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Politik: Verrat mit Folgen

Sachsens NPD bekommt Tipps aus den demokratischen Fraktionen. Die mühen sich nun um mehr Einigkeit

Es sollte die Stunde der Demokraten werden am Freitag im sächsischen Landtag – aber es wurde auch die Stunde der NPD. Und Grund dafür war, dass die Fraktionen offenbar doch nicht so geschlossen gegen die Rechten zusammenstehen, wie sie es beteuern. Irgendjemand, so wurde nach dem Eklat schnell klar, hatte der NPD gesteckt, dass sich die demokratischen Fraktionen auf eine Schweigeminute für alle Opfer der Nazi-Gewaltherrschaft verabredet hatten, der sich die zwölf NPD-Abgeordneten schließlich verweigerten. Nur so ist es zu erklären, dass die Rechtsaußenpartei kurzfristig einen eigenen Antrag stellte, wonach nur die Opfer der Bombardierung deutscher Städte gewürdigt werden sollten. Nach den heimlichen Stimmen für NPD-Kandidaten bei geheimen Abstimmungen werde die NPD nun offenkundig auch gezielt und aktiv mit Informationen aus den anderen Fraktionen versorgt, sagt der Alterspräsident des Landtags, Cornelius Weiss von der SPD: „Das ist eine neue Qualität.“

Doch trotz dieses Vorfalls wächst die Zuversicht unter den demokratischen Parteien, gemeinsam den Deckel auf den braunen Topf halten zu können. Bisher war von Einigkeit wenig zu spüren. Die Abgeordneten der anderen Fraktionen stritten sich auch schon mal in aller Offenheit im Parlament über den Umgang mit der NPD. Zum Vergnügen der Rechten. Am Freitag war das anders. Erstmals hielten die Fraktionen zusammen. Stellvertretend für alle ergriff Weiss das Wort in der Debatte um die Bombardierung der Stadt Dresden im Februar 1945.

Die NPD war sichtlich irritiert. Deren Abgeordneter Jürgen Gansel sprach nach dem Auftritt von Weiss und dem sich anschließenden langen Applaus aus den Reihen von CDU, SPD, PDS, Grünen und FDP von „Applausseligkeit“ und einem „Kartell der Blockparteien“. Tatsächlich hatten sich die anderen Fraktionen erst vor wenigen Tagen darauf verständigt, künftig enger zusammenzuarbeiten, damit die NPD im Plenum nicht mehr so auftrumpfen kann. „Das Abspracheniveau soll verdichtet werden“, hatte GrünenFraktionschefin Antje Hermenau erklärt. Vor allem in der CDU hatte man sich geziert, die PDS mit ins Boot zu holen. Immer wieder war die SED-Nachfolgepartei in einem Atemzug mit der NPD genannt worden. Ihr war auch um die Ohren gehauen worden, dass die SED einst wie die NPD von einem anglo-amerikanischen Bombenterror auf Dresden gesprochen hatte – Politpropaganda im Kalten Krieg. Die PDS-Fraktion verwies darauf, dass im Gegensatz zur NPD, die vom „alliierten Bomben-Holocaust“ spricht, nicht mal die SED in Frage stellte, dass es einen Zusammenhang gab zwischen den Verbrechen der Nazis und der Bombardierung deutscher Städte.

Die Absprache habe sich bewährt, heißt es nun im Landtag, die NPD habe nicht nur ihre Maske fallen lassen, indem sie den Holocaust verharmlose. Sie sei endlich gegen die Wand gefahren. „Das hat schon ganz gut funktioniert“, erklärte der 71-jährige Weiss. „Es ist richtig, dass wir uns jenseits aller politischen Meinungsverschiedenheiten über die Auseinandersetzung mit der NPD nicht mehr zerstreiten“, fügte PDS-Fraktionschef Peter Porsch hinzu.

Die Grüne Hermenau, sieht die demokratischen Parteien in der Pflicht, die NPD zu demaskieren. Nur so könne den Rechtsextremen die Unterstützung durch Teile der Bevölkerung etwa im ländlichen Sachsen entzogen werden, sagte sie dem Tagesspiegel. „Insofern war der vergangene Freitag ein Erfolg für die demokratischen Kräfte. Mit der Schweigeminute für die Opfer der NS-Herrschaft haben wir die NPD-Abgeordneten gezwungen, ihre bürgerliche Tarnung abzulegen. Sie haben sich dann als das gezeigt, was sie sind: Faschisten, die den Nationalsozialismus reinwaschen und den Holocaust leugnen.“

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