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Silvio Berlusconi kann sich in Italien auch künftig nicht pauschal von Strafprozessen befreien lassen.

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Italien: Verfassungsgericht beschränkt Berlusconis Immunität

Silvio Berlusconis Schutz vor gleich mehreren Verfahren ist nicht ganz verfassungswidrig, geht aber in Teilen zu weit. Das befanden Italiens höchste Richter.

Regierungsmitglieder können sich in Italien auch künftig nicht pauschal von Strafprozessen befreien lassen. Mit dieser Entscheidung haben Italiens Verfassungsrichter am Donnerstag in Rom den dritten Versuch von Ministerpräsident Silvio Berlusconi vereitelt, drei gegen ihn laufende Verfahren loszuwerden. Zwar verwarfen die 15 höchsten Richter das entsprechende Gesetz im Gegensatz zu den ersten beiden Malen nicht zur Gänze, wohl aber in seinen tragenden Teilen. Ob Berlusconi sich jetzt wieder den Mailänder Prozessen stellen muss, in denen er des Steuerbetrugs und der „Korruption in Justizangelegenheiten“ beschuldigt wird, hängt von den einzelnen Strafrichtern ab.

Mit dem im März 2010 vom Parlament verabschiedeten Gesetz wollte Berlusconi in die Strafprozessordnung den Gedanken aufnehmen lassen, dass Regierungsmitglieder infolge ihrer amtlichen, gesetzlichen, internationalen Verpflichtungen zu sehr oder mit höheren Aufgaben beschäftigt seien, als dass sie von Strafrichtern zur Teilnahme an Gerichtsterminen zitiert werden könnten. Eine entsprechende Bescheinigung – fallweise für einzelne, konkrete Regierungsverpflichtungen oder pauschal für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten – hätte das Amt des Regierungschefs ausgestellt; im Falle Berlusconis wäre er es also selbst gewesen.

Das Verfassungsgericht hat nun diese „berechtigte Verhinderung“ in ihrem Automatismus und ihrer Pauschalität für unzulässig erklärt. Sie verletze das prozessuale Gleichgewicht zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung und nütze einseitig nur dem Angeklagten, in diesem Falle Berlusconi. Ferner müsse der einzelne Richter die Möglichkeit haben, eine vom Angeklagten als amtliche Tätigkeit deklarierte „Verhinderung“ daraufhin zu überprüfen, ob sie tatsächlich terminlich unaufschiebbar oder nur vorgeschützt war – und ob sie gar erst nachträglich in den Terminkalender des angeklagten Regierungspolitikers aufgenommen worden ist.

Zudem haben die Verfassungsrichter bereits am Mittwoch eine von der Opposition beantragte Volksabstimmung über Berlusconis Gesetz zugelassen; auch dies wurde als Zeichen dafür gewertet, dass sie prinzipiell auch mit den neuen Bestimmungen unzufrieden sind.

Während Oppositionspolitiker in ihren ersten Reaktionen am Donnerstagabend erklärten, Berlusconi und seine Anwälte unter den Abgeordneten hätte eine „komplette Niederlage“ einstecken müssen, kritisierten Regierungspolitiker die Verfassungsrichter dafür, dass sie „die Dinge nur verkompliziert“ hätten. Berlusconi selbst hatte bereits am Vorabend der Entscheidung angekündigt, wie auch immer der Spruch des Verfassungsgerichts ausfalle, er werde sich davon „nicht beeinflussen lassen“. Die Mailänder Prozesse gegen ihn seien „lächerlich und nicht existent.“

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