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Ein Windrad im Wald Peterberg bei Vossenack in NRW.

© dpa/Oliver Berg

Zwiespältige Windkraft: Wenn saubere Energie den Wald zerstört

Schwarz-Grün in Baden-Württemberg baut auf sie, Brandenburg sowieso: Windräder im Wald. Dabei ließen sich auch viele Argumente dagegen finden. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Werner van Bebber

Mystisch wirkt das Foto auf dem neuen grün-schwarzen Koalitionsvertrag für Baden-Württemberg: In einem Wald schimmert der Morgennebel. Auf dem Boden ein Farn, ein Schössling reckt sich dem Himmel entgegen, vorbei an den Zweigen eines Nadelgehölzes. Gleich könnten die Gebrüder Grimm ins Bild treten. Doch in Wälder wie diese stellen sie in Baden-Württemberg Windenergie-Anlagen.

Es sollen noch viel mehr werden. „Vereinfachung“ und „Beschleunigung“: die beiden Begriffe zeigen, wie sich Grüne und CDU die Energiewende vorstellen. Einfachere Genehmigungsverfahren für die „Bereiche Windenergie und Artenschutz“ seien geplant, steht auf Seite 27 nach dem Waldfoto.

In der CDU haben sie früher mit dem Spruch für ein unionseigenes Umweltschutzgefühl geworben, man wolle „die Schöpfung bewahren“. Zur grünen Entwicklungsgeschichte gehört ein eher apokalyptisch verhülltes Naturdenken – von der „Zerstörung der Lebensgrundlagen“ war in der Präambel des ersten grünen Programms 1980 die Rede.

Beim Umgang mit der Windenergie zeigt sich, wie solche Bekenntnisse heute zu verstehen sind, in Baden-Württemberg und im Windenergieland Brandenburg. Muss saubere Energie mit der Zerstörung von (Kultur-)Landschaften einhergehen?

Die Monteure kommen wohl kaum mit dem E-Bike

Die Energiewende ist zwiespältig: Auch viele Befürworter der Windräder hadern damit, dass die Rotoren ganze Landstriche dominieren. In Baden-Württemberg wurde trotzdem 2016 beschlossen, sie auch im „Staatswald“ aufzustellen. Einer Mitteilung der Regierung zufolge sind es inzwischen 77 Anlagen. Den Staatswald kann man sich etwas anders vorstellen als auf dem erwähnten Waldmystik-Foto.

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Windrotoren brauchen Wartung, die Monteure kommen wohl kaum mit dem E-Bike. Und Ersatzteile werden nicht mit dem Lastenrad, sondern mit dem Lastkraftwagen geliefert. Umstritten ist die Windenergie wegen ihrer Auswirkungen auf das, was hierzulande noch Natur ist. Menschen – das gehört zu den wenigen Argumenten für Rotoren mitten im Wald – können durch die Anlagen nicht gesundheitlich beeinträchtigt werden. Aber den Artenschutz wird man wohl etwas anpassen müssen.

Allenfalls die Waldameisen werden mit den Staatswald-Rotoren nicht hadern. Alles, was fliegt, hingegen schon.

327 Windräder stehen in den Wäldern Brandenburgs

Auch in Brandenburg dürfen weiterhin Windräder in den Wäldern errichtet werden. 3833 Anlagen zählte das Land im Jahr 2020, in den Wäldern standen 327 Windräder. Damit steht Brandenburg der Internetseite „Windmonitor“ zufolge auf Platz zwei hinter Niedersachsen.

Ein Antrag der Freien Wähler Brandenburg auf ein Verbot der Rotoren in den Wäldern ist Ende Januar gescheitert. Dabei hatten die Gegner der Anlagen mit Verweis auf die Waldbrände der vergangenen Jahre ein weiteres Argument gegen die mit reichlich Öl geschmierten Propeller im Wald angeführt.

Was ist eigentlich mit Windparks vor den Küsten?

Trotz aller Bemühungen um die Energiewende geht die Aufstellung neuer Rotoren nicht so schnell, wie es fast alle Politiker von den Grünen bis zur Union gern hätten. Da liegt die Frage nahe, warum es keine länder-übergreifende Aktion für Offshore-Windanlagen gibt. Windparks vor den Küsten sind zwar viel aufwendiger als Anlagen auf dem Land, Gegnerschaft der Umwelt- und Tierschützer ist auch zu erwarten.

Dazu kommt das Transportproblem mit der Energie. Klar ist aber auch, dass die Rotoren vor der Küste doppelt so viel Energie liefern wie die auf dem Land. Das macht Offshore-Windparks halb so unerträglich. Zumal man auf gnädige Nebel hoffen kann.

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