der Verkündung einer Vereinbarung zur Umsiedlung afrikanischer Einwanderer aus Israel in Länder wie Deutschland hat der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu die Übereinkunft ausgesetzt. Er wolle die Bedingungen der Vereinbarung mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR "überdenken", teilte Netanjahu am Montagabend auf seiner Facebook-Seite mit. Netanjahu schrieb, dass er sich zunächst mit Bewohnern aus dem Süden Tel Avivs treffen werde. Danach werde es eine erneute Bewertung des Plans geben. Über den UNHCR-Deal hatten sich Anwohner des Stadtgebiets beschwert. Viele der Flüchtlinge leben dort. Nach einem Bericht der „Haaretz“ war der Plan auch von Mitgliedern der rechts-religiösen Regierung Netanjahus scharf kritisiert worden.

Zuvor hatte Israel sich mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) darauf geeinigt, innerhalb der nächsten fünf Jahre rund 16 000 afrikanische Flüchtlingen in andere Länder umzusiedeln. Dies gaben Netanjahu und das UNHCR in Genf bekannt. Netanjahu sagte, weitere rund 16 000 Migranten dürften im Gegenzug in Israel bleiben und bekämen einen „offiziellen Status“. Das Prinzip sei: Ein Flüchtling werde umgesiedelt für einen, der bleiben dürfe.

Als mögliche Aufnahmeländer nannte Netanjahu Staaten wie Deutschland, Kanada und Italien. Das Hilfswerk stellte aber am Abend klar, dass es mit diesen Ländern dazu keine Absprachen oder Abkommen gebe. Wie die Deutsche Presse-Agentur weiter aus Kreisen des UNHCR erfuhr, bemüht sich das Flüchtlingshilfswerk nun erst um Aufnahmeplätze im Ausland.

Laut UNHCR betrifft das Abkommen rund 39 000 Migranten aus Eritrea und dem Sudan. Israel stuft sie als illegale Einwanderer ein und bezeichnet sie als „Eindringlinge“. Asylanträge wurden nur im Ausnahmefall gebilligt.

Die israelische Regierung hatte ursprünglich angekündigt, die Menschen in afrikanische Drittländer abzuschieben. Bis Ende März wurde ihnen in Israel die Möglichkeit gegeben, freiwillig auszureisen; Israel bot ihnen umgerechnet rund 2800 Euro. Danach drohte ihnen Gefängnis.

Bundesinnenministerium wusste von keiner Anfrage

Das Bundesinnenministerium teilte mit, ihm sei keine konkrete Anfrage bekannt, in Israel lebende Flüchtlinge im Rahmen des UNHCR-Umsiedelungsprogramms aufzunehmen. Deutschland sei seinen humanitären Verpflichtungen, auch durch die Aufnahme solcher Flüchtlinge aber „immer umfassend nachgekommen und wird das auch in Zukunft tun“. Ein Sprecher der Deutschen Botschaft in Israel berichtete, dass etwa 2014 bis 2018 gut 9600 Flüchtlinge im Rahmen von UNHCR-Programmen in Deutschland aufgenommen wurden. Das italienische Außenministerium erklärte in Rom, es gebe "keine Vereinbarung" zur Aufnahme afrikanischer Flüchtlinge aus Israel.

Netanjahus Büro erklärte, wegen des Abkommens gebe es in den nächsten fünf Jahren nun keine Notwendigkeit, „die Politik der erzwungenen Ausweisung in Drittstaaten fortzusetzen“. Die Regierung habe zwar versucht, den ursprünglichen Plan umzusetzen. Aber aufgrund von „rechtlichen Zwängen und politischen Schwierigkeiten aufseiten der Drittstaaten“ sei es notwendig gewesen, einen anderen Weg zu finden. Die Einigung mit dem UNHCR folge internationalem Recht.

Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International Israel begrüßten die Einigung. Man werde darauf achten, dass alle Asylsuchenden einen Status, Rechte und Sicherheit in Israel und den anderen Ländern erhalten würden, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung.

Mehrfach hatten Tausende Israelis in den vergangenen Wochen gegen die Abschiebung der Flüchtlinge demonstriert. Holocaust-Überlebende appellierten an die Regierung, sich angesichts der Geschichte des eigenen Volkes menschlich zu zeigen. (dpa, AFP)

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