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Exklusiv

Politik: Verfassungsschützer: Zulauf für Autonome und Neonazis

Bei linken und rechten Extremisten werden ausgerechnet die härtesten Gruppen stärker. Linksextreme Autonome haben demnach Zulauf, weil sie in in einigen Jugendmilieus bewundert werden. Eine Ursache für das Erstarken der Neonazi-Szene sehen Verfassungsschützer in der Stagnation der NPD.

Von Frank Jansen

Im vergangenen Jahr sei das Personenpotenzial der gewaltbereiten Linksextremisten, überwiegend Autonome, um 300 auf 6600 gestiegen, sagten Verfassungsschützer dem Tagesspiegel. Auf der anderen Seite wuchs die Zahl der Neonazis auf 5000 (2008: 4800). Angesichts dieser Entwicklung sei eine Zunahme der Konfrontation zwischen Rechten und Linken zu befürchten, hieß es. Außerdem seien vermehrt Angriffe sowohl linker Autonomer als auch rechter Gewalttäter auf die Polizei zu erwarten. Verfassungsschützer warnten, in beiden Lagern wachse die Bereitschaft, bei gezielten Angriffen die Verletzung von Menschen in Kauf zu nehmen.

Die Autonomen hätten Zulauf, weil die im vergangenen Jahr weiter gesteigerte Randale viel Aufmerksamkeit erregte und in einigen Jugendmilieus bewundert werde. Die Krawalle beim Nato-Gipfel in Straßburg und am 1. Mai in Berlin, die Autozündelei sowie die Angriffe auf Polizeiwachen und Neonazis fänden manche Jugendliche attraktiv. Und der politische Gegner wolle mithalten. Im Spektrum der Neonazis schauten vor allem die "Autonomen Nationalisten", die sich ebenfalls als schwarzer Block begreifen, "elektrisiert auf die linken Autonomen und was bei denen passiert". Die Zahl der Autonomen Nationalisten bezifferten Verfassungsschützer auf etwa 500 bis 600.

Eine Ursache für das Erstarken der Neonazi-Szene sehen Verfassungsschützer in der Stagnation der NPD. Die durch Finanzskandale und interne Konflikte geschwächte Partei habe im Superwahljahr wenig Erfolg gehabt, einzig in Sachsen gelang der (erneute) Einzug in den Landtag. So sei die Zahl der Mitglieder in den meisten Ländern gesunken, bundesweit habe die NPD die Marke von 7000 unterschritten. Vor allem in Berlin musste die zerstrittene Partei herbe Verluste hinnehmen. Von 330 Mitgliedern im Jahr 2008 blieben 250 übrig.

Härter noch traf es die DVU, die im vergangenen Jahr ihre letzte Bastion verlor. Die Partei flog nach zwei Legislaturperioden aus dem Landtag von Brandenburg und ist nun nach Ansicht von Verfassungsschützern "klinisch tot". Die Zahl der Parteimitglieder sei auf unter 5000 geschrumpft. Zum Vergleich: 2008 waren es 6000, zwei Jahre zuvor 8500.

Einen Rückgang stellte der Verfassungsschutz auch bei braunen Skinheads und anderen "subkulturell geprägten und sonstigen gewaltbereiten Rechtsextremisten" fest (2009: 9000, 2008: 9500). Die Szene der rechten Skins löst sich schon seit Jahren auf, ein Teil wechselt zu den stärker politisierten Neonazis.

Im Linksextremismus fiel neben dem Zuwachs für die Autonomen auch der weitere Anstieg bei der Gruppierung "Rote Hilfe" auf. Der Verein, der radikale Linke bei Prozessen zu politischen Straftaten unterstützt, zählt jetzt 5500 Mitglieder. Das sind 500 mehr als 2008, gegenüber 2007 ist sogar eine Zunahme um 1200 Mitglieder zu verzeichnen. Den altbacken kommunistischen Parteien DKP und MLPD liefen hingegen Leute weg. Die DKP sank auf unter 4000 Mitglieder (2008: 4200), die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" reduzierte sich um 300 auf nur noch 2000 Mitglieder.

Im Ausländerextremismus gab es kaum Veränderungen. Das Personenpotenzial der Islamisten blieb nach Angaben von Verfassungsschützern weitgehend stabil (2008: 34 720 Personen). Stärkste Gruppierung ist die türkische Organisation "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG)". Im nicht-islamistischen Extremismus dominiert weiterhin die "Arbeiterpartei Kurdistans (PKK)" mit ungefähr 11.500 Mitgliedern.

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