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Altkanzler Helmut Kohl urteilte hart über Freund und Feind.

© dpa

Kohls Tonband-Protokolle: Vergiftetes Vermächtnis

Es ist ein umstrittener Auftritt: Um 11 Uhr stellt der WDR-Journalist Heribert Schwan und sein Ko-Autor Tilmann Jens das Buch „Vermächtnis. Die Kohl-Protokolle“ vor – und zwar gegen den ausdrücklichen Willen des Altkanzlers.

Von Hans Monath

Auf den 256 Seiten halten die Autoren fest, wie hart der Kanzler der Einheit über Parteifreunde und politische Gegner urteilt. Helmut Kohl unter anderen über

- die Kanzlerin: „Frau Merkel konnte ja nicht richtig mit Messer und Gabel essen“

- den späteren Bundespräsidenten Christian Wulff: „Eine Null.“

- seinen langjährigen Arbeitsminister Norbert Blüm: „Verräter.“

Der Journalist Schwan hatte in den Jahren 2001 und 2002 insgesamt mehr als 600 Stunden lang Gespräche mit dem Altkanzler aufgezeichnet. Die Tonbänder dienten ihm beim Verfassen der Kohl-Memoiren. Allerdings trennte sich der Altkanzler im Jahr 2009 im Streit von seinem Biografen. Vor Gericht setzte er die Rückgabe der Tonbänder durch. Doch Schwan veröffentlicht den Inhalt der Gespräche trotzdem. Bereits am Montag brachte der „Spiegel“ eine ausführliche Geschichte mit vielen brisanten Zitaten. Heute nun wollen die Autoren ihr Werk in einer Pressekonferenz präsentieren.

Wurde Kohls Vertrauen missbraucht?

Die Buchautoren werden sich dabei unangenehme Fragen gefallen lassen müssen – etwa die, ob sie Kohls Vertrauen missbraucht haben. Das jedenfalls wirft ihnen der langjährige Kohl-Vertraute Horst Teltschik vor. „Das ist ein absoluter Vertrauensbruch, schlichtweg ein Skandal“, sagte der frühere außenpolitische Berater des Kanzlers Tagesspiegel online: „Das ist schlicht unanständig.“ Schwan nutze seine damalige Nähe zu Kohl, um mit dem unautorisierten Buch heute Geld zu machen. Dass sein ehemaliger Chef mit der deutschen Einheit eine historische Leistung vollbracht hat, steht für Teltschik außer Frage. Mit Blick auf Kohls in Oggersheim lagerndes Privatarchiv sagt er: „Die Dokumente sind hoch spannend und würden das Bild von Helmut Kohl in einem angemessenen, helleren Licht erscheinen lassen.“ Teltschiks Rat an Kohl und dessen Frau Maike Richter-Kohl: „Das Material sollte eines Tages für Wissenschaftler und Medien zugänglich gemacht werden.“

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