Zusatzversicherung: Union will Kopfpauschale für die Pflege
Die unionsregierten Länder wollen Beitragszahler angesichts steigender Pflegekosten zum Abschluss einer Zusatzversicherung verpflichten. Allerdings bestehe noch "erheblicher Beratungsbedarf".
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München/Berlin - Zur Finanzierung der steigenden Pflegekosten sollen die Bürger nach Plänen der unionsregierten Bundesländer künftig höhere Beitragslasten schultern. Bayerns Sozialministerin Christa Stewens (CSU) stellte in München ein nach ihren Angaben mit den unionsgeführten Ländern abgestimmtes bayerisches Reformmodell vor. Demnach sollen alle rund 70 Millionen gesetzlich Pflegeversicherten zum Abschluss einer kapitalgedeckten Zusatzversicherung verpflichtet werden. Diese soll im ersten Jahr monatlich sechs Euro betragen und dann jedes Jahr um einen Euro steigen. Der allgemeine Pflegebeitrag soll weiterhin bei 1,7 Prozent fest bleiben.
"Das ist der Weg in die Zukunft", sagte Stewens mit Blick auf die Zusatzpauschale. So werde ein Kapitalstock aufgebaut, der ausschließlich für den jeweiligen Beitragszahler bestimmt sei. Ein früherer Vorschlag Bayerns zu einer unterschiedlichen Belastung der über und unter 60-Jährigen wurde bei den Abstimmungen verworfen. "Wir haben uns geeinigt mit allen unionsregierten Ländern", sagte Stewens.
"Neues Gefühl der Sicherheit"
Der pflegepolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Willi Zylajew (CDU), sagte dem Tagesspiegel, es gebe "noch erheblichen Beratungsbedarf". Grundsätzlich enthalte das von Bayern formulierte Konzept "gute Ansätze". Ungeklärt sei aber etwa, wie das angesparte Kapital vor staatlichem Zugriff gesichert werden könne. "Wenn man den Bürgern mehr abverlangt, müssen sie auch ein neues Gefühl der Sicherheit in unserem Sozialversicherungssystem bekommen."
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hatte die Bundesbürger bereits vergangene Woche auf einen höheren Pflegebeitrag eingestimmt. Wenn es mit der anstehenden Pflegereform eine Ausweitung der Leistungen geben solle, dann werde das "auch etwas kosten, das kann nicht mit 1,7 Prozent Pflegebeitrag bezahlt werden", sagte sie.
Sozialverband VdK: Vorschläge "sozial unausgewogen"
Beim Sozialverband VdK stieß der Länder-Vorschlag auf massive Kritik. Eine solche "Kopfpauschale" sei "sozial unausgewogen", weil sie nicht zwischen Gering- und Besserverdienern differenziere. Außerdem würden die Arbeitgeber geschont, zu deren Entlastung bereits bei Einführung der Pflegeversicherung 1995 ein Feiertag gestrichen worden sei. Der Verband plädierte stattdessen für eine Anhebung des Beitrags zur Pflegeversicherung um 0,2 oder 0,3 Prozentpunkte.
Auch die Linksfraktion im Bundestag lehnte das Modell ab. Der Vorschlag verschärfe die "soziale Schieflage". Jeder solle entsprechend seinem Einkommen seinen Beitrag zur Finanzierung der Pflegeversicherung beitragen, hieß es. Für die FDP-Bundestagsfraktion ist die pauschale Zusatzversicherung ein "halbherziger und mutloser Schritt". Angesichts der alternden und schrumpfenden Bevölkerung müsse die Finanzierung so schnell wie möglich umgestellt werden.
Demenzkranke sollen Hilfen erhalten
Gleichzeitig mit der Pflegeversicherungsreform will Bayern außerdem den Begriff der Pflegebedürftigkeit neu fassen, um auch Demenzkranken Anspruch auf Pflegehilfen zu geben. Die Einteilung in die drei Pflegestufen soll sich nach dem Vorschlag Bayerns nicht mehr nur an rein körperlichen Gebrechen, sondern auch an geistig-psychischen Erkrankungen orientieren. Die Schwere der Bedürftigkeit solle sich am Ausmaß der Abhängigkeit der Betroffenen orientieren.
Zylajew kritisierte die von den Ländern vorgesehene Senkung der Versicherungsleistungen für Pflegeheim-Bewohner zu Gunsten der ambulanten Pflege. Dies wäre "eine Bestrafung allein stehender Frauen im hohen Alter", sagte er. "Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Unionsfraktion da mitmacht." Ohne die Senkung der stationären Leistungen fehlten in dem Länderkonzept 2,5 Milliarden Euro, warnte Zylajew. Die geplante Umschichtung sei nicht gerecht. (tso/dpa)
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