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Politik: Weniger soll mehr sein

Finanzminister Steinbrück verteidigt die Steuersenkungen für Unternehmen – sie werden sich auszahlen

Von Antje Sirleschtov

Stand:

Berlin - Trotz heftiger Kritik der Opposition und auch aus Teilen der Koalition will Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) die Steuern für Unternehmen ab 2008 senken und ein Jahr später eine 25-prozentige Abgeltungsteuer für Kapitalerträge einführen. Die Steuerreform wird den Staat im Schnitt fünf Milliarden Euro im Jahr kosten, in den Anfangsjahren sogar noch mehr. Dennoch appellierte Steinbrück am Freitag an den Bundestag, dem Vorhaben zuzustimmen. „Wenn wir nichts tun, werden wir noch mehr Steuereinnahmen verlieren“, sagte Steinbrück insbesondere an die Kritiker in den eigenen Reihen.

Zur Begründung verwies der Minister auf Untersuchungen von Wissenschaftlern, dass deutsche Konzerne im Schnitt pro Jahr zwischen 30 und 100 Milliarden Euro Gewinn in Deutschland machen, der auf legale Weise ins Ausland transferiert und dort zu günstigen Konditionen versteuert wird. „Diesen Trend müssen wir stoppen“, sagte Steinbrück. Die Steuerreform, die er gemeinsam mit dem hessischen CDU-Ministerpräsidenten konzipiert habe, werde diese Gewinn-Verschiebebahnhöfe eindämmen. „Mit dieser Reform stärken wir die Wachstumsbasis in Deutschland und erreichen, dass Unternehmensgewinne, die hier gemacht werden, auch wieder stärker hier versteuert werden.“

Die Regierung will die Reform noch vor der Sommerpause durch Bundestag und Bundesrat bringen. Die Opposition kritisiert, dass das Gesetz bereits am 25. Mai verabschiedet werden soll. Sie sieht in dem engen Zeitplan ein Zeichen dafür, dass Steinbrück das Gesetz ohne weitere Diskussion in der eigenen Partei durchwinken will.

Der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Otto Bernhardt, unterstrich mit Blick auf Debatten in der SPD: „Wir werden uns nur bewegen in einem Rahmen, der die fünf Milliarden sicherstellt.“ Allerdings sprach auch er von mindestens sechs Bereichen mit Diskussionsbedarf. Dabei gehe es zum Beispiel um die zusätzlichen Bürokratielasten, speziell in Verbindung mit der Besteuerung geringwertiger Wirtschaftsgüter, sowie um die Themen Funktionsverlagerung, Mantelverkauf, Freibeträge für die steuerbegünstigte Thesaurierung und Zinsschranke. Auch über die Folgen der geplanten Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge für die private Altersvorsorge sollte man noch einmal sprechen.

Der FDP-Finanzpolitiker Hermann Otto Solms rechnet mit einem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgerichts gegen die Reform. Das Vorhaben sei verfassungsrechtlich äußerst bedenklich. Zudem profitieren vor allem die starken Firmen. Wie seine Grünen-Kollegin Christine Scheel bemängelte Solms zudem, die Koalition habe ein Sammelsurium von nicht aufeinander abgestimmten Einzelmaßnahmen vorgelegt. „Die Reform braucht eine wirksame und unbürokratische Mittelstandskomponente“, forderte Scheel. Redner der Linkspartei bezweifelten die von Steinbrück genannten Zahlen und nannten die Reform sozial ungerecht.

Der bayerische Gewerkschaftschef Fritz Schösser warf der SPD einen „wirtschaftsliberalen Kurs“ vor. Dieser stehe dem Willen der Mehrheit der Bevölkerung „diametral“ entgegen. Die Sozialpolitik der Bundesregierung sei auf dem Weg vom Sozialstaat in den Bedürftigkeitsstaat.

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