zum Hauptinhalt
Für den Klimaschutz: Demonstranten vor dem Berliner Verwaltungsgericht

© dpa/Paul Zinken

Umwelt vor Gericht: Eine Klimaklage ist auch „for future“

Eine Absicht sei kein Gesetz, meinen Richter, und weisen Biobauern ab. Eine richtige Klage und ein kluges Urteil – denn die Zukunft ist offen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Rechtsgeschichte schreibt auch, wer seine Klagen verliert. Insoweit ist den Biobauern, die einen Klima-Prozess gegen die Bundesregierung angestrengt haben, ein Kapitel in den juristischen Nachschlagewerken sicher. Das ist ein Erfolg, ebenso wie die große Beachtung, die die Landwirte mit ihrem Vorgehen gefunden haben.

Dennoch sind sie gescheitert. Keine Klagebefugnis, urteilte das Berliner Verwaltungsgericht am Donnerstag. Ein Kabinettsbeschluss zum Klimaschutz sei keine rechtsverbindliche Regelung mit Außenwirkung, sondern eine politische Absichtserklärung. Wenn die Regierung ihre selbstgesteckten Ziele verfehlt, kann der Rechtsstaat nichts ausrichten, lautet die Botschaft aus dem Gericht.

Hier liegt der wesentliche Unterschied etwa zu den Klagen der Deutschen Umwelthilfe auf Fahrverbote. Bei denen geht es um handfeste Grenzwerte und das politische Versagen, sie mittels einfachster und wirksamer Maßnahmen – eben Fahrverboten – einzuhalten. Auch der Rückgriff auf Grundrechte ging jetzt ins Leere. Der Staat hat Grundrechte zu schützen, meint das Gericht. Aber wie, da hat er einigen Spielraum – und er hat Zeit.

Der Politik muss es möglich sein, weiche Ziele zu formulieren

Eine Niederlage? Im Prinzip nein. Es ist nachvollziehbar, dass die Justiz, so dringlich der Wunsch nach globaler Abkühlung ist, zurückhaltend agiert. Sie soll nach Regeln entscheiden, aber der Versuchung widerstehen, selbst welche zu machen.

Eine Regierung muss „weiche“ Ziele formulieren und, statt Grenzwerte zu bestimmen, Wegmarken beschreiben können. Der politische Prozess ist weniger festgelegt und weniger berechenbar als der juristische. Man muss korrigieren können, während er läuft. Zudem gibt es weder ein Urteil noch ein Ende.

Dass nicht alles abwegig an der Klage ist, erweist sich schon an der Tatsache, dass für sie wegen grundsätzlicher Bedeutung der Weg in die nächste Instanz eröffnet wurde. Schon damit steigt der Druck.

Und um Druck geht es. Druck auf die Politik, schärfere Vorgaben zu machen; Druck auf die Wirtschaft, weniger zu emittieren; Druck auf Konsumenten, schädliches Konsumieren zu unterlassen. Der Mentalitätswandel ist, jedenfalls in Deutschland, allerorts spürbar. Man sollte ihn nutzen.

Irgendwann wird die Justiz zu ihrem Recht kommen. Warum sollte es nur den Bauern zustehen? Warum nicht auch den Tieren, die sie züchten? Oder den Äckern, die sie pflügen? Der Klimawandel macht deutlicher denn je, dass Natur viel mehr ist als nur eine nutzerfreundliche Umgebung des Menschen.

Zur Startseite