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Alice Weidel (r.) mit Peter Boehringer (M.) und Hans-Holger Malcomess (l.)

© AFP/RONNY HARTMANN

Urteilstermin noch offen: Gericht lehnt Vertagung im Fall AfD gegen den Verfassungsschutz ab

Die AfD wollte das Verfahren am Oberverwaltungsgericht vertagen, scheiterte damit aber. In Münster soll entschieden werden, ob die Partei vom Verfassungsschutz beobachtet werden darf.

Mit mehreren Anträgen hat die AfD zu Beginn des Berufungsverfahrens der Partei gegen den Verfassungsschutz vergeblich versucht, eine rasche Entscheidung über ihre Einstufung als rechtsextremistischer Verdachtsfall zu verhindern. Noch bevor das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster am Dienstag in die inhaltliche Auseinandersetzung einstieg, forderte der Anwalt der Partei eine Vertagung.

Die Anträge wurden ebenso wie Einwände der AfD gegen die Besetzung des Senats abgelehnt. Am Vormittag mussten Beobachter zwischenzeitlich den Gerichtssaal verlassen, weil die AfD für einen bestimmten Punkt, der als nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Inhalte betraf, die Öffentlichkeit ausschließen lassen wollte.

Es sei nicht möglich gewesen, in der Kürze der Zeit auf die im Januar eingereichten rund 4200 Seiten Dokumente und 116 Stunden Videomaterial entsprechend einzugehen, sagte Christian Conrad. Außerdem forderte der Anwalt Einsicht in Gutachten zur AfD aus Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie in eine bislang nicht veröffentlichte neue Einschätzung der Gesamtpartei durch das Bundesamt.

Ein Vertreter des Bundesamtes betonte vor Gericht, die neue Einschätzung der AfD durch seine Behörde sei noch nicht final - „es gibt kein fertiges Gutachten“. Begleitet wurde der Verhandlungsauftakt von Protesten gegen die AfD in der Innenstadt von Münster. Die Polizei hatte das Gerichtsgebäude weiträumig abgesperrt.

Der 5. Senat soll klären, ob das Urteil aus der Vorinstanz am Verwaltungsgericht Köln Bestand hat. Das Bundesamt (BfV) mit Sitz in Köln hatte die Partei sowie die Jugendorganisation Junge Alternative (JA) als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Die Richter in Köln hatten diese Sicht im Jahr 2022 bestätigt. Entsprechend dürfen Partei und JA seitdem mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden.

Ethnischer Volksbegriff widerspreche dem Grundgesetz

Das Kölner Gericht verwies damals auf Gutachten und Materialsammlungen des Verfassungsschutzes. Auch Aktivitäten der Jugendorganisation flossen in die Bewertung ein. Sowohl im formal aufgelösten Flügel als auch in der JA sei ein ethnisch verstandener Volksbegriff ein zentrales Politikziel.

Danach müsse das deutsche Volk in seinem ethnischen Bestand erhalten und müssten „Fremde“ möglichst ausgeschlossen werden. Das stehe im Widerspruch zum Volksbegriff des Grundgesetzes. Es gebe auch Verlautbarungen, in denen „Umvolkungs“- und „Volkstod“-Vorwürfe erhoben würden. Außerdem sei eine ausländerfeindliche Agitation zu erkennen.

Von der Parteispitze waren der frühere Bundestagsabgeordnete Roman Reusch und Bundesschatzmeister Carsten Hütter in Münster im Gericht.

Urteilstermin noch offen

Das Gericht hat für Mittwoch noch einen zweiten Verhandlungstag angesetzt. Wann es ein Urteil geben wird, war am Dienstag zunächst noch offen.

Peter Boehringer hatte vor Beginn der Verhandlung im Deutschlandfunk auf die Frage, wie die Partei mit einer Niederlage umgehen würde, geantwortet, angesichts des Umfangs der zu klärenden Fragen wäre eine Entscheidung nach maximal zwei Tagen mündlicher Verhandlung alleine schon Grund für eine Revision.

Peter Boehringer ist stellvertretender AfD-Bundesvorsitzender.
Peter Boehringer ist stellvertretender AfD-Bundesvorsitzender.

© dpa/Sebastian Kahnert

Das Bundesverwaltungsgericht würde die Entscheidung des OVG allerdings lediglich auf mögliche Rechtsfehler hin prüfen. Inhaltliche Fragen spielen dort keine Rolle mehr.

Die Bremer Regierungsfraktionen, SPD, Grüne und Linke, streben ein mögliches Verbotsverfahren gegen die AfD an. Der Bremer Senat solle sich dafür auf Bundesebene einsetzen, teilten die Fraktionen vergangene Woche mit. Über ein Verbot kann nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden – nach einem Antrag von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung.

In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen hat der Verfassungsschutz den jeweiligen Landesverband als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft. Das gilt inzwischen auch für die JA und wurde durch das Kölner Verwaltungsgericht bestätigt. Die AfD will sich auch dagegen juristisch zur Wehr setzen. Allerdings ist dies nicht Gegenstand des Verfahrens in Münster. (dpa)

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