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Politik: US-Raketenabwehr: Union rügt Rumsfelds Plan

Unmittelbar vor der Reise von Außenminister Joschka Fischer nach Russland hat der außenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Karl Lamers, die neue US-Außenpolitik hart kritisiert. Amerika bedenke die Wirkung seiner Politik nicht genügend, sagte Lamers im Interview mit dem Tagesspiegel.

Unmittelbar vor der Reise von Außenminister Joschka Fischer nach Russland hat der außenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Karl Lamers, die neue US-Außenpolitik hart kritisiert. Amerika bedenke die Wirkung seiner Politik nicht genügend, sagte Lamers im Interview mit dem Tagesspiegel. Die Begründung für das umstrittene Projekt einer Raketenabwehr, man müsse so genannten Sorgenstaaten Einhalt gebieten, sei "unseriös". In der Bundesregierung hingegen wächst das Verständnis für die unter der Abkürzung NMD bekannt gewordenen Pläne. Russland lehnt das Projekt NMD bisher ab.

Lamers sagte dem Tagesspiegel, "das heute vorherrschende Handlungsmuster des Unilateralismus" in Washington führe dazu, dass die Bush-Regierung mit dem Raketenschirm NMD dem Ideal der Unverwundbarkeit nachjage und sich dadurch weltweit neue Feinde schaffe. Terroristen würden durch NMD zu "asymmetrischen Antworten" verleitet, also zu Anschlägen mit Kofferbomben. "NMD ist nur ein Anfang", sagte Lamers. Die Begründung für die Abwehrraketen, man müsse sogenannten Sorgenstaaten Einhalt gebieten, sei "unseriös". Europa müsse seine Introvertiertheit aufgeben, "Amerikas Partner und als dieser auch Widerpart sein" und Washington drängen, sich internationalen Rechtsnormen zu unterwerfen. Die EU dürfe keine falsche Bescheidenheit walten lassen, sondern müsse aktiv Weltpolitik betreiben, sagte Lamers.

In Washington sagte derweil ein Vertreter der Bundesregierung, nach dem Ende des Kalten Krieges gebe es völlig neue Unwägbarkeiten. Die globale Stabilität werde insbesondere durch die zunehmende Verbreitung nuklearer Waffen bedroht. Langfristig könne dies auch zu einer Gefährdung Europas führen. Deshalb sei es legitim, darüber nachzudenken, wie man auf Bedrohungen antworten kann, ohne ein Wettrüsten auszulösen. Russland beharrt auf einer Einhaltung des ABM-Vertrages von 1972. Dieser untersagt Washington und Moskau den Aufbau eines Raketenschildes. Der ABM-Vertrag werde von der Bundesregierung "nicht als Selbstzweck" betrachtet, sondern "funktional", sagte dazu der deutsche Regierungsvertreter. Das Ziel sei jedenfalls nicht das "Einfrieren von Rüstungskontroll-Abkommen". Allerdings betonte er auch, dass es in der Frage keinen Handlungsdruck gebe. Selbst innerhalb der neuen US-Regierung finde noch ein "Nachdenkprozess" über NMD statt. Außerdem würden die USA wohl keine einseitigen Entscheidungen treffen.

Russland begrüßte indes Äußerungen von US-Präsident Bush über eine mögliche Verringerung der Nuklearwaffen. "Wir sind zu sofortigen Verhandlungen mit den USA über eine weitere Reduzierung von strategischen Angriffswaffen bereit", zitierte die Agentur Interfax einen Militärsprecher. "Sobald Washington den ersten Schritt zum Aufbau eines nationalen Systems der Raketenabwehr macht, wird Moskau entsprechende Gegenmaßnahmen treffen", hieß es zu NMD. Ein Tauschgeschäft "Abrüstung für Raketenabwehr" mit den USA wird abgelehnt.

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