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Union und SPD „haben dem Land geschadet“: Habeck verteidigt Grünen-Ablehnung des Schuldenpakets
Vizekanzler Robert Habeck wirft CDU/CSU und SPD Klientelpolitik vor. Statt Investitionen wolle man vor allem Ausgaben wie die Mütterrente finanzieren. Zuspruch erhält er von Ökonominnen und Ökonomen.
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Der amtierende Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hat die Entscheidung der Grünen-Fraktionsspitze verteidigt, dem Schuldenpaket von Union und SPD in seiner aktuellen Form nicht zustimmen zu wollen. CDU, CSU und SPD würden so tun, „als gäbe es kein Morgen mehr“, sagte Habeck dem „Spiegel“. Die derzeitige Ablehnung sei daher nur folgerichtig. „Sie scheren sich nicht um die Zukunft, Klimaschutz, Generationengerechtigkeit, sondern nur um Wahlgeschenke für ihre Klientel“, sagte Habeck.
Am Vormittag hatten die beiden Vorsitzenden der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen in Berlin angekündigt, dem milliardenschweren Verteidigungs- und Infrastrukturpaket von CDU/CSU und SPD nicht zustimmen zu wollen. Parteichefin Franziska Brantner sagte, die Grünen stünden zur Finanzierung von Wahlgeschenken von Union und SPD nicht zur Verfügung. Stattdessen wolle man eine nachhaltige Reform der Schuldenbremse.
Habeck bezichtigt Merz der Lüge
Im Wahlkampf hatte Robert Habeck – im Gegensatz zu Friedrich Merz und nahezu allen Politikern von CDU und CSU – die Notwendigkeit einer finanzpolitischen Reform klar benannt. Auch dafür wurde der Wirtschaftsminister seitens der Union stets scharf angegangen, sowohl persönlich als auch inhaltlich. Diese Taktik kritisierte nun wiederum Habeck. „Friedrich Merz und die Union haben jede Reformdebatte verhindert und lächerlich gemacht“, sagte der Grünen-Politiker. Dem Unions-Kanzlerkandidaten warf er vor, seinen Wahlkampf auf eine Lüge gebaut zu haben.
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Auch an der SPD, mit der die Grünen aktuell noch regieren, arbeitete sich Habeck ab. Sie habe „geflissentlich den großen Mehrbedarf bei Verteidigung ausgeblendet und bei der Ukrainehilfe immer wieder gezögert“, kritisierte Habeck. „Beide haben dem Land geschadet“, so der Vizekanzler über die Parteien, die am Donnerstag in Koalitionsverhandlungen eintreten wollen. Deutschland habe „Besseres verdient als das, was die ,KleiKo’ hier vorlegt“, sagte Habeck.
Grimm, Kemfert und Nagel äußern Verständnis
Die Parteivorsitzenden von Union und SPD hatten am Dienstag vergangener Woche angekündigt, Verteidigungsausgaben ab einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts von der Schuldenbremse ausnehmen und ein 500-Milliarden-Sondervermögen für die Infrastruktur schaffen zu wollen. Friedrich Merz, Lars Klingbeil und Co. begründeten das unter anderem mit der veränderten Sicherheitslage nach der Wahl.
Habeck wies nun darauf hin, dass diese Herausforderungen nicht über Nacht gekommen seien. Seine Partei habe daher schon länger auf mehr Investitionen und die Stärkung der Sicherheit gedrängt. Es sei „etwas anderes, wenn man über zusätzliche Investitionen Wachstum ermöglicht, als wenn man mit Schulden zusätzliche Ausgaben wie die Mütterrente finanziert oder blind Subventionen verteilt, die nicht zu zusätzlichen Investitionen führen“, kritisierte der Vizekanzler.
Ähnlich äußerten sich am Montag verschiedene Ökonominnen und Ökonomen. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm fürchtet, dass die geplanten Ausgaben für Mütterrente, Pendlerpauschale, Mehrwertsteuersenkung oder Agrardiesel eher ein Strohfeuer auslösen statt zu nachhaltigem Wachstum führen würden. Die Verstimmung der Grünen sei daher mehr als verständlich.
Die Energie- und Klimaexpertin Claudia Kemfert hält die Ablehnung der Grünen ebenfalls für nachvollziehbar. „Die Grünen sollten nur zustimmen, wenn die Gelder zweckgebunden in eine klimaneutrale Wirtschaft und energetische Gebäudesanierung gesteckt werden“, erklärte die Ökonomin am Montag. Sie hält die Grünen-Forderungen nach Klimainvestitionen und, dass Mittel nicht „in teure Steuergeschenke, die zudem sozial ungerecht sind“ fließen, für richtig.
Auch Bundesbank-Präsident Joachim Nagel warnte davor, mit dem Milliardenpaket von Union und SPD Haushaltslöcher zu stopfen. Man müsse darauf achten, „dass neue Verschuldungsspielräume auch nur neuen, zusätzlichen Investitionen zugutekommen“, sagte Nagel in Berlin. Reformen für mehr Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit müssten Vorrang vor Partikularinteressen erhalten.
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