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Wegen Kleiner Anfrage zu NGOs: Mehr als 1700 Wissenschaftler kritisieren Union in offenem Brief
In 551 kritischen Fragen an die Bundesregierung will die Union die Finanzierung zahlreicher NGOs beleuchten. Gegen die Aktion regt sich Widerstand aus der Wissenschaft.
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In einem offenen Brief haben 1767 Wissenschaftler gegen eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Position bezogen. Die Anfrage umfasste 551 kritische Fragen an die Bundesregierung, die sich mit der Förderung verschiedener Nichtregierungsorganisationen beschäftigten. Zu den Organisationen gehören etwa „Campact“, „Omas gegen Rechts“, „Correctiv“ und die Amadeu Antonio Stiftung.
In dem Brief, über den der „Spiegel“ berichtet, äußern die Forscherinnen und Forscher „mit großer Besorgnis“, dass sie die Anfrage als problematisch wahrnehmen. „In Zeiten globaler Verwerfungen und verstärktem Misstrauen gegenüber der Demokratie, in denen die demokratische Zivilgesellschaft so wichtig wie nie ist, erkennen wir einen konfrontativen Unterton in der Kleinen Anfrage und deuten dies als ein alarmierendes Signal“, heißt es laut dem Magazin in dem Schreiben.
Unterzeichnet haben 752 Professorinnen und Professoren, darunter der Soziologe Klaus Dörre von der Friedrich-Schiller-Universität Jena sowie die bekannte Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann von der Universität Konstanz, die mit dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern ausgezeichnet wurde.
Insbesondere sei besorgniserregend, dass die Anfrage „das Narrativ eines ‚tiefen Staates‘ aufgreift“, wie es in dem Brief heißt. Die Unterzeichner kritisieren, dass der Eindruck erweckt werde, zivilgesellschaftliche Organisationen griffen unzulässig in politische Entscheidungsprozesse ein oder hätten eine fragwürdige oder gar schädliche Wirkung. Dabei, so der Brief, seien sie eine „tragende Säule demokratischer Willensbildung“.
Auch der juristischen Argumentation der Unionsfraktion widersprechen die Unterzeichner. Die Auffassung, dass staatlich geförderte Organisationen zur politischen Neutralität verpflichtet seien, sei „verfassungsrechtlich nicht haltbar“, betonen sie. Die Neutralitätspflicht des Staates beziehe sich auf staatliches Handeln und gelte nicht für unabhängige zivilgesellschaftliche Akteure.
Die Wissenschaftler fordern die Unionsfraktion dazu auf, die Einführung eines Demokratiefördergesetzes zu unterstützen. Sie erinnern an den Untersuchungsausschuss zu den rassistischen NSU-Morden, der dies bereits 2013 angeregt hatte – damals noch mit Zustimmung der Union. „Der Erosion demokratischer Kultur und dem Erstarken von Populismus und Rechtsextremismus kann nicht gegeneinander, sondern nur gemeinsam entgegengewirkt werden“, heißt es in ihrem Schreiben.
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