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Politik: Wie teuer ist Hartz IV tatsächlich?

Berlin - Dem Vernehmen nach haben sie im Haushaltsausschuss einmal richtig gelacht: Als Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) versicherte, dass der Ansatz für die Hartz-IV-Ausgaben natürlich realistisch sei – und es dann bei der Frage nach den Fehleinschätzungen der vergangenen Jah re ein wenig peinlich wurde. Tatsächlich lagen die Ausgaben für das Arbeitslosengeld II im Jahr 2006 um zwei Milliarden über dem Haushaltsansatz.

Berlin - Dem Vernehmen nach haben sie im Haushaltsausschuss einmal richtig gelacht: Als Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) versicherte, dass der Ansatz für die Hartz-IV-Ausgaben natürlich realistisch sei – und es dann bei der Frage nach den Fehleinschätzungen der vergangenen Jah re ein wenig peinlich wurde. Tatsächlich lagen die Ausgaben für das Arbeitslosengeld II im Jahr 2006 um zwei Milliarden über dem Haushaltsansatz. 2007 hatte sie das Ministerium um 1,25 Milliarden unterschätzt. Und selbst im Aufschwungjahr 2008 erwies sich seine Hartz-IV- Prognose als viel zu optimistisch. Obwohl die Arbeitslosenzahl erstmals seit 16 Jahren unter drei Millionen sank, feh len im aktuellen Etat für Langzeitarbeitslose wieder 800 bis 900 Millionen Euro.

Wenn man für Hartz IV schon in Zeiten eines brum menden Arbeitsmarktes mindestens 21,7 Milliarden benötige, fragt der Chef des Haushaltsausschusses, Otto Fricke (FDP), wie wolle man dann bei dem prognostizierten Abschwung im nächsten Jahr mit 1,45 Milliarden weniger auskommen? Die 20,25 Milliarden seien realistisch, habe Scholz den Haushältern „mit seinen treuen Augen“ versichert, berichtete der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Steffen Kam peter. Nun obliege es Scholz, durch effektivere Vermittlung der Arbeitslosen Geld zu sparen. Wenn für Arbeitslosengeld II mehr ausgegeben werden müs se, sei das bisher stets durch geringere Ausgaben für Arbeitsmarktpolitik gegenfinanziert worden.

Ein ehrlicher Ansatz hätte bei 22 Milliarden liegen müssen, sagte Fricke dem Tagesspiegel. Schließlich gehe auch die Regierung nicht von einem Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit aus. Zudem soll die Rente im Juli 2009 um 2,75 Prozent steigen – mit entsprechenden Auswirkungen auf den Hartz-IV-Regelsatz. Wieder einmal gehe die Koalition bewusst das Risiko einer hohen Deckungslücke ein. Dahinter stecke die Gewissheit, dass man das Geld schon noch nachträglich bekomme, wie die Überlegung, „dass der Haushalt ja nur bis zum Wahltermin im September halten muss“, mutmaßt Fricke. „So darf und kann man aber keine Wahlen gewinnen.“

Von „Buchungstricks“ sprach auch Grünen-Haushälter Alexander Bonde: „Die Koalition tut so, als könn te man den Arbeitsmarkt von der wirtschaftlichen Entwicklung abkoppeln.“ Das Risiko für den Haushalt 2009 bei den Ausgaben für Arbeitslosengeld II und Unterkunfts kosten bezifferte Bonde auf insgesamt 3,5 Milliarden Euro.Rainer Woratschka

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