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Mangelnde Koordination der Ampel: Von den großen Ankündigungen bleibt nur Verwirrung
Bundeskanzler Scholz hat Finanzminister Lindner entweder nicht zugehört oder falsch verstanden. So eskaliert der Konflikt um die Schuldenbremse. Ein Kommentar.

Stand:
Es kann einem schwindelig werden bei dieser Bundesregierung. Was will sie wie erreichen? Da kommt der Kanzler eigens per Helikopter aus dem Urlaub, um richtungweisende Entscheidungen zu verkünden, zur Rettung des Energiekonzerns Uniper und zu Entlastungen der Bürger:innen. Und danach fängt plötzlich doch wieder eine verwirrende Diskussion an, in welche Richtung es hier jetzt eigentlich geht.
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Die Rettung von Uniper durfte bestimmt nicht allein Anlass für die quasi-dramatische Aktion sein. Wie hätte das denn ausgesehen? Also versprach der Kanzler außerdem den von Teuerung und Energiekosten geplagten weniger Verdienenden, sie zu entlasten. Kurz: Das klingt nach viel Geld vom Staat. Sagt Olaf Scholz aber nicht. Und woher es kommen soll, auch nicht. Vorsichtshalber, wegen interner Diskussionen?
Zur Verwirrung gesellt sich Unmut. Wenn sich die Verantwortlichen schon untereinander nicht verstehen, wie sollen es die Menschen im Land außerhalb der politischen Blase verstehen? So hat Scholz seinen Vize-Vize, Finanzminister Christian Lindner, entweder nicht verstanden oder ihm nicht zugehört, als der etwas sagte zu seinem Retter-Auftritt.
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Da weiß man gar nicht, was schlimmer ist. Jedenfalls: Lindner hat einem „Bild“-Bericht widersprochen, wonach er ein neues Hilfsprogramm für Geringverdiener gestoppt haben soll. Der Zeitung zufolge ging es um fünf Milliarden Euro.
Was ist denn jetzt mit der Schuldenbremse vereinbar?
Möglicherweise ist das allerdings auch Wortklauberei. Lindner sagt nämlich, er verhindere die Entlastung nicht, im Gegenteil, er schlage sie vor – nur halt mithilfe seiner Pläne gegen die sogenannte kalten Progression, bei der Gehaltszuwächse durch steigende Steuersätze wieder aufgezehrt werden.
Der Minister will demnach für 2023 einen höheren Grundfreibetrag und einen „fairen Tarif der Lohn- und Einkommensteuer“. Das sei „vereinbar mit der Schuldenbremse“. Die Scholz-Versprechen dagegen nicht? Kann sein. Nur erklärt das keiner. Und vor allem scheint es vorher nicht richtig mit dem Finanzminister abgeklärt worden zu sein.
SPD-Chefin Esken spekuliert auf Ausnahme von Schuldenbremse
So bahnt sich ein Konflikt um die Schuldenbremse an. Lindner will zusätzliche Ausgaben verhindern, er sieht im Haushalt kaum weiteren Spielraum für zusätzliche Ausgaben und verweist dafür auf den von der Verfassung vorgegebenen Rahmen.
Das sieht aber beispielsweise SPD-Chefin Saskia Esken ganz anders. Sie spekuliert darauf, dass es wieder eine Ausnahme von der Schuldenbremse gibt. Denkt Scholz in diese Richtung? Das erklärt auch wieder keiner so richtig.
Die Schuldenbremse steht seit 2011 im Grundgesetz. Sie fordert, dass die Etats von Bund und Ländern ohne Einnahmen aus Krediten auskommen. Für den Bund ist die Nettokreditaufnahme auf 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts begrenzt. In „außergewöhnlichen Notsituationen“ kann die Schuldenbremse vom Bundestag allerdings ausgesetzt werden, wie in den zwei Corona-Jahren.
Diskussionen darüber werden nun nicht zu vermeiden sein. Denn teure Entlastungen – etwa durch eine größere Zahl von Wohngeldberechtigten – werden zwangsläufig. Sonst explodiert der Unmut, vorzugsweise bei Wahlen.
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