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Militärangehörige besichtigen ausgebrannte Waggons im von prorussischen Truppen besetzen Teil von Donezk.

© RIA Novosti / Sputnik / Donetsk Peoples Republic

Ukraine-Invasion Tag 160: Wo Russland mit letzter Kraft Geländegewinne erzielt

Melnyk bietet Scholz Entschuldigung an, der Kreml wirft USA Kriegsbeteiligung vor und ein AKW als Militärbasis. Der Überblick am Abend.

An den allermeisten Stellen der Front in der Ukraine gibt es kaum noch Bewegung. Winzige Fortschritte machen die russischen Truppen noch südlich der in der Region Donezk gelegenen Stadt Bachmut. Der ukrainische Generalstab meldete in der Nacht auch Vorstöße gegen das etwas nördlich gelegene Soledar. Vier Dörfer sollen die russischen Truppen erobert haben, zahlreiche Angriffe wurden aber auch abgewehrt. 

Dass die russischen Offensiven sich in den kommenden Tagen und Wochen nocheinmal verstärken, ist eher unwahrscheinlich. Laut Informationen des britischen Verteidigungsministeriums hat Moskau tausende Truppen aus dem Norden des Donbas an die Front im Süden der Ukraine verlegt. 

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Die Hinweise, dass die Ukrainer dort bald zuschlagen könnten, verdichten sich derweil. Flugblätter der ukrainischen Regierung in Cherson informieren die Bürger, wie sie sich mit Vorräten für die Zeit der Kämpfe eindecken. Auch die Zahl der Flüchtenden aus der Provinzhauptstadt scheint sich zu erhöhen. Videos in den sozialen Netzwerken zeigen lange Autoschlangen auf den Straßen, die aus der Stadt herausführen. Dabei wurde mindestens auch ein Auto von russischen Truppen beschossen, zwei Menschen starben.

Die entscheidenden Fragen in den nächsten Tagen und Wochen: Wann genau starten die ukrainischen Truppen die Offensive? Oder wählen sie stattdessen ein langsames Vorgehen mit schrittweisen Gebietseroberungen, wie sie es derzeit schon tun? Und wo wird der Schwerpunkt liegen? In Kherson, also auf der westlichen Seite des Flusses Dnepr (damit rechnen die meisten Beobachter) - oder ist sogar ein noch ambitioniertes Vorhaben geplant? Nämlich eine große Offensive auch von Saporischschja in Richtung der Krim. Dann könnte das Ziel sein, die gesamte Südukraine in einem Zug zurückzuerobern.

DIE WICHTIGSTEN NACHRICHTEN DES TAGES IM ÜBERBLICK

  • Türkei rechnet mit deutlicher Verspätung der „Razoni“: Eigentlich wurde das Schiff mit ukrainischem Mais am Dienstagnachmittag in Istanbul erwartet. Vor der Weiterfahrt in den Libanon muss es dort kontrolliert werden. Mehr hier.
  • Die russische Armee missbraucht das Atomkraftwerk in Saporischschja als Schutzschild und Militärbasis. Das dürfte die Gegenoffensive der Ukraine auf Cherson zunehmend lähmen. Mehr hier.
  • Kurz vor seinem Abschied aus Deutschland hat der bisherige ukrainische Botschafter Andrij Melnyk Bundeskanzler Scholz (SPD) eine Entschuldigung für Schmäh-Äußerungen angeboten. Er habe im Kanzleramt um ein Gespräch mit Scholz wegen seines baldigen Abschieds aus Deutschland gebeten, sagte Melnyk am Dienstag bei Bild TV. "Wenn der Kanzler mich empfangen würde vor dem Abschied, dann würde ich mich bei ihm entschuldigen." Mehr in unserem Newsblog. 
  • Russland wirft den USA eine direkte Verwicklung in den Konflikt in der Ukraine vor. US-Spione würden ukrainische Raketenangriffe auf russische Streitkräfte genehmigen und koordinieren, wie das Verteidigungsministerium in Moskau am Dienstag mitteilte. Der stellvertretende Leiter des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Wadim Skibizki, habe gegenüber der Zeitung "Telegraph" zugegeben, dass die US-Seite die Raketenangriffe koordiniere. 
  • Der russische Präsident Wladimir Putin wird bei seinem Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am Freitag auch das Abkommen mit der Ukraine über Getreide-Exporte thematisieren. Es werde darum gehen, wie effektiv die Vereinbarung sei, sagt der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow vor der Presse. 
  • Der Oberste Gerichtshof Russlands hat das ukrainische Asow-Regiment als „terroristische Organisation“ eingestuft. Die paramilitärischen Asow-Einheiten würden als „terroristische Organisation“ eingestuft und deren Aktivitäten in Russland verboten, sagte eine Richterin des Gerichtshofs der russischen Nachrichtenagentur Tass am Dienstag. Die Asow-Kämpfer können nun härter bestraft werden. 
  • Russland hat laut Verteidigungsminister Sergej Schoigu in der Ukraine inzwischen insgesamt sechs von den USA gelieferte Himars-Raketenwerfer zerstört. Zudem seien fünf Anti-Schiff-Raketensysteme vom Typ Harpoon und 33 M777-Haubitzen zerstört worden, zitiert die russische Nachrichtenagentur Interfax den Minister. Russland hatte zuletzt vermehrt die Zerstörung von westlichen Waffen gemeldet. Bestätigt wurde das nie. 
  • Die russische Schwarzmeerflotte ist nach Ansicht Großbritanniens in einer schwachen Position. Der gemeldete ukrainische Angriff auf das Hauptquartier in Sewastopol auf der annektierten ukrainischen Halbinsel Krim sei „der jüngste Rückschlag“ für die Flotte, teilte das Verteidigungsministerium in London mit und erinnerte an den Verlust des Flaggschiffs „Moskwa“ im April.
  • Bundesagrarminister Cem Özdemir hat die Notwendigkeit für den Ausbau alternativer Transportwege für Getreide aus der Ukraine betont. „Es geht um permanente Alternativen, nicht um temporäre“, sagte der Grünen-Politiker der „Rheinischen Post“. „Ich will die EU-Kommission dafür gewinnen, den Ausbau alternativer Exportrouten zu forcieren.“ Die Ukraine dürfe in der Frage nicht weiter auf Russland angewiesen sein.
  • Wagenknecht verurteilt „wahnsinnigen Krieg gegen Russland“: Abermals relativiert Wagenknecht den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Andere Politiker kritisieren ihren jüngsten Tweet harsch. Mehr hier.HINTERGRUND UND ANALYSE1. Russlands neue Marine-Doktrin: Nun droht die Militarisierung der Arktis2. Gas- und Stromkosten minimieren: Warum die Grundversorgung jetzt die beste Wahl sein könnte

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