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Johannes Winkel, Bundesvorsitzender Jungen Union und Mitglied Junge Gruppe der CDU-CSU-Bundestagsfraktion, während seiner Rede am Eröffnungstag.

© imago/Chris Emil Janßen/IMAGO/Chris Emil Janssen

Im Schwitzkasten der Jungen Union: Schon am Freitagabend kündigt sich an, was Merz am Samstag erwartet

Am Samstagvormittag ist Kanzler Friedrich Merz im Europapark Rust beim Parteinachwuchs von CDU und CSU zu Gast. Der Termin kann unangenehm werden. Die JU verlangt klare Ansagen in der Rentenpolitik.

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Körperliche wie seelische Gewalt schließen sie aus bei der Jungen Union. „Es ist nicht das Ziel von irgendeinem hier, jemandem Verletzungen zuzufügen“, sagt der Bundesvorsitzende Johannes Winkel, auf die Härte der Auseinandersetzung angesprochen, die Friedrich Merz zu erwarten hat, wenn er an diesem Samstagvormittag beim eigenen Parteinachwuchs zu Gast ist.

„Was aber schon erlaubt sein muss“, ist Winkel zufolge eine harte inhaltliche Debatte darüber, was aus Sicht der Jungen Union (JU) in der Rentenpolitik von Merz’ schwarz-roter Regierung so gründlich schiefgelaufen ist. Es gehört zur Tradition bei den sogenannten Deutschlandtagen der JU, dass die Chefs der beiden Mutterparteien nicht nur Reden halten, sondern sich auch der Diskussion stellen.

Dabei dürfte es durchaus emotional zugehen. Viele Junge gingen im Winter für Merz auf die Straße und sind, wie eine der JU-Wahlkämpferinnen kürzlich sagte, „enttäuscht, ja fast schon wütend“. Winkel macht schon am Freitagabend klar, dass seine Organisation eine Gegenleistung erwartet, weil sie etwas geleistet hat: Ohne sie wäre Merz weder Parteichef noch Kanzlerkandidat geworden, meint er: „Ohne die JU hätte die CDU die Bundestagswahl nicht gewonnen“.

Schon zur Begrüßung kündigte Florian Hummer als gastgebender Landeschef aus Baden-Württemberg an, dass man bei diesem „Gipfel der Unverfrorenheit“ standhaft bleiben und „den Finger weiter in die Wunde“ legen werde.

Die Renten-Haltelinie ist der Knackpunkt

Diese Wunde ist der Kabinettsbeschluss zur sogenannten Haltelinie von Anfang August. Das Alterssicherungsniveau bis 2031 festzuschreiben, steht im Koalitionsvertrag. Das sei angesichts der demografischen Entwicklung und der riesigen Zuschüsse in die Rentenkasse aus Steuermitteln „schon schmerzhaft genug“, hieß es zum Auftakt des Parteitags am Freitagabend.

Dass Merz sowie die Minister und Ministerinnen der Union eine Regelung darüber hinaus mittrugen, die einen dreistelligen Milliardenbetrag kosten würde, wollen 18 junge Unionsabgeordnete im Bundestag nicht akzeptieren.

Wir gehen davon aus, dass der Kanzler sein Wort einhält, dass er hier eine Lösung findet.

Pascal Reddig (CDU), Vorsitzender der Jungen Gruppe

Ihr Chef, Winkels JU-Stellvertreter Pascal Reddig, bekräftigte erst am Freitag, dass sie das Gesetz aus dem Haus von SPD-Sozialministerin Bärbel Bas ohne Änderungen ablehnen würden – bei einer Koalitionsmehrheit von nur zwölf Stimmen eine wirksame Drohung.

Gegenüber dem Tagesspiegel gab er sich optimistisch, dass es gar nicht zum großen Knall mit Merz kommt: „Wir gehen davon aus, dass der Kanzler sein Wort einhält, dass er hier eine Lösung findet.“ Winkel sagte in seiner Rede, das Rentenpaket betreffend: „Das darf auf keinen Fall so kommen.“ Dafür bekam er den meisten Applaus.

Wo steht der Kanzler genau?

Das Problem der Jungen Union ist, dass auch sie nicht recht weiß, wo Merz in der Frage genau steht und wie sehr er in der Koalition auf Änderungen am Renten-Gesetzentwurf dringt. Der Kanzler hat in einer Regierungserklärung nicht nur „einen neuen Generationenvertrag“ angekündigt, sondern auch Verständnis für die Kritik der Jungen geäußert.

In Regierungskreisen heißt es, Merz verhandele mit der SPD in diese Richtung. Zugleich gab es zuletzt nicht dementierte Medienberichte, wonach der Kanzler sich in kleiner Runde über die Aufmüpfigkeit erregte und auf den ursprünglichen Gesetzentwurf verwies. Seine Ministerin Nina Warken wiederum berichtet am Freitagabend in Rust, ihr Chef stehe an der Seite der JU.

Johannes Winkel verlangt deshalb nicht nur eine klare und unmissverständliche „Positionierung“ vom Kanzler und Parteichef, sondern auch ein „Angebot“ an die Jungen, was den Renten-Gesetzentwurf anbelangt. Man erwarte „natürlich, dass sich daran Substanzielles ändert.“

Winkel beendet seine Rede am Freitag mit den Worten: „Friedrich Merz konnte sich immer auf die Junge Union verlassen. In dieser Frage verlässt sich die Junge Union auf Friedrich Merz.“

Junge Union erklärt sich zum Kanzlermacher

Vorher erklärte er, wenn eine SPD-Ministerin einen Gesetzentwurf vorlege, der 120 Milliarden Euro über den Koalitionsvertrag hinausgehe, müsse man die SPD daran erinnern, dass die CDU die Wahl gewonnen habe und den Kanzler stelle. „Die SPD bestimmt nicht die Richtlinien der Politik. Und das müssen wir einfordern.“

„Dieses Rentenpaket mit den Folgekosten von 120 Milliarden Euro über den Koalitionsvertrag hinaus, das darf auf keinen Fall so kommen“, sagte Winkel und erntete langanhaltenden Applaus der Delegierten. 

Winkel erinnerte den CDU-Chef auch daran, dass die Junge Union seit 2018 seine mehrfachen Versuche, Parteivorsitzender der CDU zu werden, unterstützt habe: „Ohne die Junge Union wäre Friedrich Merz nicht Parteivorsitzender und ohne Parteivorsitz ganz bestimmt nicht Kanzlerkandidat geworden.“

Die JU habe dann im Wahlkampf für Merz gekämpft. Die JU-Mitglieder hätten im Winter in jedem Bezirks- und Kreisverband „gefroren und gebrannt für Friedrich Merz und für den Politikwechsel“, sagte Winkel. „Insgesamt kann man sagen: Ohne die JU hätte die CDU diese Bundestagswahl nicht gewonnen.“

Nach solchen Ankündigungen könnte Merz im Freizeitpark eine ungemütliche Achterbahnfahrt bevorstehen. Einen kleinen Vorgeschmack darauf, mit welchem Sound er auf die Jungen zugehen will, lieferte das Parteitagsmagazin. „Mir ist bewusst, dass manche Entscheidung, die wir in den ersten Monaten dieser neuen Bundesregierung getroffen haben, auch in den Reihen der Jungen Union nicht nur Zustimmung erfahren hat“, heißt es in Merz’ schriftlichem Grußwort.

Der Kanzler verspricht aber in Richtung Generationengerechtigkeit auch mehr Reformmut: „Und es freut mich, Sie als Junge Union dabei an unserer Seite zu wissen.“

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