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Vorwurf der Falschaussage: Anklage gegen Ex-Verkehrsminister Scheuer im Maut-Debakel – CSU verteidigt ihn
Die Staatsanwaltschaft wirft Andreas Scheuer vor, im Untersuchungsausschuss zur Pkw-Maut uneidlich falsch ausgesagt zu haben. Auch Ex-Staatssekretär Gerhard Schulz ist angeklagt. Beide bestreiten die Vorwürfe.
Stand:
CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann kritisiert die Anklage gegen den früheren Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU).
Der Chef der CSU-Bundestagsabgeordneten sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft ist nicht nachvollziehbar. Die Vorwürfe, um die es geht, wurden bereits in einem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags umfassend geprüft, und es wurde keine Falschaussage des damaligen Bundesverkehrsministers und seines Staatssekretärs festgestellt. Ich gehe davon aus, dass dieses Verfahren zum gleichen Ergebnis kommen wird.“
Die Berliner Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den ehemaligen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer wegen des Vorwurfs einer uneidlichen Falschaussage vor dem Maut-Untersuchungsausschuss des Bundestags erhoben. Mit angeklagt ist der ehemalige Staatssekretär Gerhard Schulz, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft der Deutschen Presse-Agentur sagte.
Zuvor hatte die „Bild“ berichtet. Wegen der besonderen Bedeutung des Falles wird Scheuer nach Angaben der Staatsanwaltschaft vor dem Landgericht angeklagt.
Scheuer weist Vorwürfe zurück
Der ehemalige CSU-Politiker hatte den seit 2022 juristisch verfolgten Vorwurf damals bestritten. Der „Bild“-Zeitung sagte er jetzt: „Die Entscheidung, nun Anklage zu erheben, ist für mich nicht nachvollziehbar und macht mich betroffen. Die Motive und der Zeitpunkt für die Anklage sind mir unverständlich und erscheinen mehr politisch motiviert. Nach einer so langen Zeit der Untersuchung nutzt der Staatsanwalt genau das sogenannte mediale ‚Sommerloch‘ für die Anklageerhebung.“ Für eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur war Scheuer zunächst nicht zu erreichen.

© AFP I Rita Boettcher
Sein Anwalt Daniel Krause erklärt, Scheuer habe eine „wahrheitsgemäße Aussage“ über seine tatsächlich nicht vorhandene Erinnerung gemacht. „Wer keine Erinnerung an einen Vorgang hat, muss und kann sich nur so äußern. Jede andere Äußerung wäre unrichtig.“ Dass jemand wegen eines einzigen Satzes – „Daran habe ich keine Erinnerung“ – angeklagt wird, ist nach Angaben des Anwaltes in Deutschland ein einmaliger Vorgang.
Die Beweislage ist aus Sicht des Rechtsanwalts dünn. Die Vorwürfe stützten sich nur auf die Aussagen von zwei Vertretern der Maut-Betreiberfirmen sowie eine weitere Zeugenaussage vom Hörensagen, so seine Darstellung.
Ermittlungsverfahren 2022 eingeleitet
Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte im Mai 2022 wegen des Verdachts einer Falschaussage im Untersuchungsausschuss des Bundestags ein Ermittlungsverfahren gegen Scheuer sowie den früheren Verkehrsstaatssekretär Schulz eingeleitet. Es bestehe der Anfangsverdacht, dass Scheuer und Schulz bei einer Zeugenaussage „bewusst wahrheitswidrig“ ausgesagt hätten, hieß es damals.
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Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich falsch aussagt, wird laut Strafgesetzbuch mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Pkw-Maut war Prestigeprojekt der CSU
Konkret ging es darum, dass Scheuer im Oktober 2020 vor dem Untersuchungsausschuss gesagt hatte, nach seiner Erinnerung habe es kein Angebot des designierten Mautbetreiberkonsortiums gegeben, den Vertragsabschluss zur Pkw-Maut auf einen Zeitpunkt nach dem zu erwartenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu verschieben. Manager der eigentlich vorgesehenen Maut-Betreiberfirmen hatten im Ausschuss von einem solchen Angebot an Scheuer berichtet, dieser habe dies abgelehnt.
Die Pkw-Maut – ein Prestigeprojekt der CSU in der damaligen schwarz-roten Bundesregierung – war im Juni 2019 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) als rechtswidrig gestoppt worden. Ein Untersuchungsausschuss hatte sich danach mit möglichen Fehlern Scheuers befasst. Die Opposition hatte Scheuer schwere Fehler im Haushalts- und Vergaberecht zulasten der Steuerzahler vorgeworfen. Er habe Verträge zur Pkw-Maut abgeschlossen, noch bevor Rechtssicherheit beim EuGH bestand. Scheuer hatte die Vorwürfe stets bestritten.
Der deutsche Staat musste infolge des Maut-Debakels 243 Millionen Euro Schadenersatz an die einst vorgesehenen Betreiber zahlen. Das hatte eine Verständigung nach einem Schiedsverfahren ergeben.
Scheuer hatte im Mai 2022 gesagt, er habe vor dem Untersuchungsausschuss wahrheitsgemäß ausgesagt: „Ich gehe fest davon aus, dass auch eine Überprüfung zu keinem anderen Ergebnis kommen wird.“ Laut den damaligen Angaben der Staatsanwaltschaft lagen dem Ermittlungsverfahren mehrere Strafanzeigen von Privatpersonen zugrunde.
Scheuer hatte Ende März 2024 auf seine Mitgliedschaft im 20. Deutschen Bundestag verzichtet und war mit Ablauf des 1. April 2024 aus dem Parlament ausgeschieden. Er hat inzwischen eine Beratungsfirma gegründet. (dpa)
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